Tickets, Bars, Events Diese absurden Preise zahlen WM-Besucher in Katar
Doha · Die Kosten für Fans und Touristen rund um das Turnier in Katar sind teilweise absurd hoch und für die Gastarbeiter vor Ort schlicht unbezahlbar. Auch die Besucher aus aller Welt staunen, nicht nur wegen der „Sündensteuer“ beim Bier.
Es ist ein buntes Gewirr von Menschen vieler verschiedener Herkünfte, die halbe Welt scheint rund um die Stadien bei den WM-Spielen, im Altstadtviertel des Souq Waqif und bei den Fanfestivals zu Gast zu sein. Fröhliche WM-Touristen aus Mexiko, Argentinien, Brasilien, dem Senegal und arabischen Ländern mischen sich in Doha mit merklich betrübteren Deutschen, die bis zum Viertelfinale gebucht haben. „Wir sind sehr zufrieden, wie die WM läuft. Wir zeigen der Welt, dass wir ein weltoffenes Land sind“, sagt Fahad. Der 35-Jährige trägt seine Dischdascha, das traditionelle luftige Gewand, und die Ghutra, das Kopftuch mit der schwarzen Kordel, mit Stolz. Er zeigt sich selbstbewusst als Katarer und genießt es, zur Elite des Landes zu gehören.

So verrückt sind die Fans bei der WM 2022
„Die Tage während WM sind für viele von uns ein gutes Geschäft“, sagt Taxifahrer Remees, „aber wer weiß, was danach passiert? Vieles ist hier nur für die WM entstanden.“ Er kommt aus Pakistan, ist seit sieben Jahren im Land, fährt einmal im Jahr für vier Wochen nach Rawalpindi zu seiner Frau und den beiden Kindern. Jeden Monat überweist der 40-Jährige umgerechnet rund 250 Euro nach Hause. Dies sind zwei Drittel seines Lohnes, den er erhält, nachdem die Kosten für die Unterbringung in einem Dreibettzimmer abgezogen wurden.
Ramees gehört zu den rund 2,4 Millionen Arbeitsmigranten, die aus Nepal, Afghanistan, Pakistan, Indien, den Philippinen sowie anderen südostasiatischen Ländern und aus Afrika stammen. „Es ist oft hart, aber ich bin glücklich hier. Zu Hause bekäme ich keine oder nur eine schlecht bezahlte Arbeit“, sagt Ramees. Einen eigenen Wagen darf er nicht unterhalten, er ist angestellt bei einer einheimischen Taxi-Firma.

Die Einschaltquoten der bisherigen WM-Spiele in Katar am TV
Insgesamt hat Katar rund 2,7 Millionen Einwohner, davon besitzen aber nur etwa ein Zehntel die Staatsangehörigkeit. Die können selbst im Land geborene Kinder nicht erlangen, wenn ihr Vater nicht Katarer ist. Die Fußball-Weltmeisterschaft trennt die Bevölkerung des WM-Landes nun noch krasser als sonst in arm und reich. Von den Spielen wird das Heer der Arbeiterinnen und Arbeiter weitgehend ausgeschlossen, nur im Heer der vielen Helfer dürfen sie für einen reibungslosen Ablauf sorgen. „Das kennen wir, wir halten das Land immer am Laufen“, sagte Ramees.
Dass er nicht teilhaben kann, liegt auch an den enormen Preisen, mit denen die angereisten Fußball-Fans und andere Touristen geschröpft werden. Durchschnittlich umgerechnet 375 Euro kostet ein WM-Ticket, für die teuersten Kategorien werden bis zu 1.000 Euro verlangt. Für letzte freie Zimmer sind 350 bis 400 Euro pro Nacht zu zahlen. Selbst eines der Container-Zimmer in der Wüste kostet etwa 240 Euro.
Dass aus Gästen bei Weltmeisterschaften maximaler Profit gezogen werden soll, ist für das Turnier 2002 kein Alleinstellungsmerkmal. Speziell wird es aber für Fans, die nach den Spielen einmal ein Bier trinken möchten. In den normalen Bars der Top-Hotels, denen die Lizenz für den Ausschank zugestanden wurde, kosten 0,5-Liter Gerstensaft umgerechnet 10,50 Euro, ausgeschenkt im Plastikbecher. WM-Besucher oder die Dauer-Gastarbeiter aus nichtarabischen Ländern bleiben dort unter sich, denn Zutritt wird nur nach Gesichtskontrolle gewährt. Vorgezeigt werden muss die Hayya-Card, ein speziell für die WM entwickeltes Visum, das die Bewohner Katars nicht besitzen.
Die hohen Bierpreise, die auch in den Fanzonen gelten, werden in den katarischen Medien als „Sündensteuer“ bezeichnet. Dass sie das islamische Alkohol-Verbot für die WM lockern mussten, betrachtet nicht nur Fahad als „Zumutung“. Manche Sportbars melken die Besucher aber noch unverschämter. 260 Euro als Eintritt soll zahlen, wer das Finale in einigen dieser Bars am großen TV-Schirm schauen möchte. Dafür gibt es drei Getränkegutscheine. Bei den WM-Gruppenspielen betrug der Preis noch 55 Euro, seit dem Beginn der Achtelfinalpartien werden 200 Euro verlangt.
Der gebürtige Katarer, ein großer Fan des englischen Fußballs, kann damit leben, dass die Klassengesellschaft in der für die WM erbauten U-Bahn aufgehoben wurde. Aber bei vielen der rund 250.000 Katarern, die wie er die Staatsangehörigkeit besitzen, die Miete und Strom vom Staat bezahlt bekommen, stieß es auf Kritik, dass die Gold-Klasse mit ihren luxuriösen Sitzen und den blickdichten Türen während der WM mit Standardklasse gleichgesetzt wurde. Nun müssen die „echten“ Katarer ihre Abteile mit feiernden Senegalesen und heftig diskutierenden Argentiniern teilen.
Ab und zu verläuft sich auch einer der Gastarbeiter in einen besseren Waggon. Auf den Straßen gilt sie immer, die Klassentrennung. Ramees wechselt für die oft extrem schnell fahrenden Luxuslimousinen schnell die Fahrspur. „Die Verkehrsregel gelten nur für uns, nicht für Katarer.“