Niersbach warnt vor Ausreden Lahm nimmt Nationalmannschaft den WM-Druck

Köln · Es muss nicht immer der Titel sein. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft wird im Sommer zwar als einer der Topfavoriten zur WM in Brasilien reisen, der Fahrplan steht, das deutsche WM-Dorf auch schon fast - aber Philipp Lahm baut für den Fall einer Enttäuschung vor.

Philipp Lahm – Top-Außenverteidiger, Musterschüler, Weltmeister-Kapitän
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Das ist Philipp Lahm

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Erfolg, sagt der Kapitän, sei nicht unbedingt gleichbedeutend damit, am Ende den WM-Pokal nach Deutschland zu bringen. Es wirkt, als wolle Lahm seine Mitspieler und den Bundestrainer Joachim Löw auf der Jagd nach dem vierten WM-Stern vom Druck befreien.

"Campo Bahia" - Das WM-Quartier der Nationalmannschaft
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Foto: dpa, Vera Gomes

"Wir wissen, wie schwierig es ist, Weltmeister zu werden", sagt der 30 Jahre alte Lahm — schließlich ist er selbst schon zweimal im Halbfinale gescheitert: 2006 an Italien, 2010 wie auch im EM-Finale 2008 an Spanien. Im Interview mit der hauseigenen Internetseite dfb.de setzt Lahm das Ziel daher ziemlich defensiv an.

Lahm: Begeisterung, Leidenschaft und Herz wichtiger

"Für mich wäre die WM erfolgreich, wenn wir einen guten Teamspirit entwickeln, wenn wir unsere fußballerische Klasse auf den Platz bringen, wenn wir uns taktisch intelligent verhalten", sagt Lahm, der mit Bayern München am 21. Dezember immerhin schon Klub-Weltmeister geworden ist. Und: "Vor allem, wenn wir mit viel Begeisterung, viel Leidenschaft und viel Herz guten Fußball spielen."

Dies wäre, gepaart mit ein bisschen Glück, schon fast eine Finalgarantie für Deutschland, Nummer zwei in der Weltrangliste des Weltverbandes Fifa. Lahm warnt jedoch: "Ein WM-Sieg ist vor uns gerade mal drei deutschen Nationalmannschaften gelungen — und die Konkurrenz ist sicher nicht schlechter geworden."

Den Titel zu fordern, alles andere als Enttäuschung abzuqualifizieren, sei den anderen Nationen gegenüber eine "Respektlosigkeit". Selbstverständlich könne seine Mannschaft mit Qualität und viel Potenzial jedes andere Team besiegen. Das Ziel müsse sein, das "Potenzial auszuschöpfen und so weit wie möglich zu kommen". Dazu passt, dass Lahm erklärt, inzwischen interpretiere er seine Kapitänsrolle gelassener: "Ich denke, dass ich gelernt habe, mit einigen Themen sensibler umzugehen."

Statistisch stehen die Titelchancen nicht besonders gut. Nie ist eine europäische Mannschaft in Südamerika Weltmeister geworden, das Klima und die weiten Reisen werden die Fokussierung erschweren. Andererseits gab es bislang nur bei der ersten WM 1930 ein Finale ohne europäischen Teilnehmer.

"Nicht lamentieren und nörgeln"

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach erwartet wie Löw eine "WM der Strapazen" — und er warnt davor, sich dies als Ausrede zurechtzulegen. "Wir dürfen nicht den Fehler machen, das jeden Tag zu beklagen, zu lamentieren und zu nörgeln. Wenn wir das anfangen, werden wir nicht bestehen", sagte er.

Die deutsche Delegation überlässt nichts dem Zufall. Die übliche Kasernierung in einem Mannschaftshotel klassischer Sorte wird es nicht geben, der DFB setzt auf ein lockeres Dasein in Santo Andre. "Das Campo Bahia ist etwas ganz anderes. Es ist wie ein kleines Dorf", sagt Löws Assistent Hansi Flick: "Wir waren alle begeistert von der Idee, die dahinter steckt."

Das ist der Blick nach vorn — aber am Jahresende wird auch zurückgeschaut. Niersbach bewertet die Lage des deutschen Fußballs 2013 mit einer "glatten Zwei". 2014 darf es dann eine Eins sein — mit (WM-)Sternchen: "Von Spiel zu Spiel denken und möglichst weit kommen, bis zum Finale am 13. Juli 2014 - das sollte unsere WM-Formel sein."

(sid)
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