WM 2014 Italiens Räuber Hotzenplotz will es noch mal wissen

Manaus/Düsseldorf · Der Klassiker zwischen England und den Azzurri ist der Höhepunkt des WM-Wochenendes. Die Briten sind angriffslustig.

 Andrea Pirlo ist der wichtigste Spieler der italienischen Nationalmannschaft.

Andrea Pirlo ist der wichtigste Spieler der italienischen Nationalmannschaft.

Foto: dpa

Andrea Pirlo will es noch mal wissen. Er war Weltmeister, Champions-League-Sieger, fünfmal italienischer Meister und hat damit alle wichtigen Titel gewonnen. Er gilt als Architekt und stiller Anführer und wird als "Räuber Hotzenplotz" bezeichnet, seit er sich im Spätherbst seiner Karriere jenen furchterregenden Vollbart wachsen ließ.

Andrea Pirlo hat sich den Respekt erarbeitet. Davon erzählen inzwischen auch die Falten in seinem markanten, kantigen Gesicht, das vom Leistungssport auf höchstem Niveau gezeichnet ist. Die 35 Jahre sieht man ihm an, und heute Abend nach dem Spiel gegen England wird er wahrscheinlich noch älter aussehen.

Denn die Begegnung findet in Manaus statt, dort, wo niemand spielen wollte. Die 30 Grad Wärme wären durchaus verträglich, doch aufgrund der Luftfeuchtigkeit von 90 Prozent sind sie ebenso ein Problem wie der braune, sandige, trockene Rasen. Diese Bedingungen ängstigen Andrea Pirlo nicht. "Wenn es schlimm ist, ist es für beide Mannschaften schlimm", sagt er.

Der überragende Techniker mit präzisem Schuss ist bislang überall zurecht gekommen, war überall erfolgreich, ob in Brescia, Mailand oder Turin. Ihn interessiert nur eines: "Ich spiele immer, um zu gewinnen." Das allerdings überrascht ebenso wenig wie seine Aussage: "Italien kann Weltmeister werden."

WM 2014: Die Spitznamen der 32 WM-Teilnehmer
34 Bilder

Die Spitznamen der 32 WM-Teilnehmer

34 Bilder

Dazu wäre ein Sieg Italiens zum Auftakt gegen England ein erster Schritt. Der Klassiker ist zumindest vom Papier her der Kracher des Wochenendes. Die beiden großen Fußball-Nationen weisen in ihren Treffen eine nahezu ausgeglichene Bilanz auf (acht Siege für England, neun für Italien, sieben Unentschieden) - allerdings gibt es einen feinen Unterschied: Die drei besonders wichtigen Begegnungen haben die Azzurri allesamt für sich entschieden. Bei der EM 1980 gewannen sie 1:0, bei der WM 1990 das Spiel um Platz drei mit 2:1 und bei der EM 2012 das Viertelfinale 4:2 nach Elfmeterschießen. Dabei düpierte Pirlo den englischen Keeper nicht nur mit einem Panenka-Heber, sondern avancierte zum "Man of the Match".

Die Engländer wollen ihn diesmal ausschalten, zumindest seine Kreise stören; sie wollen Revanche, zumindest aber nicht verlieren, um die Chance in der "Todesgruppe", der zudem Uruguay und Costa Rica angehören, zu wahren. "Pirlo ist ein fantastischer Spieler", sagt Wayne Rooney. "Aber wir haben auch großartige Spieler und sind besser als vor zwei Jahren, daher sollten sie sich mehr um unser Team sorgen."

Roy Hodgson, der Coach der Briten, hat aus der bitteren Niederlage vor zwei Jahren die Lehren gezogen und sein taktisches Konzept geändert. Er will die defensivstarken Italiener nicht mehr mit deren Waffen schlagen, sondern wieder Tore sehen: "Wir werden angreifen. Italien wird sich wundern."

Aber auch diese Ankündigung schreckt Andrea Pirlo nicht. Der Routinier hat ein großes Ziel: Er möchte bei seinem Abschied aus der Nationalmannschaft noch einmal den Pokal in Händen halten, zum zweiten Mal.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort