Tägliche Kolumne Bonhof - Weltmeister als Experte

Düsseldorf (RP). Rainer Bonhof wurde 1974 als Spieler Weltmeister und war beim DFB Trainerassistent. Ab morgen schreibt der Vizepräsident von Borussia Mönchengladbach in dieser Zeitung täglich eine Kolumne zur WM in Südafrika.

 Rainer Bonhof wurde 1974 mit Deutschland Weltmeister, 2010 schreibt er für unsere Redaktion eine tägliche Kolumne.

Rainer Bonhof wurde 1974 mit Deutschland Weltmeister, 2010 schreibt er für unsere Redaktion eine tägliche Kolumne.

Foto: RPO, Kerstin de Haas

Diese Szene fehlt in keinem deutschen WM-Rückblick. Rainer Bonhof ist einer der Hauptdarsteller. Er fliegt mit dem Ball am Fuß über den rechten Flügel, lässt einen holländischen Abwehrspieler einfach stehen und passt in die Mitte. Dort wartet Gerd Müller, der zweite Hauptdarsteller, und tut das, wofür er berühmt war: Er schießt ein Tor. Das wichtigste seiner Laufbahn. Es ist das 2:1 im Finale der Weltmeisterschaft 1974, und es bedeutet den Titel.

"Fläschchen aufgemacht"

Für Bonhof, den damals 22-Jährigen, geht ein Traum in Erfüllung. Schließlich hatte er nicht einmal erwartet, zu Helmut Schöns Kader zu gehören. Es war noch nicht die Zeit, in der jeder 20-Jährige, der in vier Spielen hintereinander drei gute Pässe gespielt hatte, automatisch eine Einladung zur Nationalelf bekam. Deshalb sagt Bonhof im Rückblick: "Ich war sehr überrascht und hab dann erst mal ein Fläschchen aufgemacht."

Der Form war das offenbar nicht abträglich. Denn Bonhof ging mit einem echten Fitnessvorsprung in die Vorbereitung aufs Turnier. Dafür sorgte sein Urlaubspartner Berti Vogts. Weil der Mönchengladbacher Kollege sicher von einer Nominierung ausgehen konnte, jagte er täglich zu Ausdauerläufen durch die Gegend um Monte Carlo. "Ich bin mitgelaufen", erklärt Bonhof, "da war er nicht so allein."

Das zusätzliche Training zahlte sich aus. Als die Bundesrepublik Deutschland nach einer schwachen Vorrunde und einer 0:1-Niederlage gegen die DDR zur Zwischenrunde einen Neuanfang machen musste, stand Bonhof plötzlich im Team. "Ich weiß das noch wie heute", sagt der gebürtige Emmericher, "Helmut Schön fragte mich: Trauen Sie es sich zu, gegen Jugoslawien zu spielen? Und ich hab gesagt: Deshalb bin ich eigentlich hier."

"Es hatte sich was bewegt"

Mit Bonhof wurde die deutsche Elf dynamischer und gleichzeitig sicherer im defensiven Mittelfeld. Er schoss im besten Zwischenrundenspiel gegen Schweden (4:2) ein Tor, und er stemmte sich mit den Kollegen in einer 45-minütigen Abwehrschlacht erfolgreich gegen die Holländer. "Erst nach dem Finale, als wir vom Stadion zum Bankett gefahren sind, haben wir gemerkt, was in Deutschland los war", sagt Bonhof, "es hatte sich was bewegt im Land, das ist dir erst da bewusst geworden."

So richtig bewusst wurde es dem jungen Weltmeister bei der Heimfahrt ins beschauliche Emmerich. Fans aus dem ganzen Kreis Kleve hatten seine Heimatadresse in "Rainer-Bonhof-Straße" geändert, ein vielhundertköpfiges Empfangskomitee hatte sich zur fürsorglichen Belagerung des Hauses entschlossen. "Ich habe den Hintereingang genommen, aber auch da haben sie mich erwischt", erklärt der heutige Vizepräsident von Borussia Mönchengladbach. Zwei Tage später, beim offiziellen Empfang der Stadt, hielt nicht mal die solide Rathaus-Freitreppe dem Ansturm stand, sie stürzte mitten in den Feierlichkeiten teilweise ein. Zu Schaden kam niemand. "Die Musikkapelle nebenan hatte eine gute Reaktion, es ging nur eine Trommel kaputt."

"Spaß gemacht hat jeder Job"

Für Bonhof ist der Titelgewinn ein früher Höhepunkt seines Lebens, das weitgehend aus Fußball besteht. Er wurde mit Borussia Mönchengladbach Meister, Pokalsieger und Uefa-Cup-Gewinner, er holte mit dem FC Valencia den spanischen Pokal und wurde mit dem 1. FC Köln deutscher Vizemeister. Als Trainerassistent von Berti Vogts wurde er Europameister. Mit Vogts arbeitete er für das Nationalteam Schottlands, als Scout diente er dem FC Chelsea. "Spaß gemacht hat jeder Job", versichert Bonhof, "ich habe es nie bereut, Fußballer zu sein. Ich bin dankbar dafür, dass der Fußball mir die Gelegenheit gegeben hat, so viel von der Welt zu sehen. Das wäre mir in meinem eigentlichen Beruf als Schlosser nie gelungen. Da wär ich wahrscheinlich 14 Mal nach Ameland in Urlaub gefahren."

Die Reisejahre scheinen jedoch vorbei zu sein. "Ich bin sehr heimatverbunden", beteuert der ehemalige Mittelfeldspieler, "deswegen habe ich mein Haus in Mönchengladbach behalten, der Weg hat mich immer wieder zurück geführt." Zum Glück für die Borussia, die nun einen Mann mit hoher Fußballkompetenz im Vorstand hat. Auch diesen Job macht Bonhof nicht nebenbei. "Ich muss präsent sein", sagt er, "dafür bin ich gewählt." Seine Kollegen im Präsidium hören das gern. Und nicht nur sie.

(RP)
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