WM-Play-offs Frankreich hofft auf ein Wunder

Paris/Düsseldorf · Der Equipe Tricolore droht in den WM-Playoffs gegen die Ukraine das Aus.

WM-Play-offs: Frankreich hofft auf Wunder und Franck Ribery
Foto: Sergei Chuzavkov

Die Zuversicht der Franzosen hält sich in sehr engen Grenzen, wenn es um das Abschneiden der Nationalmannschaft geht. Auf einem Schnäppchenportal im Internet hat sich jemand den Spaß erlaubt und das Team für Garten- und Hausarbeiten im Juni kommenden Jahres zur Versteigerung eingestellt, genau in der Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. Das Mindestgebot ist ein Euro — die Wahrscheinlichkeit, dass die avisierten Kräfte dann auch zur Verfügung stehen, ist nicht ganz so unwahrscheinlich. Denn die Equipe Tricolore steht mal wieder vor einem Scherbenhaufen und wird schon vor dem entscheidenden Spiel heute (21 Uhr) im Stade de France von St. Denis eifrig verspottet. Nach dem 0:2 im Playoff-Hinspiel in der Ukraine haben nur wenige ausgeprägtes Vertrauen in die Schaffenskraft des einstigen Nationalstolzes — immerhin 1998 zuletzt Weltmeister.

Erstmals seit 20 Jahren könnte die Grande Nation die WM-Teilnahme wieder verpassen. Damals versetzte der Bulgare Emil Kostadinow das Land in Schockstarre. Zwei Sekunden vor dem regulären Ende in der Qualifikation am 17. November 1993 hatte er das 2:1 erzielt. Nationaltrainer Didier Deschamps hat in vorauseilendem Gehorsam noch einmal in Erinnerung gerufen, was ohnehin keiner gesonderten Feststellung bedurft hätte: "Wenn wir nicht nach Brasilien fahren, trete ich zurück." 2010 endete das Engagement von Raymond Domenech in einer Blamage bei der WM in Südafrika, mit Laurent Blanc wurde es allerdings nicht entscheidend besser — die Halbwertszeit von Deschamps scheint auch nur von kurzer Dauer zu sein.

Deschamps konnte nicht lösen, woran es im Team seit Jahren mangelt. Die Equipe ist zwar mit durchaus vorzeigbaren Einzelkönnern besetzt, doch als Kollektiv funktioniert die Mannschaft selten. Immer wieder gibt es Streitereien und Grüppchenbildung. Aber auch das Verhältnis zum Verband ist belastet. Seitdem die Profis bei der WM vor drei Jahren offen mit Streik drohten und eine Trainingseinheit boykottierten, ist die Unterstützung auch im Lande in den Minusbereich gerutscht. Man schämt sich für die Truppe.

Die Kritik trifft aktuell Franck Ribéry, Europas Fußballer des Jahres. In München wird er für seine Virtuosität gefeiert, in Frankreich beäugt man ihn argwöhnisch. Beim Hinspiel in der Ukraine habe er zu zaghaft agiert, urteilten seine Kritiker. Er müsse deutlich öfters in die Mitte einrücken und für Gefahr sorgen. "Wenn ich nicht an ein Wunder glaube, wie sollen es dann die Spieler tun", bekundet Deschamps. Sein Personal hat offenbar den Ernst der Lage erkannt und fasst die Aufgabe in martialischen Worten zusammen. "Wir sind bereit", sagt Olivier Giroud, Torjäger des FC Arsenal, "auf dem Platz zu sterben, um die Leute stolz zu machen."

Was man nicht so alles sagt, wenn man am Abgrund steht.

(RP)
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