Schürrle, Müller und Kimmich Wohlfühloase Nationalmannschaft

Düsseldorf · Beim 4:1-Erfolg der deutschen Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation in Aserbaidschan war André Schürrle mit zwei Toren und einer Vorlage der überragende Mann beim Weltmeister. Dabei ist Schürrle bei Borussia Dortmund derzeit nur Ergänzungsspieler. Doch bei Bundestrainer Jogi Löw genießt er großes Vertrauen – und zahlt dieses zurück.

André Schürrle feiert mit Jonas Hector einen seiner beiden Treffer in Aserbaidschan.

André Schürrle feiert mit Jonas Hector einen seiner beiden Treffer in Aserbaidschan.

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Beim 4:1-Erfolg der deutschen Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation in Aserbaidschan war André Schürrle mit zwei Toren und einer Vorlage der überragende Mann beim Weltmeister. Dabei ist Schürrle bei Borussia Dortmund derzeit nur Ergänzungsspieler. Doch bei Bundestrainer Jogi Löw genießt er großes Vertrauen — und zahlt dieses zurück.

"Ich fühle mich pudelwohl, der Trainer schenkt mir auch öffentlich das Vertrauen. Das kann ich ihm mit Leistung zurückzahlen. Wenn man wenig spielt, fehlt etwas Vertrauen" — Sätze, die Thomas Tuchel nicht so gerne hören wird. Die Aussagen von André Schürrle nach dem fünften Sieg im fünften Qualifikationsspiel für die WM 2018 in Russland sind auch ein Seitenhieb auf den Trainer von Borussia Dortmund. Schürrle, im Sommer für 30 Millionen Euro angeblich als Tuchels Wunschspieler vom VfL Wolfsburg gekommen, kommt bei den Westfalen derzeit nicht über die Rolle des Ergänzungsspielers hinaus.

In der bisherigen Bundesliga-Saison stand er in 25 Spielen lediglich 15 Mal auf dem Platz und erzielte magere zwei Tore. In den ersten Wochen fiel Schürrle wegen einer Innenbanddehnung am Knie aus, danach setzte Tuchel lieber auf Ousmané Dembele oder Christian Pulisic. Selbst nach der Verletzung von Marco Reus ist kein Platz für Schürrle auf der linken Dortmunder Angriffsseite, seiner Lieblingsposition. Zuletzt wurde Schürrle immerhin als Backup für Mittelstürmer Pierre-Emerick Aubameyang des Öfteren eingewechselt.

Länderspielpause kommt zur rechten Zeit

Da kam die Länderspielpause gerade recht. Im Freundschaftsspiel gegen England durfte Schürrle am vergangenen Mittwoch eine halbe Stunde ran. Warmspielen für die wichtigen Aufgaben, so könnte man seine Einwechslung verstehen. Denn in Baku spielte der 26-Jährige erstmals seit dem 11. Oktober 2015 von Beginn an in der Nationalmannschaft und wusste zu überzeugen. Das 1:0 und das 4:1 erzielte er selbst, das 2:1 von Thomas Müller bereitete er mit einem feinen Pass vor. Zuvor war Schürrle so etwas wie der Edeljoker im deutschen Team, kam irgendwann in der zweiten Halbzeit immer von der Bank, um noch einmal für Wirbel zu sorgen.

Es gehört zu den Spezialitäten des Bundestrainers, Spieler, die in ihren Vereinen eine schwierige Phase durchmachen, in der Nationalelf wieder aufzubauen. So wie Müller, der unter Bayern-Trainer Carlo Ancelotti in dieser Saison auch keine feste Größe mehr ist, mit fünf Treffern in der WM-Qualifikation aber die interne deutsche Torschützenliste anführt. Oder so wie Joshua Kimmich, der bei den Bayern fast gar keine Rolle mehr spielt, als Nachfolger von Philipp Lahm in der Nationalelf auf der rechten Abwehrseite allerdings gesetzt ist. Der Einsatz in der Nationalelf wird dem Youngster neues Selbstvertrauen für die kommenden Wochen geben. "Es war für mich jetzt wichtig, wieder in den Rhythmus zu kommen", sagte Kimmich: "Jeder fühlt sich hier extrem wohl. Der André hat gezeigt, welch überragende Qualitäten er hat."

Eine von Löws größten Eigenschaften ist seine Loyalität gegenüber seinen "Problemkindern". Der Weltmeister-Trainer ist von den Qualitäten der Akteure überzeugt. So war er auch "nicht überrascht" von Schürrles Leistung in Baku — und war damit wohl ziemlich der Einzige. Jetzt hofft der Bundestrainer, dass Schürrle auch in der Bundesliga wieder zu seiner Form findet. "Er hatte zuletzt Probleme in Dortmund, aber er kam trotzdem mit Selbstbewusstsein zur Nationalmannschaft. Er hat sich im Training stark präsentiert. Ich hoffe, dass ihm das einen Schub für die nächsten Wochen in Dortmund gibt", sagte Löw am Sonntag. DFB-Präsident Reinhard Grindel lobte den Bundestrainer für sein Gespür. "Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass er eine Nase für Spieler hat, die sehr gut in Form sind", sagte Grindel.

Das nächste Länderspiel für die deutsche Nationalelf steht erst am 6. Juni an, dann reist der DFB-Tross zu einem Freundschaftsspiel nach Dänemark. Vier Tage später ist San Marino in der WM-Qualifikation zu Gast in Nürnberg. Dann dürften auch Schürrle und Kimmich wieder dabei sein, auch wenn sie in ihren Klubs weiterhin nur wenig Einsatzminuten erhalten sollten. Doch vielleicht denken Tuchel und Ancelotti nach den Auftritten ihrer Schützlinge in Baku um — viel falsch machen können sie damit jedenfalls nicht, wenn das Duo seine Leistungen aus der Nationalmannschaft kompensieren und auf die Bundesliga übertragen kann.

Löw selbst stellt allerdings keine Forderungen an die Klub-Trainer, auch wenn er sich wünscht, dass Kimmich bei den Bayern öfter zum Zuge kommt. "Vielleicht ändert sich die Situation im nächsten Jahr, wenn Philipp Lahm aufhört. Ich kenne die Pläne nicht genau. Es wäre schön, wenn Bayern auf der Position mit ihm planen würde." Löw tut dies ganz sicher.

(seeg)
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