Peinliches WM-Aus Totalschaden für den deutschen Fußball

Meinung | Düsseldorf · Das WM-Aus in der Vorrunde hinterlässt die deutsche Nationalmannschaft als Scherbenhaufen. Frappierende Mittelmäßigkeit auf dem Platz und eine planlose Überheblichkeit beim Protest gegen den Gastgeber sichern dem DFB Häme und Schadenfreude auf der ganzen Welt. Für die Heim-EM 2024 ist das gleich ein zweifacher Worst Case.

WM 2022, Einzelkritik: Costa Rica – Deutschland: die DFB-Elf in Noten​
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Costa Rica – Deutschland: die DFB-Elf in Noten

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Foto: AFP/INA FASSBENDER

Schluss. Aus. Und vorbei also alles für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei der WM in Katar. In der Vorrunde. Nach nur drei Spielen. Genau wie vor vier Jahren. Der zweite Totalschaden für den DFB bei zwei aufeinanderfolgenden Weltmeisterschaften. Im Rheinland geht das schon als Tradition durch. Das Scheitern am Golf ist eines auf ganzer Linie – auf und neben dem Platz. Und es ist noch einmal desaströser als 2018. Denn diesmal lacht die Welt über Deutschland, lacht vereint über die vermeintlich so guten Kicker und mindestens genauso über eine für viele ach so bigotte und neunmalkluge Sicht der Deutschen auf die Missstände in Katar.

WM 2022: Costa Rica – Deutschland, die Bilder des Spiels​
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Costa Rica – Deutschland: die Bilder des Spiels

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Foto: dpa/Robert Michael

Sportlich ist das Ausscheiden hochverdient. Da gibt es keine zwei Meinungen. Überheblich gab man das erste Spiel gegen Japan aus der Hand, redete sich danach den einen Punkt gegen Spanien schön und agierte am Ende gegen Außenseiter Costa Rica so kopflos und fehlerhaft, dass es vielen wohl erst ganz am Ende bewusst wurde, dass man das Weiterkommen schon gar nicht mehr selbst in der Hand hatte. Doch es kamen eben keine Almosen aus Spanien, die einen fürchterlichen WM-Ausflug des DFB-Trosses mit dem Achtelfinal-Ticket hätte kaschieren können. Stattdessen: Schadenfreude, Häme. All over the world.

Hansi Flick ist anzukreiden, dass er es seit seinem Amtsantritt nicht geschafft hat, eine Mannschaft zu formen, die den Ansprüchen des deutschen Fußballs und seiner Bundesliga gerecht wird. Es wurde viel getestet, es wurde viel getauscht, und am Ende steht eine große Ratlosigkeit, wann und wo eigentlich all die Spieler mit internationaler Klasse abhandengekommen sind. Die drei Spiele von Katar vermittelten das Bild einer Nationalmannschaft, in der viele austauschbar sind, aber eben austauschbar ungenügend. Das ist bitter und wird den Ruf nach Reformen in der Ausbildung sofort wieder lauter werden lassen. Und das völlig zurecht.

WM 2022 in Katar: Deutschland gegen Costa Rica - Netzreaktionen zum letzten Gruppenspiel​
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Die Netzreaktionen zum DFB-Aus bei der WM

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Foto: AFP/KARIM JAAFAR

Für die Heim-EM in zwei Jahren ist das Ausscheiden vom 1. Dezember 2022 gleich ein doppelter Worst Case. Sportlich liegt Fußball-Deutschland am Boden, und nach den Pseudo-Protesten vor Ort und dem dauerhaft erhobenen Zeigefinger aus der Heimat wird der Rest der Welt in zwei Jahren umso genauer hinschauen, ob die selbstgerechten Deutschen dann auch bitteschön die nachhaltigste, klimafreundlichste und sozialste Europameisterschaft aller Zeiten ausrichten. Und wehe, auf irgend einer EM-Baustelle unterläuft 2024 ein Sub-Unternehmer den Mindestlohn.

Wenn der DFB-Tross zeitnah den Flieger in die Heimat besteigt, hinterlässt er einen Scherbenhaufen, der größer nicht sein könnte. Dabei dachten viele, das wäre schon 2018 der Fall gewesen. Doch damals war es ein Scherbenhaufen vier Jahre nach dem WM-Triumph, diesmal ist es der Scherbenhaufen eines vermeintlichen Neuaufbaus. Natürlich wird alles knallhart analysiert werden, alles auf den Tisch kommen und kein Stein nicht umgedreht werden, um die richtigen Lehren aus dem Debakel zu ziehen.

Nur eine Lehre darf man ganz spontan schon mal direkt dem deutschen Fußball mit auf den Weg geben: Demut auf ganzer Linie ist angesagt. Immerhin: für diese Demut kann man das Mannschaftsbild mit den zugehaltenen Mündern vom Japan-Spiel wunderbar recyceln.

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