Schalke-Verteidiger im WM-Finale Höwedes überzeugt seine Kritiker
Santo André · Vor der Weltmeisterschaft galt Benedikt Höwedes als einer der Spieler, dem im hochkarätig besetzten Kader nur eine Außenseiterrolle zukommt. Doch Höwedes hat seine Rolle im Team gefunden und sich als Stammkraft etabliert.
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Benedikt Höwedes war neulich schon mal zum Probesitzen da. Vergangene Woche war das. Die deutsche Nationalmannschaft hatte vor dem WM-Viertelfinale ein (natürlich) feines Hotel in Rio de Janeiro bezogen, und der Verteidiger von Schalke 04 konnte von seinem Zimmer auf den Strand von Barra di Tijuca schauen. Dort sind die Surfer zu Hause, und es ist auch sonst ziemlich schön. Das hat ihm gefallen. So gut, dass er gern ein paar Urlaubstage anschließen würde. Vor den Ferien steht aber noch ein wichtiger dienstlicher Termin: das Finale am Sonntag (21 Uhr MESZ, Live-Ticker) gegen Argentinien, erneut in Rio. Höwedes ist als unbestrittene Stammkraft dabei.
Das ist eine der größeren Überraschungen in diesem Turnier. Nicht einmal Höwedes selbst wird in der Vorbereitung daran geglaubt haben, dass er als fester Bestandteil der Stammelf in Brasilien eingeplant sein würde. Er hatte die letzten beiden Monate der Rückrunde verletzt verpasst, schon seine Nominierung für den WM-Kader war nicht von jedermann erwartet worden. Und als er im Aufgebot stand, galt er eigentlich allen Beobachtern als brauchbarer Ersatzmann für den Fall, dass ein Innenverteidiger verletzt ausfallen würde. "Aber der Bundestrainer hatte eine andere Idee", erklärt Höwedes, "und bislang geht die auch ganz gut auf."
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Joachim Löw beorderte den gelernten Mittelverteidiger von Schalke 04 auf die linke Außenbahn, zunächst in seinem neuen Modell der Abwehrkette aus vier Innenverteidigern. Höwedes blieb aber auch auf seinem neuen Platz, als Kapitän Philipp Lahm wieder nach rechts hinten rückte und das System der Innenverteidiger-Kette damit auflöste.
Der Schalker behauptete sich in der Mannschaft, weil er vor allem dem eigenen Grundverständnis seines Jobs genügte. "Der Bundestrainer vertraut sicher auf meine defensiven Qualitäten", hatte er schon vor dem ersten Spiel gesagt, dem Treffen mit Portugal, "ich bin natürlich kein Offensiv-Verteidiger wie Philipp Lahm. Und es wird nicht meine Aufgabe sein, mit meinem starken linken Huf pausenlos Flanken zu schlagen." Der linke Huf ist nicht gerade sein Paradefuß, Höwedes spielt den Ball deutlich lieber und deutlich besser mit seinem rechten Huf.
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Es gab einige, die Löws Plan mit einem Ungelernten auf der linken Außenbahn mit großen Bedenken begegneten. Sie verwiesen darauf, dass im Aufgebot die beiden Dortmunder Kevin Großkreutz und Erik Durm stehen, von denen der eine (Durm) zumindest auf dem zweiten Bildungsweg zum Außenverteidiger wurde, und der andere (Großkreutz) in seinem Fußballerleben schon auf allen Positionen zu Hause war. Mit Höwedes jedoch, so riefen die Aufgeregten voller böser Vorahnung, werde das auf keinen Fall gut gehen.
Sie sind unterdessen deutlich ruhiger geworden, man hört sie gar nicht mehr. Das liegt auch am dicken Fell, das sich Höwedes zugelegt hat, der in der Nationalmannschaft nie unumstritten war. "Ich habe mich von der Kritik nicht beeinflussen lassen", sagt er, "weil ich starken Rückhalt vom Trainer bekommen habe."
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Er hat diesen Rückhalt mit überzeugenden Leistungen zurückgezahlt, und er ist von vielen unbemerkt ein unentbehrliches Mitglied der ersten Elf geworden. Höwedes hat in den sechs zurückliegenden WM-Spielen keine Minute gefehlt. Eine Bilanz, die in der Abwehr nur Philipp Lahm und Torwart Manuel Neuer aufweisen. "So viel kann ich also nicht falsch gemacht haben", urteilt der Verteidiger.
Er wird deshalb auch gegen Argentinien im Endspiel auflaufen. Das bringt seinen Gefühlshaushalt selbstverständlich in Bewegung. "Davon träumt doch jeder kleine Junge - und dann spielen wir auch noch in Rio, in dieser fantastischen Stadt", sagt Höwedes. Und er schaut ganz schwärmerisch drein.
Auf dem Platz wird er seine Emotionen wieder in den Griff bekommen. Auch wenn über seine Seite die Prominenz schlechthin angreifen wird. Der Weltstar Lionel Messi beginnt seine Spiele meist auf dem rechten Flügel. Erschrecken kann er Höwedes allerdings nicht. "Ich bin ja nicht allein", betont der Abwehrmann. Hilfe wird er brauchen, aber das ist normal im Spiel gegen Messi.
