Bundestrainer läutet "WM-Countdown" ein Löw stuft Chaos-Woche als Erfolg ein

St. Martin · Ruhe herrschte fast nie während des Trainingslagers in Südtirol. Am Optimismus von Bundestrainer Joachim Löw hat dies nichts geändert.

 Lächelt die Sorgen einfach weg: Joachim Löw.

Lächelt die Sorgen einfach weg: Joachim Löw.

Foto: afp, pst/JK

Der Wind peitschte gegen das riesige Pressezelt und erschütterte es fast in seinen Grundfesten. Drinnen saß Joachim Löw und verbreitete mit ruhiger Stimme und erkennbarer Gelassenheit Optimismus. Der Bundestrainer stufte das eigentlich so chaotische Trainingslager in Südtirol als vollen Erfolg ein und erklärte die heiße WM-Phase mit breiter Brust für eröffnet. "Am Sonntag beginnt der WM-Countdown", sagte Löw (54) mit Blick auf den letzten Test vor der Kader-Nominierung am Sonntag (20.30 Uhr/Live-Ticker) gegen Kamerun.

Verletzungssorgen, "Pinkel-Affäre", Führerscheinentzug, Unfall-Drama - nahezu kein Tag in Südtirol war ohne negative Schlagzeilen vergangen. Doch die edle Flasche Wein der Organisatoren im Passeiertal nahm Löw am Freitag gut gelaunt entgegen. Ausdrücklich lobte er anschließend der "hervorragenden Teamgeist" in seiner Mannschaft. Und er beteuerte auch mit Blick auf die zwei Verletzten des missglückten Sponsoren-Drehs am vergangenen Dienstag: "Auch wenn wegen des Unfalls ein Schatten über der Zeit hängt: Wir haben uns wahnsinnig wohl gefühlt. Wir kamen als Gäste und gehen als Freunde."

Der Unfall-Schock wird dem Tross der Nationalmannschaft noch einige Tage in den Knochen stecken. Die anderen Sorgen ließ Löw aber demonstrativ in den Alpen zurück: Der Ausfall des verletzt abgereisten Lars Bender scheint durch Christoph Kramer aufgefangen werden zu können; die "Pinkel-Affäre" um Kevin Großkreutz gilt beim DFB trotz neuer Details aus der Alkohol-Nacht als abgehakt; und auch der unter der Woche bekannt gewordene Führerschein-Entzug des Bundestrainers war zumindest nach eigener Beteuerng Löws "nicht mal im Ansatz ein Thema".

Die einzige echte Sorge des Bundestrainers betraf die verletzten Führungskräfte. Diese allerdings sind alle zumindest auf dem Weg der Besserung. Auch Sami Khedira und Philipp Lahm, die am Donnerstag und Freitag durch kurzzeitige Schmerzen für Schreckmomente gesorgt hatten. "Es gibt klare Fortschritte, das ist für mich erfreulich", erklärte Löw. Sogar bei seinem größten Sorgenkind, Welttorhüter Manuel Neuer, hegt der Bundestrainer derzeit keine Zweifel an einer WM-Teilnahme.

Tatsächlich soll Neuer schon bei der WM-Generalprobe am kommenden Freitag (6. Juni) gegen Armenien nach seiner Kapselverletzung an der Schulter sein Comeback geben. "Wir können davon ausgehen, dass es bis nächste Woche ausgestanden ist und er am Freitag im Tor stehen kann", sagte Löw. Sollte der 28-Jährige wider Erwarten bis zum deutschen WM-Auftakt am 16. Juni gegen Portugal doch nicht fit sein, habe er aber "überhaupt keinen Zweifel", Roman Weidenfeller zu vertrauen. Der 33 Jahre alte Dortmunder wird gegen Kamerun das Tor hüten. Es wird erst sein zweites Länderspiel sein.

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Gegen die Mannschaft des deutschen Trainers Volker Finke will Löw die bestmögliche Elf aufbieten. Dazu wird wohl auch Debütant Erik Durm als linker Verteidiger gehören. Im der zweiten Halbzeit will der Bundestrainer dann das Kontingent von sechs Wechseln ausschöpfen. Schließlich muss er bis Montag noch drei der 26 Spieler aus der Südtirol-Crew streichen. "Die Entscheidung werden wir nach den finalen Erkenntnissen aus diesem Spiel treffen. Es ist für mich nochmal die Gelegenheit, wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. Und für einzelne Spieler, auf sich aufmerksam zu machen", erklärte er.

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Die Entscheidung sei auch deshalb so schwer, sagte Löw, "weil alle, die dabei waren, sich voll reingehängt und sehr, sehr gut gearbeitet haben." Glaubhaft verwies er auch auf den Zusammenhalt, der sich unter anderem an der lockeren Stimmung auf dem Trainingsplatz und den vielen Internet-Fotos vom gemeinsamen Zusammensitzen erkennen ließ. "Die Mannschaft ist in diesen Tagen mehr und mehr zu einer Einheit geworden", berichtete Löw nicht ohne Stolz und betonte: "Aus Vereinsinteressen sind nationale geworden. Der Teamspirit ist sehr gut, nicht zu vergleichen mit 2012." Damals hatte es zwischen den Platzhirschen von Bayern München und den nassforschen Herausfordern von Borussia Dortmund Querelen gegeben.

(sid)
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