WM in Brasilien Deutschland wird wieder Weltmeister - rein rechnerisch

Düsseldorf · Die Wahrscheinlichkeit, dass Deutschland bei der Weltmeisterschaft in Brasilien den Titel holen wird, liegt bei exakt 20,33 Prozent. Das mag erst einmal wenig erscheinen, weil ja dann knapp 80 Prozent gegen einen Triumph sprächen.

Doch Professor Metin Tolan, der an der Technischen Universität zu Dortmund Experimentelle Physik lehrt und die komplizierte Titelrechnerei angestellt hat, beruhigt: Mit 20,33 Prozent liegt das deutsche Team in seiner Tabelle der wahrscheinlichen Weltmeister auf Platz eins, gefolgt von den Niederländern (18,61 Prozent), England (11,67), Bosnien (11,34) und Ghana (10,96). Danach wird es rechnerisch trostlos. Und man traut sich kaum zu sagen, dass die Chancen der Spanier - die ja auch keinen ganz so schlechten Fußball spielen - bei deprimierenden 0,65 Prozent liegen.

Um dies nachvollziehen zu können (wozu kaum ein Fußballexperte bereit sein dürfte), sollte man den Gedanken von Professor Tolan noch ein wenig folgen. Der nämlich begreift jede Fußballmannschaft als eine Art radioaktive Quelle, nur dass sie keine Strahlung abgibt, sondern Tore. Mit Hilfe der sogenannten Poisson-Verteilung kann dann errechnet werden, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Spiel mit einer Gesamtzahl von Toren endet. Grundlage für jede Mannschaft waren die geschossenen Tore in der WM-Qualifikation; und da Brasilien als Gastgeber nicht teilnahm, wurde in diesem Fall die Trefferzahl im Confed Cuo berücksichtigt. Und dann beginnt die Simulation: Per Zufallsgenerator errechnet man mit der Poisson-Verteilung eine Zahl von Toren, die eine Mannschaft erzielt; und da zu einem Spiel immer noch zwei Teams gehören, macht man das Gleiche auch für den Gegner.

Da der Zufall bedeutsam ist, wird das Turnier etwa 100 000 Mal am Computer durchgespielt, und wenn Deutschland dabei dann 20 000 Mal siegt, liegt der wahrscheinliche Titelgewinn bei besagten 20 Prozent. Bleiben noch die übrigen 80 Prozent. Dazu meint der Physiker: Das Durchschnittsteam einer fiktiven Weltmeisterschaft hat - unter vielen gleich starken Teams - lediglich eine Titel-Wahrscheinlichkeit von 1/32 = 0,03125 - und das sind genau 3,12 Prozent. Deutschland - und das ist die beruhigende Botschaft dieser Tage - hat also eine 6,5-fach höhere Wahrscheinlichkeit, den Weltmeisterschaftstitel in Brasilien zu gewinnen. Nur sieben der teilnehmenden Teams liegen besser als der errechnete Durchschnitt.

Eine Schwäche dieser Rechnerei: Es ist ein reines Offensivmodell; die Spielstärke wird darüber definiert, Tore zu erzielen, große Abwehrleistung hingegen bleibt unberücksichtigt. Das sollte uns wiederum eine Lehre sein: dass Angriff schon immer die beste Verteidigung war.

(RP)
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