Kapitän vor seiner letzten WM Walter, Beckenbauer, Matthäus — Lahm?

Santo Andre · Philipp Lahm hat diese Bilder noch genau im Kopf. Jene Bilder vom 8. Juli 1990, als Lothar Matthäus als bisher letzter Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft den goldenen WM-Pokal in den Nachthimmel von Rom stemmte.

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Foto: ap, MS

Lahm war damals sechs Jahre alt, und er hatte seine erste Weltmeisterschaft "bewusst" miterlebt. "Das war etwas ganz Besonderes. Das habe ich mir 100-mal angeschaut", erzählt der Münchner 24 Jahre später - 9500 Kilometer von Rom entfernt in Santo Andre. In knapp fünf Wochen will er sich wie einst Matthäus diesen Traum erfüllen.

Dem 30-Jährigen ist klar, dass es wohl seine letzte Chance sein wird, in einem Atemzug mit Fritz Walter, dem Kapitän der WM-Elf von 1954, mit Franz Beckenbauer (1974) und eben Rekordnationalspieler Matthäus genannt zu werden. "Ich werde alles in die Waagschale schmeißen und noch fokussierter sein", versprach er deshalb wenige Tage vor dem deutschen WM-Auftakt am 16. Juni in Salvador gegen Portugal.

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Mit den Bayern alles gewonnen

Mit seinem FC Bayern, der den Vertrag mit ihm gerade vorzeitig bis 2018 verlängert hat, hat der 106-malige Nationalspieler bereits alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt - mit der DFB-Auswahl ist ihm die Krönung seiner schon erfolgreichen Karriere noch verwehrt geblieben. Seit der EURO 2004 läuft Lahm mit der Nationalmannschaft einem Titel hinterher.

Seine Rolle hat sich längst verändert. War der gebürtige Münchner lange "nur" einer der besten Linksverteidiger der Welt, so ist er inzwischen universell einsetzbar. Bis auf Torwart könne Lahm auf allen Positionen "weltklasse" spielen, sagt Bayern-Coach Pep Guardiola über seinen Musterschüler. Kein Wunder, dass auch Bundestrainer Joachim Löw seinen Kapitän am liebsten "klonen" würde.

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Foto: Facebook/Lukas Podolski

Abwehr oder Mittelfeld?

Geht aber nicht, weshalb sich Löw nun entscheiden muss, ob er Lahm bei dessen dritter WM-Teilnahme als rechten Verteidiger oder im defensiven Mittelfeld einsetzt. Lahm verwies erst am Dienstag auf die Entscheidungshoheit des Trainers, wiederholte aber seine Aussage vom vergangenen Freitag: "Ich habe nur gesagt, dass wenn man im letzten Spiel vor der WM auf dieser Position gespielt hat, man davon ausgehen kann, dort auch bei der WM zu spielen." Er meinte vor der Abwehr.

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Foto: ap

Dass er in diesem Fall Bastian Schweinsteiger oder Sami Khedira verdrängen würde, spielt für Lahm keine Rolle. Dass man jemandem den Platz wegnehme, "das gibt es im Fußball nicht. Es können immer nur elf Spieler spielen. Und der Trainer entscheidet am Ende immer, welche elf Spieler seiner Meinung nach am besten zusammenpassen", sagte er mit Bestimmtheit.

Für Lahm zählt nur der Erfolg. Und den verantwortet er seit der WM 2010 in Südafrika als Spielführer. Damals hatte er von der Verletzung von Michael Ballack profitiert. Für ihn habe sich seitdem "nicht viel verändert", sagt er. Nur soviel: "Ich habe viel mehr Erfahrung, kann vieles besser einschätzen. Man hat einen besseren Blick."

Ein Lautsprecher ist Lahm nicht, sein Wort hat aber Gewicht. In der Hierarchie der DFB-Auswahl steht er zusammen mit Bastian Schweinsteiger, Miroslav Klose und Per Mertesacker ganz oben. Dieses Standing hat er sich über Jahre erarbeitet. Allerdings nicht mit großen Gesten oder Worten, sondern mit konstant starken Leistungen. Auch so könne man Verantwortung zeigen, sagt er.

Für die bevorstehenden Wochen in Brasilien habe er wie schon 2010, als Deutschland in Südafrika WM-Dritter wurde, "ein sehr gutes Gefühl", betonte Lahm mit Blick auf den 13. Juli. Dann steht in Rio de Janeiro das WM-Finale an. Dass er dann gerne den WM-Pokal entgegen nehmen würde, hat er sicher schon im Kopf. Und wenn? "Dann werden wir es krachen lassen."

(sid)
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