Nationalspieler schwänzt Medientag Özil schweigt beharrlich zur Affäre um Erdogan-Foto

Eppan · Mesut Özil schweigt weiter in der Affäre um sein Treffen mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Dagegen hatte seine Kollege Ilkay Gündogan Redebedarf. Und auch der Bundespräsident äußert sich.

Mesut Özil hatte Recep Erdogan bei dem umstrittenen Treffen ein Arsenal-Trikot überreicht.

Mesut Özil hatte Recep Erdogan bei dem umstrittenen Treffen ein Arsenal-Trikot überreicht.

Foto: dpa/Uncredited

Mesut Özil tauchte nur ganz kurz auf. Beim obligatorischen Mannschaftsfoto blieb ihm keine andere Wahl, danach strampelte er abseits von seinen Kollegen auf dem Ergometer im Fitnesszelt. Dem Medientag der Nationalmannschaft blieb der Spielmacher als einziger Profi aus dem 23-köpfigen WM-Kader dann gleich komplett fern. Aus seiner Sicht habe er alles gesagt, teilte der DFB mit.

Dabei gäbe es in der Affäre um sein umstrittenes Treffen mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan weiterhin genügend Diskussionsstoff. Während sein Kollege Ilkay Gündogan die Gelegenheit nutzte, um seine Sicht der Dinge zumindest im kleinen Kreis darzustellen, ließ der 29 Jahre alte Özil die Gelegenheit verstreichen und verweigerte erneut eine Debatte.

Dabei ist selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach wie vor "ein bisschen ratlos", wie er in einem Zeit-Interview verriet. Angesichts der Tatsache, dass beide Spieler in Deutschland groß geworden seien, hätte es Özil und Gündogan "nicht überraschen dürfen, dass ihr Treffen mit dem türkischen Staatspräsidenten Kritik auslöst", sagte Steinmeier.

Ob die Spieler sich entschuldigt hätten, sei "eine Interpretationsfrage", so der Bundespräsident weiter. Wenn er die Aussagen der beiden Spieler "ernst nehme - und ich habe keinen Anlass, das nicht zu tun -, dann haben die beiden jedenfalls erkannt, dass es für sie gut ist, sich zu diesem deutschen Staat und ihrem loyalen Verhältnis zu ihm zu bekennen und das entstandene Bild zu korrigieren".

Bisher hat sich Weltmeister Özil, sportlich ein Eckpfeiler in den Planungen von Joachim Löw, allerdings nur mit dem Bundestrainer, DFB-Präsident Reinhard Grindel, Manager Oliver Bierhoff und eben Steinmeier über sein viel kritisiertes Foto mit Erdogan ausgetauscht. Die Öffentlichkeit ließ der England-Profi vom FC Arsenal bisher über seine Beweggründe, dem türkischen Präsidenten ein Trikot zu überreichen, im Unklaren.

Pfiffe gegen Özil und Gündogan

Die Fans fanden die Aktion aber offensichtlich nicht besonders glücklich, wie die Pfiffe beim Länderspiel gegen Österreich (1:2) zeigten. Nur beim Treffer von Özil, der nach wie vor mit den Nachwirkungen einer Rückenverletzung kämpft und körperlich noch nicht auf WM-Niveau ist, hatte es kurz Applaus gegeben.

Von den heftigen Reaktionen der letzten Wochen sei er "getroffen" gewesen, berichtete immerhin Gündogan, "vor allem von den persönlichen Beleidigungen". Dies sei eine "Erfahrung" gewesen, "die nicht leicht war". Dass Özil, ebenso wie Gündogan in Gelsenkirchen geboren, dazu beharrlich schweigt, will er nicht bewerten. "Für mich war es wichtig, mich zu zeigen. Ich wünsche mir wieder Normalität, ich will mich nicht verstecken. Jeder hat einen eigenen Umgang mit der Situation", betonte Gündogan.

Der 27-Jährige räumte im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) ein, "dass ich verstehe, dass man die Aktion nicht gut finden muss". Die Kritik könne er deshalb durchaus nachvollziehen, ergänzte der Mittelfeldspieler von Manchester City: "Jeder Mensch hat seine eigene Meinung. Aber beleidigen lassen will ich mich auch nicht." Es sei für ihn "ein tiefer Schlag" gewesen, "dass es so dargestellt wird, dass wir nicht integriert seien und nicht nach deutschen Werten leben würden. Es war nie das Thema, ein politisches Statement zu setzen".

Im Gespräch mit Steinmeier hätten Özil und er "auch erklärt, dass wir zu hundert Prozent zu den Werten stehen, die in Deutschland gelebt werden", sagte Gündogan, der nun möglichst schnell wieder zur Normalität zurückkehren möchte: "Jetzt will ich mich wieder auf das Wesentliche konzentrieren."

Immerhin können sich beide der Rückendeckung von Bierhoff und Löw sicher sein. Auch in der Mannschaft ist der Rückhalt groß. "Die Pfiffe sind nicht schön. Beide spielen für Deutschland und sind sehr stark mit Deutschland verwurzelt", sagte Mats Hummels. Er denke aber, fügte der Münchner mit Blick auf die WM-Generalprobe am Freitag (19.30 Uhr/ARD) in Leverkusen gegen Saudi-Arabien an, "dass sich das sehr schnell wieder legen wird".

(SID)
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