Überraschung im WM-Kader Deshalb erzählte Petersen seinem Vater nichts von seiner Nominierung

Eppan · Nils Petersen weiß, dass er zu den Streichkandidaten zählt. Der Stürmer hofft nach seiner unverhofften Nominierung dennoch auf seine Chance.

 Nils Petersen hört Oliver Bierhoff bei der gemeinsamen PK zu.

Nils Petersen hört Oliver Bierhoff bei der gemeinsamen PK zu.

Foto: AFP/MIGUEL MEDINA

Auf dem großem Pressepodium im DFB-Medienzelt präsentierte sich Nils Petersen als Premierengast so reif und reflektiert, als gehöre er schon seit Jahren zum Nationalteam. Auf dem Trainingsplatz tut sich der 29 Jahre alte Angreifer des SC Freiburg dagegen noch schwer, sich gegen die vielen namhaften und international erfahreneren Mannschaftskollegen in Szene zu setzen.

„Die Trainingsqualität ist eine andere. Ich muss hier jeden Tag an die Grenze gehen“, berichtete Petersen am Freitag in Südtirol. „Total heiß“ sei er: „Ich habe die Hoffnung, auf dem Niveau mitzuschwimmen.“

Das ist Nils Petersen
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Mit Freiburgs leisem 15-Tore-Mann Petersen anstelle des Münchner Lautsprechers Sandro Wagner hatte Joachim Löw bei der Bekanntgabe des vorläufigen WM-Kaders für eine echte Überraschung gesorgt. Timo Werner (22), Mario Gomez (32), Nils Petersen (29) - diese spezielle Mittelstürmermischung könnte in Russland zum Einsatz kommen.

Außenseiter Petersen ist bewusst, dass er im noch 27-köpfigen WM-Aufgebot zu den ersten Streichkandidaten zählt. „Die frohe Botschaft kam schon aus dem Nichts“, sagte er am Freitag in Eppan. Den Urlaub hatte er bereits gebucht, seine Freundin musste ihn stornieren. Und seinem Vater Andreas, der Trainer beim Nordost-Regionalligisten Germania Halberstadt ist, hatte er sogar erst verzögert von seinem Nominierungsglück berichtet. „Mein Vater wäre so euphorisiert gewesen, der hätte das gleich raus posaunt.“

Die unverhoffte WM-Chance geht Petersen mit seinem Lebensmotto an: „Man denkt im Leben, dass man Vieles schaffen und erreichen kann.“ Das nächste Etappenziel des Spätberufenen lautet, nicht zu den vier Spielern zu gehören, die Löw noch aussortieren muss. „Ich hoffe, dass ich noch länger Teil dieser Mannschaft bleiben darf“, sagte der Realist, der sich trotzdem eine WM-Träumerei erlaubt: „Vielleicht kann ich der Überraschungsmoment sein, den keiner kennt.“

„Das war keine spontane Entscheidung oder ein Geistesblitz von Jogi Löw“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff zur Berufung von Petersen in den noch erweiterten Kader. „Ich traue ihm wirklich viel zu, weil er fußballerisch gut ist. Und er hat wie Timo Werner und Mario Gomez die Gabe, im Sechzehner aus wenigen Möglichkeiten Tore zu erzielen“, äußerte Löw. Er traut Petersen noch einen Leistungssprung zu.

Der Angreifer besitzt zudem eine überragende Qualität: Er ist ein Edeljoker. Mit 20 Toren nach Einwechslungen ist er die Nummer 1 der Bundesliga. „Vielleicht hat mich dieser Titel hierhin gebracht“, sinnierte Petersen. Und vielleicht trägt sie ihn bis nach Russland. „Manchmal reichen ein paar Minuten, um entscheidend zu sein.“

Er weiß, dass er sich hinten anstellen muss. Der Leipziger Timo Werner (12 Länderspiele/7 Tore) habe eine „Wahnsinnsschnelligkeit“ und sei von den Gegnern kaum zu stoppen. Und Mario Gomez, an dem er schon als Jungprofi beim FC Bayern nicht vorbeiziehen konnte, besitze eine „wahnsinnige Erfahrung“, die sich in 73 Länderspielen und 31 Toren widerspiegelt. Gomez zeichne seine „Brecher-Qualität“ aus.

Länderspiel-Debütant Petersen ist schlau, reif - und ein idealer Teamplayer. Löw schätzt diese Qualitäten. „Ich will mir einen Eindruck verschaffen von Nils Petersen, den ich vorher nicht bei der Mannschaft hatte. Für mich ist es wichtig zu sehen, wie passt er sich auf diesem Niveau an“, sagte der Bundestrainer. Die Auflösung der Frage folgt spätestens am 4. Juni. An diesem Tag muss Löw die 23 WM-Tickets ausstellen. „Wenn es gut ausgeht, kann es noch länger nach oben gehen“, sagte Petersen in Eppan zu seinem gerade erst begonnenen WM-Sommermärchen.

(dpa)
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