Schweizer kandidiert erneut Aus Blatter soll der ewige Fifa-Chef werden

Sao Paulo · Joseph Blatter hat es nun offiziell ausgesprochen: Er will Fifa-Chef bleiben. Auch die Funktionäre des Weltverbandes sind gegen Erneuerung und lehnen beim Kongress Alterslimit und Amtszeitbeschränkung ab. Die ohnehin umstrittene Demokratiereform bleibt damit unvollendet.

Fernanda Lima moderiert den Fifa-Kongress
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Foto: dpa, gln sam ks

Joseph Blatter hat seinen ungebrochenen Willen zur Macht nun auch offiziell bekundet. Der Fifa-Präsident will 2015 für eine weitere Amtszeit antreten. In seiner Schlussansprache beim Kongress in Sao Paulo rief er den Delegierten zu: "Meine Mission ist nicht beendet, das sage ich Ihnen." Aus dem Auditorium erntete der Schweizer Applaus. "Ich bin bereit, Sie nach vorne zu bringen. Wir werden eine neue Fifa errichten", sagte der 78-Jährige.

Blatter führt den skandalumwitterten Weltverband seit 1998. Wird er beim Kongress am 29. Mai 2015 in Zürich als Fifa-Chef bestätigt, würde er seine fünfte Amtszeit antreten.

Blatter bezeichnet Gegenwind als "respektlos"

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Die Fifa steht damit vor konfliktreichen Zeiten, denn die Vertreter aus Europa hatten den Schweizer am Vortag in bislang nicht gekannter Deutlichkeit zum Abschied aufgefordert. Dies bezeichnete Blatter als größte Respektlosigkeit, "die ich je erlebt habe". Uefa-Präsident Michel Platini will im September erklären, ob er kandidieren wird. Aus den anderen fünf Konföderationen erhielt Blatter Unterstützung für seine Pläne. Die Stimmen dieser Verbände würden ihm für einen Wahlsieg reichen.

Der Kongress in Sao Paulo am Vorabend des WM-Anpfiffs war kein Signal für eine Erneuerung des Weltverbandes. Bei ihrer Dauersitzung kippten die 209 Delegierten die letzte Stufe der viel diskutierten Demokratiereform. Auch künftig wird es für die Funktionäre damit weder ein Alterslimit noch eine Beschränkung der Amtszeiten im höchsten Fußballgremium geben. Die Mehrheit war so deutlich, dass die per Handzeichen abgegebenen Stimmen nicht eimal ausgezählt werden mussten. Das Ergebnis ist eine bittere Niederlage für das deutsche Fifa-Exekutivmitglied Theo Zwanziger. Der frühere DFB-Präsident gilt als Architekt der Reform und hatte kurz vor der Abstimmung noch vor den Delegierten für eine Amtszeitbeschränkung geworben.

Nach der Abstimmung wollte Zwanziger sich nicht als Verlierer präsentieren. "Ich bin froh über das, was wir erreichten haben. Das ist mehr, als ich mir vorstellen konnte. Ich bin zufrieden", sagte er. "Wir haben als DFB bei den Fragen Amtszeit- und Altersbegrenzung klar dafür gestimmt", sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, gehörte damit aber zur Minderheit im Auditorium des Transamerica Centers, wo sich die Sitzung über mehrere Stunden hinzog. Ein angedachtes Modell mit drei Amtszeiten a vier Jahren - über das die Delegierten als zweitem Schritt im kommenden Jahr hätten abstimmen sollen - ist damit schon vorab vom Tisch. "Es hätte wohl im nächsten Jahr ohnehin keine erforderliche Dreiviertelmehrheit gegeben", sagte Zwanziger.

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Chefermittler liefert neue Informationen

Der Wille zur Veränderung oder externen Kontrolle bleibt in der Fifa also äußerst begrenzt. Kurz vor der heiklen Abstimmung hatten sich die Funktionäre eine Rede von Chefermittler Michael Garcia anhören müssen. Und der Amerikaner hatte Neuigkeiten parat. Bei seiner Untersuchung der Korruptionsvorwürfe um die Vergaben der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 hat er auch Zugriff auf die Dokumente der "Sunday Times".

"Die große Mehrheit dieses Materials stand uns zur Verfügung. Es wurde und wird untersucht. Wir haben die Quelle kontaktiert und sind zuversichtlich, vollständigen Zugang zum kompletten Daten-Set zu bekommen", sagte der Amerikaner in seiner Gastrede beim 64. Fifa-Kongress in Sao Paulo. Die britische Zeitung hatte zuletzt mit Enthüllungen über angebliche Bestechung von Fifa-Funktionären durch den Katarer Mohamed bin Hammam für Aufsehen gesorgt.

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Aussagen über konkrete Ermittlungsergebnisse oder Verdachtsmomente gegen Fifa-Funktionäre machte Garcia wie erwartet nicht. Eine der Sunday-Times-Autorinnen twitterte am Mittwoch unter Berufung auf Informationen aus dem Garcia-Umfeld, dass angeblich alle WM-Bewerber für 2018 und 2022 die Regeln in kleinerem oder größerem Ausmaß gebrochen hätten. Garcia hatte den Bericht am Montag abschließen wollen, sprach aber nun davon, dass es noch weitere Informationen geben könnte.

Mit einer energischen Ansprache hat Blatter die Delegierten des 64. Fifa-Kongresses begrüßt und zu ethisch und moralisch unantastbarem Handeln aufgefordert. Seine Zukunftspläne hatte er da noch nicht erwähnt. Er verlegte die Botschaft an das Ende, damit kein Delegierter mehr das Wort gegen ihn ergreifen konnte.

"Jeder Mensch hat die Wahl, seinen Weg einzuschlagen, egoistisch zu handeln oder nicht", sagte Blatter zum Auftakt in Sao Paulo. Die Fifa müsse eine besondere soziale Aufgabe erfüllen, sagte er. "Wir formen die Gesellschaft", sagte der Schweizer.

Blatter überraschte und verwirrte aber auch mit entrückten Aussagen, mit denen er offenbar die Bedeutung des Fußballs herausheben wollte: "Wir fragen uns, ob unser Spiel auch auf anderen Planeten gespielt wird. Wir werden nicht nur eine WM haben, sondern interplanetarische Wettbewerbe."

(dpa)
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