Fußball-WM in Katar Fan aus Münster wegen Regenbogenbinde festgesetzt

Doha · Fußballfan Bengt Kunkel wollte nur ein Spiel der Weltmeisterschaft im Stadion verfolgen. Wegen einer regenbogenfarbenen Kapitänsbinde wurde er von der Polizei in den Katakomben geführt. Wie es ihm danach ergangen ist, erzählt er in seinem Podcast „Die 15:30 Philosophie“.

 Bengt Kunkel mit seinem Regenbogen-Schweißband im Gespräch mit Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bei einem Pressetermin vor der mobilen Fan-Botschaft des DFB in Doha.

Bengt Kunkel mit seinem Regenbogen-Schweißband im Gespräch mit Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bei einem Pressetermin vor der mobilen Fan-Botschaft des DFB in Doha.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Zugetragen hat sich der Vorfall bereits am Montag beim Spiel zwischen dem Senegal und den Niederlanden (0:2) bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Der Fußball-Fan aus Münster, der an der Sporthochschule in Köln studiert, wollte eigentlich ein Zeichen gegen Homophobie setzen. Bengt Kunkel sitzt mit regenbogenfarbener Kapitänsbinde und Schweißband auf der Tribüne, bis er von der katarischen Polizei mitten im Spiel aufgefordert wird, mitzukommen. Einen Tag später bekommt der 23-Jährige eine Interviewanfrage nach der anderen. Selbst mit Innenministerin Nancy Faeser und DFB-Präsident Bernd Neuendorf darf er ein paar Worte wechseln.

Am Donnerstagmorgen ordnet Kunkel in seinem Podcast „Die 15:30 Philosophie“ die Ereignisse der letzten Tage gemeinsam mit seinem Dozenten und Medienwissenschaftler Christoph Bertling von der Sporthochschule Köln ein. Er positioniere sich mit der Regenbogenbinde in Katar, weil sich Manuel Neuer dagegen entschieden habe und er sich dann gesagt habe: „Gut, dann trage ich eben die Binde“, so Kunkel.

Bei den Einlasskontrollen zum WM-Spiel Senegal gegen Niederlande lief zuerst alles nach Vorschrift. Kunkel spricht sogar von einer vorbildlichen Durchführung seitens der Kataris. Im Laufe der Kontrolle jedoch seien fünf bis sechs Sicherheitskräfte dazugekommen und hätten sich die Regenbogenbinde angeschaut „als wäre es der neue Staatsfeind Nummer eins“, so Kunkel. Nach langer Diskussion sei dann aber festgestellt worden, dass er die Binde und das Schweißband doch mit ins Stadion nehmen dürfe.

Am Platz angekommen, habe Kunkel bis zur Mitte der zweiten Halbzeit das Weltmeisterschaftsspiel in Ruhe verfolgen können. Bis plötzlich drei Polizisten zu seinem Platz gekommen seien und ihn aufgefordert hätten, seinen Platz zu verlassen. Kunkel betont, dass die Polizisten am Platz sehr respektvoll gewesen seien und ihn freundlich behandelt hätten.

Kunkel sei daraufhin vom Innenraum des Stadiums in die Katakomben geführt worden. Dort sei er von zehn bis 15 Polizisten eingekreist worden, die ihn „mehr oder minder freundlich“ aufgefordert hätten, die Binde abzulegen. Nach dem Spiel sei ihm dann mitgeteilt worden, dass seine Regenbogen-Binde in den Müll geworfen worden sei, aber dass es ihm freistehe, in jedem Mülleimer des Stadions danach zu suchen.

Die Geschichte ging durch die Medien, Kunkel gab viele Interviews. Am Tag nach dem Vorfall traf er sogar auf Innenministerin Nancy Faeser. Er sagt im Podcast, er habe sie gefragt, ob so die ausgestellte „Sicherheitsgarantie“ für deutsche Fußballfans in Katar aussehen soll. Faeser habe sich bei Kunkel für das Vorgehen der katarischen Polizei entschuldigt und versprochen, den Fall an ihre katarischen Kontakte weiterzugeben. Kunkel habe gefragt, ob er weitere Spiele der WM in Regenbogen-Farben verfolgen könne. Garantieren können Sie ihm das nicht, habe Faeser gesagt. Die Innenministerin saß am Mittwoch selbst bei dem Spiel der deutschen Mannschaft mit „One-Love“-Binde auf der Tribüne.

Vom Deutschen Fußball Bund (DFB) und der Nationalelf sei Kunkel allerdings enttäuscht, sagt er. „Man fühlt sich von der Mannschaft allein gelassen. Man selbst gibt alles im Stadion, aber die Mannschaft macht einen Rückzieher“, sagt er im Podcast. DFB-Präsident Bernd Neuendorf habe ihm im direkten Gespräch versichert, dass der DFB voll und ganz hinter der LGBTQ+-Szene stehe. Kunkel habe aber das Gefühl, dass die Fans die Risiken eingehen sollen, für die der DFB Strafen kassieren würde.

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