Seit 1990 nur ein Sieg für DFB-Elf "Fluch des zweiten Spiels" geht auch in Fortaleza weiter

Düsseldorf/Fortaleza · Eine Halbzeit nüchtern, eine Halbzeit Wahnsinn – das 2:2 zwischen Deutschland und Ghana war ein besonderes Fußballspiel. Wer abergläubisch ist, dürfte über das Unentschieden kaum verwundert sein. Direkt auf einen Erfolg in einem Auftaktspiel folgte seit 1990 nur einmal ein weiterer.

Die schwierigen zweiten WM-Spiele seit dem Titel 1990
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Eine Halbzeit nüchtern, eine Halbzeit Wahnsinn — das 2:2 zwischen Deutschland und Ghana war ein besonderes Fußballspiel. Wer abergläubisch ist, dürfte über das Unentschieden kaum verwundert sein. Direkt auf einen Erfolg in einem Auftaktspiel folgte seit 1990 nur einmal ein weiterer.

Bei der Premiere war es noch ein Debakel mit Kalkül. 1954 spielte die deutsche Nationalmannschaft erstmals in einer Vorrundengruppe. Nach dem 4:1-Auftaktsieg gegen die Türkei hatte die DFB-Elf die seit vier Jahren ungeschlagenen Ungarn vor der Brust, den übergroßen Turnierfavoriten. Bei einer Niederlage winkte lediglich ein Entscheidungsspiel gegen die Türkei, was Bundestrainer Sepp Herberger nach dem überzeugenden ersten Auftritt nicht als Bedrohung empfand. Also schenkte er die Partie gegen Ungarn mit einer B-Elf ab. Das 3:8 ist bis heute Deutschlands höchste WM-Pleite, doch ein 7:2 im zweiten Türkei-Duell gab Herberger Recht.

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Um an einen "Fluch des zweiten Spiels" zu glauben, muss man nicht zwingend dazu neigen, Voodoo-Puppen im Mittelkreis zu vergraben. Während es von 1970 bis 1990 sechs Siege in Folge gab, hat die deutsche Nationalmannschaft seit ihrem letzten WM-Titel nur noch einmal das nunmehr berüchtigte zweite Gruppenspiel für sich entschieden. 2006 traf Oliver Neuville in der Nachspielzeit gegen Polen zum ekstatisch bejubelten 1:0. Ansonsten hat die DFB-Elf in den vergangenen 20 Jahren lediglich vier Unentschieden und eine Pleite (gegen Serbien 2010) zustandegebracht. Das 2:2 gegen Ghana am Samstagabend war Wasser auf die Mühlen aller Fluch-Verfechter.

Natürlich ist jedes WM-Spiel ein besonderes, die drei Euro ins Phrasenschwein sind hochverdient. Aber dieser zweite Auftritt hat eben seine unbestreitbaren Tücken — drin im Turnier, aber womöglich geblendet von den ersten 90 Minuten; das Weiterkommen vor Augen, aber das Ausscheiden noch im Hinterkopf. Und so sah man am Samstag gegen Ghana eine deutsche Mannschaft, die eine Halbzeit wohlüberlegt herunterspielte, um sich in der zweiten Hälfte einen Schlagabtausch zu liefern, den das Magazin "11Freunde" als "Fortaleza Chainsaw Massacre" bezeichnete.

Und so sieht Deutschlands Statistik in der Gruppenphase aus:

Seit 1990 laufen die WM-Gruppenphasen nahezu identisch für die DFB-Elf: Immer hat sie in diesem Zeitraum ihr Auftaktspiel gewonnen, immer hat sie auch Spiel drei für sich entschieden. Nur dieses verflixte zweite Spiel hat ein Faible für den Wahnsinn — selbst dann, wenn es wie gegen Polen vor acht Jahren mal ein Happy End gibt.

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2002 folgte auf das 8:0 gegen Saudi-Arabien ein 1:1 gegen Irland, eine Unkonzentriertheit in der Nachspielzeit kostete den Sieg. Auf die Ausnahme-Konstellation 2006 folgte vier Jahre später ein 0:1 gegen Serbien inklusive zahlreicher Chancen, überflüssigem Platzverweis für einen übermotivierten Miroslav Klose und verschossenem Elfmeter durch Lukas Podolski. Trotz des furiosen Auftaktsieges gegen Australien (4:0) stand die Mannschaft von Joachim Löw vor dem Aus.

Rein statistisch können sie es sich erlauben, den "Fluch des zweiten Spiels" wegzulächeln. In Spiel drei gab es seit 20 Jahren kein Gegentor, ein Punkt reicht gegen die USA auf jeden Fall. Ein Sieg sollte dennoch der Anspruch sein. Denn Risikospielchen waren allenfalls ein Herberger-Ding anno 1954.

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