32 Jahre nach brutalem Foul von Schumacher Battiston: "Freunde werden wir nicht mehr"

Düsseldorf · Es war eine der hässlichsten Szenen in der deutschen WM-Geschichte. Das brutale Foul von Toni Schumacher im WM-Halbfinale von 1982 gegen den Franzosen Patrick Battiston. Vor dem erneuten Aufeinandertreffen der beiden Nationen bei der WM in Brasilien am Freitag (18 Uhr/Live-Ticker) erinnert sich Battiston an damals.

 Patrick Battiston wurde in dieser Szene von Toni Schumacher brutal gefoult.

Patrick Battiston wurde in dieser Szene von Toni Schumacher brutal gefoult.

Foto: afp, lab/dlb/BF

Es war eine der hässlichsten Szenen in der deutschen WM-Geschichte. Das brutale Foul von Toni Schumacher im WM-Halbfinale von 1982 gegen den Franzosen Patrick Battiston. Vor dem erneuten Aufeinandertreffen der beiden Nationen bei der WM in Brasilien am Freitag (18 Uhr/Live-Ticker) erinnert sich Battiston an damals.

Der "Thrilla in Sevilla" 1982, das WM-Halbfinalspiel zwischen Deutschland und Frankreich am 8. Juli, gehört zu den epischen Duellen bei Weltmeisterschaften. 3:1 führten die Franzosen in der Verlängerung, doch die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) glich noch zum 3:3 aus und setzte sich im anschließenden Elfmeterschießen mit 5:4 durch.

Battiston lag zu diesem Zeitpunkt längst im Krankenhaus, in der 57. Minute nach einem üblen Foul von Torwart Schumacher mit voller Wucht weggecheckt und in der 60. Minute bewusstlos ausgewechselt.

Mehr als alle körperliche Pein haben Battiston damals die Worte von Toni Schumacher geschmerzt. Eine Erinnerung, ohne Versöhnung, aber auch ohne Vorwürfe.

Patrick Battiston, eine despektierliche Frage sei gestattet: Wie geht es den Zähnen?

Patrick Battiston (57, französischer Ex-Nationalspieler und WM-Teilnehmer) "Wenn wir uns nicht so gut kennen würden, wäre das Gespräch jetzt beendet."

Ganz kurz zu Ihrer Person: Was machen Sie heute?

Battiston "Ich bin Talentspäher und Trainer der Reservemannschaft von Girondins Bordeaux."

Sie ahnen, weshalb Sie vor dem Viertelfinale Deutschland-Frankreich angerufen werden?

Battiston "Muss es nicht Frankreich - Deutschland heißen? Ist es kein Auswärtsspiel für Euch? Egal. Natürlich kenne ich den Grund des Anrufes. Aber warum? Ist doch jetzt 32 Jahre her."

Viele Fußball-Fans waren nicht einmal geboren. Und denen sollte die Geschichte doch erzählt werden.

Battiston "Also, WM-Halbfinale in Sevilla. 57. Minute. Ich war kurz zuvor eingewechselt worden, laufe allein auf Torhüter Schumacher zu. Der rammt mich um, ich verliere das Bewusstsein."

Haben Sie gespürt, wie Michel Platini Ihre Hand gedrückt hat, als Sie aus dem Stadion getragen wurden?

Battiston "Nein, da war ich noch bewusstlos. Ich bin erst im Krankenhaus aufgewacht. Philippe Mahut, der leider Anfang des Jahres verstorben ist, war an meinem Bett. 'Wie steht es?', habe ich ihn gefragt. '3:1' hat er geantwortet. Dann bin ich wieder zufrieden eingeschlafen. Am Schluss hatten wir verloren."

Wir Journalisten haben nur den Lauf des Balles nach Ihrem Schuss verfolgt. Der Schiedsrichter, der Niederländer Charles Corver, wohl auch. Erst später am Fernseher hat man das Foul an sich erkannt. Machen Sie dem Schiedsrichter nachträglich einen Vorwurf?

Battiston "Richtig, alle haben den Ball verfolgt, und der war nicht drin und wird auch nie mehr drin sein. Ich bin aber auch sicher, dass mit den heutigen Regelauslegungen und den Kommunikationsmitteln unter den Schiedsrichtern Schumacher Rot gesehen hätte."

Schumacher behauptet heute noch, er habe sich abgedreht, um ein direktes Aufeinanderprallen der Körper zu vermeiden.

Battiston "Weshalb sollte ich ihm widersprechen? Wenn das seine Absicht war... Ich kann nur sagen, dass vor dem Zusammenprall seine Körpersprache und sein Verhalten sehr aggressiv waren."

Was hat am meisten geschmerzt?

Battiston "Der Spruch mit den Jacket-Kronen. Dass er sie mir bezahlt. Aufwachen, und dann solch eine Respektlosigkeit hinnehmen zu müssen — das tut weh."

Hat er sie bezahlt?

Battiston "Ich weiß es nicht mehr. Und ich habe keine Lust, im Gestern rumzukramen."

Wie ist heute das Verhältnis?

Battiston "Wir begegnen uns, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Es gab ein Versöhnungstreffen, es gab ein Treffen vor Frankreich — Deutschland in Straßburg, es gab ein Treffen in Bordeaux, als er Bayern-Trainer für die Torhüter war — aber Freunde werden wir nicht mehr."

(sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort