Schwarzmarkt-Tickets Die Suche nach dem Hintermann bei der Fifa

Rio de Janeiro · Die Festnahme einer organisierten Bande, die WM-Tickets illegal verkaufte, hat die Fifa-Familie aufgeschreckt. Fußballgrößen finden ihre Namen plötzlich in einem Kriminalfall wieder. Gejagt wird jetzt der große Rädelsführer.

WM 2014: Die Stadien in Brasilien
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Foto: afp, GUALTER NAVES

Eine spektakuläre Operation "Jules Rimet", unbequeme Fragen an Fußball-Größen, und ein geheimnisvoller Mister X: Die Fifa ist in einen Ticket-Skandal noch unbekannten Ausmaßes verstrickt. Polizeichef Fabio Barucke hielt sich mit Details noch zurück, doch was er preisgab, genügte, um am Rande der Fußball-WM in Brasilien ein Erdbeben auszulösen. Vom Kopf der Bande habe man die Stimme, sagte er. Er sei männlich und gehöre der Delegation der Fifa an.

Operation "Jules Rimet"

Die von Barucke geleitete Operation "Jules Rimet" ist auf der Jagd nach dem Hintermann, der der Ticketmafia illegal verkaufte WM-Karten in die Hände spielte. Und das im WM-Hauptquartier des Fußball-Weltverbandes.

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Mit der Verhaftung von Mohamadou Lamine Fofana, der mit Geschäften und Freundschaftsdiensten Kontakte zur elitären Fußball-Gesellschaft pflegte, war einer der größten Schwarzmarkt-Händlerringe aufgeflogen. Das Syndikat war schon bei anderen WM-Turnieren in Erscheinung getreten. Bei der Razzia am vergangenen Dienstag nahm die Polizei in Rio de Janeiro und Sao Paulo zehn weitere Personen fest.

"Fofana ist einer der Köpfe der Bande. Er mag ja ein dicker Fisch sein, aber er ist keine Languste. Es gibt noch größere als ihn", sagte der die Operation begleitende Staatsanwalt Marcos Kac. Von den rund 50.000 abgehörten Telefonaten seien erst gut die Hälfte ausgewertet. Allein in Brasilien habe die Bande 30 Mitglieder, weltweit noch mehr. Weitere Festnahmen stehen kurz bevor.

Doch die Ermittlung konzentriert sich vor allem auf das "faule Obst" bei der Fifa. "Wir haben konkrete Anzeichen, dass mindestens eine Person Eintrittskarten an Fofana weitergegeben hat. Diese Information werden wir jetzt der Fifa zukommen lassen, die versprochen hat, uns bei der Identifizierung der Person zu helfen", sagte Barucke. Er fügte hinzu, dass es sich um ein Fifa-Mitglied handele, das sich nur für die WM in Brasilien aufhalte.

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Foto: AFP

Laut der Tageszeitung Estadao habe Fofana am Swimmingpool des mondänen Copacabana Palace, Stammquartier der Fifa in Rio, die Aushändigung der Tickets aus Frei-Kontigenten des Weltverbandes für VIPs, Sponsoren und WM-Teams höchstpersönlich ausgehandelt und die noch original verpackten Pakete in einem abgeschirmten Hotel-Saal entgegengenommen.

Brasilianische Fußballgrößen als Zeugen geladen

Um mehr Licht ins Dunkel zu bringen, müssen sich nun selbst brasilianische Fußballgrößen unangenehme Fragen stellen lassen. Stars wie die Ex-Weltmeister Dunga, Jairzinho und Carlos Alberto Torres, die am 17. Juni Gäste auf einer Privatparty Fofanas waren. Auch der frühere Bremer Bundesliga-Profi Junior Baiano, der dem Franko-Algerier Fofana ein Apartment vermietet hat, soll in den nächsten Tagen als Zeuge geladen werden.

Der Vater von Superstar Neymar und Roberto Assis, Bruder von Ex-Weltfußballer Ronaldinho, stehen nach dem Abhören von Telefonaten ebenfalls auf der Polizeiliste der Personen, die zur Aufklärung des Falls beitragen sollen. Eine Liste, die täglich länger wird.

Einen entscheidenden Hinweis erhofft sich die Ermittlungs-Kommission von Jose Massih, Anwalt und Ex-Berater des ehemaligen Nationalspielers Elano: Er versprach bei seiner Festnahme am Dienstag in Sao Paulo, den Namen des Hintermannes bei der Fifa zu nennen. Massih wurde inzwischen zum Verhör nach Rio transportiert.

Bezeichnenderweise wurde der Weltverband nicht direkt in die Operation "Jules Rimet" involviert. Laut Estadao rief Generalsekretär Jerome Valcke zu einer Krisensitzung in der Nacht zum Mittwoch. Die Fifa war schon bei den vergangenen Endrunden wegen seiner Zusammenarbeit mit der umstrittenen Ticket-Agentur der mexikanischen Brüder Byrom in Bedrängnis geraten.

Fifa wartet auf detaillierte Informationen

"Im Zusammenhang mit der Operation Jules Rimet wartet die Fifa auf detaillierte Informationen der lokalen Autoritäten, um die sichergestellten Tickets zu analysieren und ihre Herkunft zu identifizieren, damit wir in Zusammenarbeit mit den Behörden entsprechende Maßnahmen ergreifen können", verkündete Fifa-Marketing-Direktor Thierry Weil.

Die Zivilpolizei und die brasilianische Justiz ermitteln im Verfahren um Schwarzmarkt-Tickets auch gegen Mitglieder der Verbände Brasiliens, Argentiniens und Spaniens. Das bestätigte Staatsanwalt Marcos Kac der Nachrichtenagentur afp am Mittwoch. Der Fisch stinkt vom Kopf her. Fehlt nur noch das Gesicht zur Stimme.

(sid)
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