Die Folgen einer Winter-WM in Katar Public Viewing im Wintermantel mit Glühwein

München · Für eine Winter-WM 2022 müsste weltweit der Spielkalender angepasst werden. Außerdem würde das Ereignis möglicherweise auch mit Winter-Olympia kollidieren.

Vergabe der Fußball-WM 2018 und 2022
22 Bilder

Vergabe der Fußball-WM 2018 und 2022

22 Bilder
Foto: AP

Meisterfeier bei Glühwein, die WM-Vorbereitung unter dem Weihnachtsbaum - und Public Viewing im Pelzmantel: Die geplante Verlegung der Weltmeisterschaft 2022 in den Winter hätte massive Folgen, der Fußball in Deutschland stünde sogar vor einer Revolution. Der Spielkalender würde aller Voraussicht nach erstmals an das Jahr angepasst, wie es in vielen Ländern bereits üblich ist.

Die Bundesliga würde demnach 2021 von Februar bis November spielen. Die Entscheidung um den Titel fände entsprechend bei Minusgraden in der Vorweihnachtszeit statt. Im Dezember nähme die deutsche Nationalmannschaft die Vorbereitung auf das WM-Turnier in Katar auf - vielleicht kurz unterbrochen von einem Heimatbesuch, um mit der Familie die Weihnachtsgans zu genießen und Silvester zu feiern. Und bei der WM selbst würden die Menschen dick vermummt am Brandenburger Tor bei frostigen Temperaturen und Schneefall über Mario Götze, Julian Draxler und Co. jubeln.

Dass eine Fußball-WM im Januar auch die traditionellen Winter- und einige Hallensportarten erheblich beeinträchtigen würde, käme noch erschwerend hinzu. Sogar eine Kollision mit Winter-Olympia 2022, um das sich wahrscheinlich auch wieder München bewerben wird, ist zu befürchten. Das WM-Finale am Tag der Olympia-Eröffnung?

Niersbach hat Bedenken

Entsprechend meldete DFB-Präsident Wolfgang Niersbach leichte Bedenken an. "Wir durchbrechen einen seit Jahren, seit Jahrzehnten bewährten Rhythmus, auch von Europa- und Weltmeisterschaften. Das wird einige Arbeit sein, wenn die Fifa-Exekutive die Entscheidung auch formell so getroffen hat. Dann muss jede einzelne Liga entsprechend reagieren", sagte Niersbach. Man müsste die Meisterschaft "dann dazwischenpacken".

Ein Szenario, mit dem Karl-Heinz Rummenigge, Präsident der Europäischen Klub-Vereinigung ECA und Vorstandschef von Bayern München, aber durchaus leben könnte. Er erwartet durch eine Änderung des Spielkalenders offensichtlich keine größeren Probleme.

"Natürlich wird man sich danach mit den Verbänden, Ligen und Klubs auf eine Regelung des Terminkalenders in diesem Jahr verständigen müssen. Der internationale Terminkalender für 2018 bis 2022 wird voraussichtlich im Jahr 2016 gefixt. Das sollte ausreichend Zeit sein, um mit allen eine vernünftige Lösung zu finden", sagte Rummenigge auf SID-Anfrage. Zuletzt hatte er bereits angekündigt, dass die ECA sich "nicht verschließen wird. Wir, die Klubs, haben schließlich die Verantwortung für die Spieler!"

Auch Fifa-Präsident Joseph S. Blatter, der mit seiner Ankündigung, die WM 2022 vom brütend heißen Sommer in den milden Winter zu verlegen, den Stein überrraschend ins Rollen gebracht hatte, sieht die Lage gelassen. "Es sind noch neun Jahre. Wir haben jetzt Zeit genug, am Kalender zu arbeiten. Der internationale Kalender steht bis 2018, anschließend haben wir die Möglichkeit, den Kalender umzugestalten. Wo eine Wille ist, ist auch ein Weg", sagte Blatter.

"Eine Frage der Solidarität"

Man müsse dann "im Jahr spielen, da werden sich die Leute etwas einfallen lassen müssen, aber das werden sie auch. Es ist nicht so kompliziert, wie es aussieht", sagte der Fifa-Boss, der sich lange gegen eine Verschiebung gesträubt hatte: "Natürlich werden die Ligen sagen: Wir verlieren ja etwas. Aber es ist auch eine Frage der Solidarität." Außerdem sei es "ja nur für ein Jahr, danach würde man wieder zum normalen Rhythmus zurückkehren".

Auch Uefa-Chef Michel Platini, ein strikter Befürworter einer Winter-WM, hatte schon vor Wochen betont, dass die Verlegung des Turniers "nicht so schwierig ist. Man kann die Ligasaison unterbrechen. Und dann endet sie eben später. In Deutschland habt ihr ja auch eine Winterpause."

Im Oktober wird Blatter das seit Jahren schwelende Thema der Fifa-Exekutive vorlegen. Das Ergebnis steht für den 77 Jahre alten Schweizer fest: "Die WM in Katar wird im Winter stattfinden - und das Komitee wird mir sicher folgen." Man müsse "ein Bewusstsein bei den Ligen schaffen, dass wir etwas ändern müssen".

Der Plan scheint aufzugehen. Inhaltlich gab es für den Vorstoß beim "Camp Beckenbauer" fast nur Unterstützung. Beckenbauer selbst sprach von der "besten und sinnvollsten Entscheidung. Im Sommer ist es unmöglich zu spielen. Da sind es 45 bis 50 Grad. Der Aufwand mit unterkühlten Stadien ist zu groß, das kostet Milliarden. Einfacher ist es im Winter. Da hat man optimale Temperaturen", sagte Beckenbauer dem Sport-Nachrichtensender Sky Sport News HD.

"Es ist zu begrüßen"

Auch Niersbach stellte klar, "dass diese Position richtig ist", auch wenn man die Probleme schon vor drei Jahren bei der Vergabe gekannt habe. Trotzdem besteht auch für Rummenigge "keine Frage: Es ist zu begrüßen. Ein Turnier im Sommer ist in Katar nicht durchführbar."

Bei der Vergabe im Dezember 2010 hatte Katar den Zuschlag für die WM-Endrunde allerdings für den Sommer erhalten. Eine Verlegung in den Winter könnte die gescheiterten Mitbewerber USA, Südkorea, Japan oder Australien auf den Plan rufen. Doch dies scheint Blatter nicht zu stören. Die Fifa-Exekutive behalte sich vor, "Änderungen im Pflichtenheft" der WM 2022 vorzunehmen.

Das Organisations-Komitee in Katar hatte bereits seine Bereitschaft signalisiert, eine Verlegung mitzutragen. "Viele Faktoren sprechen dafür, die WM im Winter auszutragen. Wir sind bereit, das WM-Turnier im Sommer oder im Winter auszurichten. Unsere Planung wird das nicht beeinträchtigen", teilten die Kataris mit.

(sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort