Großkreutz, Draxler und Co. Wer wird der neue Günter Hermann?

Düsseldorf · Günter Hermann gilt seit der WM 1990 als Synonym für den Nationalspieler, der bei der Endrunde nicht zum Einsatz kommt. 2014 könnten gleich vier Feldspieler in seine Fußstapfen treten.

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Günter Hermann kann die Frage nicht mehr hören. Schlimmer: Der heute 53-Jährige wird fast schon wütend, wenn man ihn auf seine Rolle bei der WM 1990 anspricht. Und will auch eigentlich gar nicht mehr darüber reden. Denn seit damals gilt der frühere Profi von Werder Bremen als Synonym für den WM-Touristen. Also den Nationalspieler, der bei der gesamten Endrunde ohne Einsatz bleibt.

"Natürlich hat man mich gebraucht, ich war Teil eines erlesenen 22-Mann-Kaders und Teilnehmer einer WM. Wenn man mich nicht gebraucht hätte, wäre ich gar nicht mitgefahren", sagte Hermann zuletzt in einem seiner seltenen Interviews. "Solche Fragen stellt man sich nur in Deutschland, in Italien ist jeder, der Teil eines siegreichen WM-Kaders war, auch Weltmeister."

Nicht nur Hermann war ohne Einsatz

Es verwundert in der Tat nicht nur Hermann selbst ein wenig, dass ausgerechnet er immer wieder als Bankdrücker-Beispiel angeführt wird. Denn schließlich hatte er nicht nur zahlreiche Vorgänger und Nachfolger. 1990 in Italien waren neben Hermann nämlich auch Paul Steiner und Frank Mill hauptsächlich dafür zuständig, im Training Vollgas zu geben und gute Laune zu verbreiten.

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In Brasilien schicken sich gleich vier Feldspieler an, in Hermanns Fußstapfen zu treten. Etwas überraschend sind Kevin Großkreutz und Erik Durm bislang noch ohne jede Spielminute. Denn immerhin wären die beiden Dortmunder für die rechte und linke Abwehrseite in Frage gekommen, die bis ins Achtelfinale hinein Gegenstand der Dauer-Diskussionen um die sture Taktik von Bundestrainer Joachim Löw waren.

Vor allem Durms Ersatzrolle überraschte, weil sich Benedikt Höwedes als gelernter Innenverteidiger mehr schlecht als recht auf links durch das Turnier stolperte. Das Viertelfinale gegen Frankreich war allerdings Höwedes' bestes Spiel. Großkreutz kam auf der rechten Seite zunächst nicht an Jerome Boateng vorbei. Als der Münchner sich gegen Ghana verletzte und Mats Hummels im Achtelfinale gegen Algerien erkältet ausfiel, durfte statt Großkreutz Shkodran Mustafi ran. Gegen Frankreich zog Löw es schließlich vor, direkt auf Philipp Lahm zu setzen.

Es ist natürlich reine Spekulation, dass Großkreutz' Döner- und Hoteleskapaden vor der WM bei der Reservistenrolle eine Rolle spielen. Einen kleinen Beigeschmack hat es indes schon.

Der Schalker Julian Draxler galt nach einer eher schwachen Saison sowieso lange als Streichkandidat, kämpfte sich dann aber doch irgendwie in den 23er-Kader. Und seitdem gegen derzeit noch zu große Konkurrenz im offensiven Mittelfeld. Auch Matthias Ginter wird mit seinen 20 Jahren glücklich genug sein, die Erfahrung als Ersatzspieler machen zu dürfen. Im Abwehr-Zentrum wäre er nur noch bei Verletzungen eine Alternative.

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Spezielle Rolle der Torhüter

Neben den Feldspielern drohen auch die Torhüter Roman Weidenfeller und Ron-Robert Zieler ohne Einsatz zu bleiben. Allerdings ist die Rolle der Ersatzkeeper tatsächlich grundsätzlich nur darauf ausgelegt, in ganz großen Ausnahmefällen einzuspringen.

Ein Ausnahmefall wäre ein eventuelles Spiel um Platz drei. In das Duell der Verlierer musste die deutsche Nationalmannschaft bei den vergangenen beiden Turnieren. 2006 beim Sommermärchen in Deutschland nutzte der damalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann, 2010 Löw in Südafrika die Chance, den Reservisten Einsatzzeit zu gönnen.

Das Resultat: Sowohl 2006 und 2010 kamen alle Feldspieler zum Einsatz und in Oliver Kahn und Hans-Jörg Butt sogar auch zwei Ersatztorhüter. Ohne Einsatz blieben so nur Timo Hildebrand und Tim Wiese.

Dass Großkreutz und Co. deshalb auf eine Niederlage der deutschen Nationalmannschaft im Halbfinale gegen Brasilien hoffen, kann man getrost ausschließen. Denn auch ohne jede Einsatzminute wären sie am Ende möglicherweise Weltmeister.

Wie Günter Hermann auch.

(are)
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