WM-Finale gegen Argentinien Noch ein Schritt für die goldene Generation

Rio De Janeiro · Vor den Krönungsfeierlichkeiten steht ein wichtiger Satz. Philipp Lahm (30) hat ihn schon häufiger gesagt. Er lautet: "Wir sind erst dann eine goldene Generation, wenn wir einen Titel gewonnen haben."

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Mit Lahms Altersgenossen Bastian Schweinsteiger (29), Per Mertesacker (29) und Lukas Podolski (29) kehrte die DFB-Auswahl aus dem tiefen und schrecklichen Tal der Rumpelfußballer an die Weltspitze zurück. Jetzt steht die Generation Sommermärchen vor ihrer Vollendung. Morgen kann sie in Rio de Janeiro (21 Uhr MESZ/Live-Ticker) im Finale gegen Argentinien Weltmeister werden.

Es wird Zeit, denn die Hauptdarsteller des Sommermärchens sind in die Jahre gekommen. In die besten Fußballerjahre zwar, aber eindeutig auch schon in jene Karrierephase, in der das Ende absehbar ist. "Es ist gut möglich, dass es meine letzte WM ist", räumte Lahm bereits zu Turnierbeginn ein. Und das gilt sicher auch für die Kollegen Mertesacker, Podolski und Schweinsteiger. Auch wenn "Schweini" und "Poldi", die beiden Publikumslieblinge des Sommermärchens 2006, davon nichts wissen wollen.

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Podolski, dem auch Bundestrainer Joachim Löw überragende Fitness attestiert, sagte: "Ich bin gut drauf, das muss nicht die letzte WM sein." Und ausgerechnet Schweinsteiger, der sich durch die vergangenen Jahre von einer zur anderen Verletzungspause hangelte, stellte schon vor dem Halbfinale fest: "Ich kann sicherlich noch eine WM spielen, das beeindruckt mich überhaupt nicht." Dennoch gab er auch zu: "Mit 29 freut man sich über jedes Spiel." Bald ist er 30, dann freut er sich bestimmt noch mehr.

Jungs, es war mir eine Ehre. Danke für eine tolle Zeit ohne Eskapaden. V.a. Dir, Kevin! ;-) #GERARG #WorldCup2014 pic.twitter.com/sQ08WBH1l3

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Foto: Screenshot Instagram

Über die Vorfreude auf das erste WM-Finale in ihrer gemeinsamen Karriere reden Lahm und Schweinsteiger wie aus einem Munde. Sie sind die beiden aus der vermeintlich goldenen Generation, die morgen auf jeden Fall in der Startelf stehen werden. Und sie haben sich zusammen im Klubfußball schon unsterblich gemacht. Das dritte ihrer Champions-League-Endspiele gewannen sie mit dem FC Bayern München in London gegen Borussia Dortmund (2:1). Sie wissen also, wie man die Karriere vergoldet. Und sie wissen auch, dass es auf keinen Fall zwei weitere WM-Endspiele für sie geben wird.

Die Erfahrung aus großen, entscheidenden Spielen nehmen sie aber mit auf den Rasen von Maracanã, diesen Sehnsuchtsort der Fußball-Romantiker, in dem allen Unkenrufen zum Trotz auch nach dem Umbau noch ein Rest des alten Zaubers wohnt. Sie treffen allerdings auf einen Gegner, der ebenfalls weiß, wie sich die großen Spiele anfühlen. Lionel Messi, der Weltstar vom FC Barcelona, und Gonzalo Higuain (früher Real Madrid, heute SSC Neapel) lassen sich bestimmt weder von einer gigantischen Kulisse noch von der Aussicht auf den WM-Titel noch von einer deutschen Mannschaft in Bestform verunsichern.

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Foto: dpa, jhe

Javier Mascherano (30) schon gar nicht. Der Defensivmann vom FC Barcelona ist so etwas wie der Schweinsteiger der Argentinier. Er gilt als heimlicher Kapitän der Mannschaft und als begehrter Gesprächspartner von Trainer Alejandro Sabella. Sein Wort zählt. Und er sagte vor dem Endspiel und nach dem erfolgreichen Elfmeterschießen gegen Holland: "Wir haben noch keine Geschichte geschrieben." Das klang wie eine Drohung, und man hört geradezu den Kampfgeist. Den unterstrich er mit einer rettenden Grätsche gegen Arjen Robben in der Schlussminute, die sein Team vor dem Spiel um Platz drei bewahrte.

Die Deutschen wissen, was sie erwartet. "Das wird ein ganz anderes Spiel als das Halbfinale", erklärte Lahm. Das ist eine ziemlich sinnvolle Feststellung, denn Spiele wie das 7:1 gegen Brasilien gibt es wahrscheinlich nur einmal im Leben. Und Lahms spätberufener Außenverteidiger-Kollege Benedikt Höwedes hat in diesen Tagen ganz richtig bemerkt: "Wenn wir das Finale nicht gewinnen, redet niemand mehr vom Spiel gegen Brasilien."

Die DFB-Auswahl kann diese Sternstunde sicher nicht wiederholen, aber sie kann sie veredeln. Wenn sie den WM-Titel gewinnt, dann strahlt das 7:1 in der Vorschlussrunde noch heller. Geht sie als Verlierer vom Platz, bleibt auf jeden Fall die Generation Sommermärchen eine Generation der Unvollendeten. Deswegen hörte sich Lahms Wort zum Sonntag gestern auch schon wie eine Beschwörung an. "Wir wollen den Titel endlich nach Hause holen", sagte er, die Betonung lag auf "endlich". Und, natürlich, "wir sind total fokussiert". Das muss jeder am Tag einmal öffentlich sagen.

Für die Abergläubischen unter den deutschen Fußballern, also für alle, gab's dann noch ein gutes Zeichen. Eine Abordnung der Pataxó-Indianer kam mit Geschenken für die Spieler ins DFB-Medienzelt. Zu den Argentiniern sind sie nicht gefahren.

(RP)
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