Abschied nach WM-Halbfinale So lief der letzte TV-Kommentar von Bela Rethy

Meinung | Doha · Das WM-Halbfinale zwischen Frankreich und Marokko war das letzte Live-Spiel von Bela Rethy als Kommentator. Vor dem Spiel hatte er einen besonderen Wunsch.

Das sind die Netzreaktionen zu Béla Réthys letztem Spiel
Infos

Die Netzreaktionen zu Béla Réthys letztem Spiel

Infos
Foto: dpa/Robert Michael

Es war ein besonderer Abend für Béla Rethy. Der Kultkommentator des ZDF feierte am Mittwoch seinen 66. Geburtstag. Und während bekanntlich das Leben in diesem Alter erst so richtig anfängt, stimmt schon eine andere Zeile des Gassenhauers von Udo Jürgens in Bezug auf Rethy nicht mehr: für ihn ist mit 66 Jahren jetzt definitiv Schluss. Das WM-Halbfinale in Katar zwischen Frankreich und Marokko war für ihn die letzte Live-Reportage seiner langen Karriere.

Und auch an diesem Abend blieb sich Rethy treu. Er kommentierte in seiner gewohnt sonoren Stimme, redete viel (Sandro Wagner noch mehr), manchmal etwas am Thema vorbei („Wenn du unter Simeone bei Atlético Madrid spielst, grätscht du morgens auch den Postboten weg“). Aber auch in seinem letzten WM-Spiel funktionierte das Zusammenspiel mit seinem Co-Kommentator Wagner wieder anständig. Und das, obwohl der Ex-Profi Rethy nur eine Tüte Gummibärchen zum Ehrentag schenkte. Frechheit!

Rethy selbst hatte ohnehin seine eigenen Wünsche. „Ich wünsche mir, dass Marokko lange sportlich mithält, wir fünf bis sechs Tore zu sehen bekommen, das Spiel trotzdem nach 90 Minuten beendet ist und wir danach noch eine ordentliche Tasse Pfefferminztee bekommen“, scherzte er noch vor dem Anpfiff des Halbfinals.

Zum Abschied: Die besten und kuriosesten Momente von Béla Réthy
23 Bilder

Die besten, lustigsten und kuriosesten Momente von Béla Réthy

23 Bilder
Foto: dpa/Axel Heimken

Und es schien, als hätte jemand die Spieler vor dem Anpfiff über diesen Wunsch informiert. Schon nach fünf Minuten klingelte es das erste Mal, Frankreich ging durch Theo Hernandez in Führung. Als Rethy kurz darauf die Geschichte des Linksverteidigers nacherzählte, der schließlich erst aufgrund der Verletzung seines Bruders Lucas („Spielt bekanntlich beim FC Bayern“) in die Mannschaft gerückt ist, folgte einer dieser speziellen Dialoge zwischen ihm und Wagner, die die beiden in den vergangenen Wochen des Öfteren geführt haben. Wagner: „Hast du auch n Bruder, der dich ersetzen kann?“ Rethy: „Nee, bin Einzelkind.“ Wagner: „Schade für das ZDF.“

Schade war dann, dass das Spiel dem Duo recht wenig bieten konnte. Réthy, seit 1986 bei allen Fußball-Weltmeisterschaften für das ZDF im Einsatz, seit 1994 als Live-Reporter bei allen großen Turnieren, störte das aber wenig. Er wiederholte einfach diverse Fakten mehrfach („Giroud, vier Tore hat er schon erzielt“) und sah dann im Mittelfeldgeplänkel „die beste Phase des Spiels“, in der Wagner Rethy bescheinigte, ähnlich wie Antoine Griezmann und Co. „alles zu können“.

Das traf aber auch auf die Marokkaner zu. „Ein Innenverteidiger!“, ließ Rethy kurz vor der Pause aus dem Sattel gehen, als Jawad El Yamiq mit einem akrobatischen Fallrückzieher fast der Ausgleich gelang, aber nur den Pfosten traf. „Der Weltmeister führt, der Weltmeister ist gefordert. Aber die Welt dreht sich weiter, das heute-Journal wartet“, war Rethys kurzes Halbzeitfazit „einer guten Partie“, in der er eine gewisse Sympathie gegenüber dem Außenseiter ausdrückte. „WM ist ein bisschen wie Pokal“, so Rethy, der gewissenhaft auch auf das Angebot der hauseigenen Mediathek verwies.

Damit hatte er nicht ganz unrecht, denn der Underdog aus Marokko machte es den Franzosen in der zweiten Halbzeit schwer. Die wenigen Spielpausen nutzte „Ich-wäre-Umschalttrainer“-Rethy im Zusammenspiel mit Wagner für kleinere Witze - auch auf dem Rücken von Weltstars wie Kylian Mabppé – wie: „Wenn man schon keinen Goldenen Schuh bekommt, dann kauft man sich eben einen.“ Wagner befand zurecht: „Bela, es macht Spaß mit dir.“

Kaum zu glauben, dass es tatsächlich das letzte Spiel war – aber immerhin ging Rethys Wunsch in Erfüllung: Marokko hielt lange mit, das Spiel war trotzdem nach 90 Minuten beendet. „Sa fini“. So wie seine Karriere. Hoffentlich bekam der Kult-Kommentator dann auch noch seinen Pefferminztee. Bleibt nur noch die Frage: Wer ist Favorit im Finale? „Ich hätte aus rein menschlichen Gründen nichts dagegen, wenn Messi den Titel holt“, sagte Rethy. Aber Favorit sei Frankreich, die Mannschaft habe er seit dem ersten Gruppenspiel schließlich genau beobachtet.

Das ZDF würdigte den Reporter nach der Partie unter anderem mit einem Beitrag des Kollegen Nils Kaben, der nach der Live-Übertragung des Spiels gezeigt wurde und Szenen aus der 40-jährigen Karriere Réthys umfasste. „Mit dir geht ein Stück Seele des ZDF-Sport“, sagte der Autor zum Endes des Beitrags.

Im Studio würdigten die ehemaligen Nationalspieler Per Mertesacker und Christoph Kramer die Leistung des Journalisten. Mertesacker stimmte ein Abschiedslied an und sang mit den Zuschauern: „Es gibt nur ein Béla Réthy!“ Diesen Cringe-Moment (so sagt das die Nachfolger-Nachfolger-Generation von Rethy heutzutage) lassen wir einfach mal so stehen.

(dör)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort