WM-Teilnehmer Dem Iran gehen die Gegner aus

Düsseldorf · Die Nationalmannschaft würde gerne ihre Form für die Fußball-WM testen. Aber ihre Testspielgegner wollen nicht mehr gegen sie antreten. Es ist ein Beispiel, wie die Politik in den Sport hineinragt.

WM-Teams 2018: Diese Mannschaften haben sich qualifiziert
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Diese Mannschaften sind für die WM 2018 qualifiziert

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Mit Spanien (Weltmeister 2010), Portugal (amtierender Europameister) und Marokko hat der WM-Teilnehmer Iran bei dem Turnier in Russland eine Gruppe erwischt, die es zweifellos in sich hat. Dass das Team von Nationaltrainer Carlos Queiroz mehr als die drei Vorrundenspiele absolvieren wird, ist höchst unwahrscheinlich. Um dennoch einigermaßen mithalten zu können, ist eine gute WM-Vorbereitung unabdingbar. Doch während große Fußballnationen wie Deutschland oder Frankreich ihre Vorbereitung und Testspiele gezielt planen können, hat der Iran bereits damit zu kämpfen, vor dem WM-Beginn überhaupt Testspielgegner zu finden.

Am Samstag sollte eigentlich ein Testspiel gegen Griechenland stattfinden. Doch die Griechen sagten ab. Als Alternative kam ein Test gegen Kosovo infrage, aber auch die Kosovaren sagten ab. Irans Fußballverband (FFI) legte bei der Fifa daraufhin Beschwerde ein und brach die Beziehungen zum griechischen Verband vorläufig ab.

Doston Tursunov aus Usbekistan (Mitte links) und der Iraner Reza Ghoochan Nejad (rechts daneben) während eines Freundschaftsspiels im Azadi-Stadion von Teheran.

Doston Tursunov aus Usbekistan (Mitte links) und der Iraner Reza Ghoochan Nejad (rechts daneben) während eines Freundschaftsspiels im Azadi-Stadion von Teheran.

Foto: AP/Ebrahim Noroozi

Die Sorgenfalten auf der Stirn des iranischen Nationaltrainers Queiroz, der das Team seit 2011 trainiert, dürften dadurch aber nicht weniger geworden sein. Denn in knapp zwei Wochen ist WM-Beginn, der Iran trifft am 15. Juni auf Marokko. Der Portugiese Queiroz kritisierte die schwierigen Bedingungen seiner Mannschaft nach den beiden Absagen. „Die Kritiker reden viel, obwohl auch sie genau wissen, dass keiner gegen uns spielen will. Der Iran hat nun mal (politische) Probleme“, sagte der Ex-Trainer von Real Madrid (2003/04) und langjährige Co-Trainer von Manchester United im Trainingslager in Istanbul laut der iranischen Nachrichtenagentur „Mehr“ mit Blick auf die politischen Querelen.

In perfekter diplomatischer Manier versuchte er dann, dem Ganzen aber noch etwas Positives abzugewinnen. Die Situation sei zwar nicht optimal, habe die Mannschaft aber weiter zusammengeschweißt, ergänzte Queiroz.

Wie nah Sport und Politik im Iran beieinander liegen, wurde im vergangenen Jahr deutlich, als der Kapitän der Nationalmannschaf sowie der Stellvertreter aus dem Team ausgeschlossen wurden, weil sie mit ihrem griechischen Verein Panionios Athen in der Europa-League-Qualifikation gegen eine israelische Mannschaft gespielt hatten. Aufgrund der politischen Spannungen zu Israel ist es iranischen Sportlern verboten, gegen Israelis anzutreten. Die beiden Spieler hätten die rote Linie überschritten, teilte der Vizesportminister damals mit. Der internationale Druck, der daraufhin folgte, zeigte aber offenbar Wirkung. Der iranische Fußballverband teilte der Fifa anschließend mit, die beiden Spieler seien entgegen der Äußerungen des Sportministeriums nicht gesperrt. Für den vorläufigen WM-Kader hat Nationaltrainer Queiroz beide auch nominiert.

Nur zwei Testspiele konnte sein Team, zu dem auch der ehemalige Bundesligaprofi Ashkan Dejagah (Hertha BSC, Wolfsburg) gehört, im Trainingslager bestreiten, gegen Usbekistan (1:0) und eine türkische B-Elf (1:2). Gegner, die allerdings wenig mit dem Niveau der drei WM-Gegner zu tun haben. Am kommenden Freitag soll der WM-Teilnehmer von 1978, 1998, 2006 und 2014 gegen Litauen spielen.

In Russland scheinen für den 36. der Weltrangliste aber zumindest die Bedingungen besser zu werden als noch vor vier Jahren in Brasilien. Damals bemängelte Queiroz nach den ersten Einheiten die langen Wege zum Trainingsplatz. Vom Team-Hotel bis zum Stadion habe das Team jeden Morgen zweieinhalb Stunden gebraucht. Zustände, die man bei einem WM-Teilnehmer eigentlich nicht erwartet. Wie ungleich die Voraussetzungen für die 32 Mannschaften teilweise aber sind, wurde damals auch bei der Unterbringung der Teams deutlich. Während sich der DFB in Brasilien für seinen Tross einfach eine neue Unterkunft baute, wohnten die Iraner in einem Flughafenhotel. In Russland sind die Iraner nun auf dem Trainingsgelände vom russischen Meister Lokomotive Moskau untergebracht. Der Weg zum Trainingsplatz dürfte also nicht so weit sein.

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