Achtelfinale gegen Schweden Fünf Gladbacher Schweizer dürfen auf Einsatz hoffen

Yann Sommer hat seinen Startelfplatz sicher, Michael Lang wohl auch als Vertreter des gesperrten Stephan Lichtsteiner. Auch Nico Elvedi, Josip Drmic und Denis Zakaria dürfen sich etwas ausrechnen am Dienstag (16 Uhr).

 Josip Drmic verteilt nach seinem Tor gegen Costa Rica Kusshände.

Josip Drmic verteilt nach seinem Tor gegen Costa Rica Kusshände.

Foto: AP/Vadim Ghirda

Die Schweizer hatten sich das anders vorgestellt. Dass sie Zweiter in ihrer WM-Vorrunden-Gruppe werden, war absehbar. Brasilien trotzten die Eidgenossen ein 1:1 ab, dann gab es das 2:1 gegen Serbien und das 2:2 gegen Costa Rica, das reichte für das Achtelfinale. Da sollte es das große Duell geben mit Deutschland. 19 der 23 Eidgenossen, die Trainer Vladimir Petkovic nominiert hat, sind oder waren Bundesligaspieler. Es wäre eine hübsche Herausforderung gewesen für die „kleine Schweiz“, wie Stürmer Josip Drmic, einer der Fußball-Gastarbeiter in Deutschland, sagt. Doch der Weltmeister ist längst wieder daheim. Weswegen sich die Schweiz am Dienstag (16 Uhr) mit den Schweden auseinandersetzen muss.

Das Rollenschema des Spiels ist anders, als es gegen Deutschland gewesen wäre. Die Schweiz kann sich nicht als der Underdog fühlen, sie ist nicht mehr in der Situation, nichts zu verlieren zu haben. Sie war schon bei der WM 2014 im Achtelfinale und ist da nur denkbar knapp mit 0:1 nach Verlängerung am späteren Finalisten Argentinien gescheitert. Für viele Experten ist die Schweiz sogar ein Kandidat für die große Überraschung in Russland. Wenn es so kommt, hätte insbesondere Borussia Mönchengladbach einen Anteil daran. Nachdem der Rechtsverteidiger Michael Lang (27) verpflichtet wurde, sind fünf Gladbacher im Team, hinzu kommt der Ex-Borusse Granit Xhaka, der am Niederrhein gern mal eingemeindet wird zu solchen Anässen.

Gladbach-Fans haben das Schweizer Team ohnehin längst als mindestens ihr zweitliebstes adoptiert, denn es ist viel „wir“ dabei, wenn die Rot-Weißen auf dem Rasen stehen. Heute gegen die Schweden könnten bis zu fünf Spieler zur Startelf gehören, deren aktueller Arbeitgeber Borussia ist: Torwart Yann Sommer hat bislang immer gespielt, Neueinkauf Lang wird den gesperrten Kapitän Stephan Lichtsteiner ersetzen, Nico Elvedi vielleicht den ebenfalls gesperrten Fabian Schär in der Innenverteidigung, Josip Drmic, gegen Costa Rica Torschütze als Joker, würden viele Schweizer gern im Sturmzentrum sehen. Denis Zakaria könnte, so sich Petkovic für Temperament statt Routine entscheidet, Valon Behrami vor der Abwehr ersetzen. Dort zieht Xhaka die Fäden. Im Optimalfall wären fünfeinhalb Spieler mit Gladbach-Touch in der Startformation.

Die Schweizer Zeitung „Blick“ stellte angesichts des großen Gladbach-Faktors im Schweizer Team fest: „Max Eberl baut an unserer Nati mit.“ Dass Eberl in seiner Jugend mit den Eltern in Davos urlaubte, wertet Autor Andreas Böni quasi als Ursprung der guten Beziehungen der Borussen in die Schweiz. Faktisch begann sie 2001. Da kam in Jörg Stiel der erste Eidgenosse, der Torhüter hinterließ Spuren. David Degens Jahr in Gladbach (2006 bis 2007) war nicht so erfolgreich. Doch ab 2011 wurden die Importe aus der Schweiz immer wichtiger für die Gladbacher.

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Foto: Dirk PŠffgen/Dirk Paeffgen (dirk)

Trainer Lucien Favre wurde zum Neu-Erwecker Borussias. 2012 kam Xhaka, 2014 Sommer, 2015 waren es Elvedi, Drmic und Djibril Sow, der nun in Bern spielt, 2017 kam Zakaria, und nun ist Lang der neunte Schweizer. Diese gelten als zuverlässig, gut zu integrieren und gut ausgebildet. Eberl „macht die Nati besser, indem er unsere Talente im Stahlbad Bundesliga fördert“, lobt Böni.

Der Gladbach-Faktor ist indes noch höher. So waren die Coiffeure Ivan und Mino Elia aus Wegberg und Mönchengladbach fünf Tage in Russland und haben fast allen Schweizer Spielern die Haare gestylt. Xhaka, der 2016 für 45 Millionen Euro von Gladbach zu Arsenal London ging, hat den Kontakt hergestellt, schon 2016 bei der EM in Frankreich kümmerte sich Ivan Elia um die Frisuren der Schweizer. Elvedi und Drmic, dem gegen Costa Rica Zakaria das 1:0 auflegte, sind Stammkunden bei ihm.

Dass der Stürmer bei der WM spielt, ist nicht selbstverständlich. Im April 2017 wurde bei ihm ein zweiter Knorpelschaden festgestellt. Doch er gab nicht auf, kämpfte sich zurück. Erst ins Gladbacher Team, für das er in den letzten sechs Spielen vier Tore schoss, dann in den WM-Kader, auf die große Bühne in Russland und schließlich zum ersten WM-Tor. „Ich bin froh und dankbar. All den Leuten, die an mich geglaubt haben. Die engsten Begleiter sind mein Arzt Jochen Gruber aus Nürnberg, der mich operiert hat. Dann mein Trainer Branimir Vajda aus Zagreb, der jeden Tag mit mir gearbeitet hat. Und Momo Maraoub aus Mönchengladbach. Er hat eine alte Schröpfmethode, bei der man altes Blut herausnimmt. Ich glaube daran, dass mir das geholfen hat“, sagte Drmic in Russland dem „Blick“.

Nicht aufgeben, dem Schicksal trotzen – Drmic’ Motto kann das der Schweiz sein für die WM. Zweimal kam zuletzt das Aus im Achtelfinale, doch einen „Fluch“ will sich Torhüter Sommer da nicht einreden lassen. 1954 bei der Heim-WM schaffte es die Schweiz zuletzt ins Viertelfinale. Da gab es gegen Österreich ein 5:7. Deutschland holte den Titel. Bern war damals ein Initialerlebnis für den deutschen Fußball. Nun hofft die Schweiz, mit hohem Deutschland-Faktor und fünf Eidborussen Geschichte zu schreiben.

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