Niederlage gegen Belgien Englands Trainer Southgate verteidigt Total-Rotation

Kaliningrad · Englands Poker auf die vermeintlich leichtere Turnierhälfte könnte das Team aus dem Flow bringen. Belgien strotzt vor Selbstvertrauen.

Englands Trainer Gareth Southgate war trotz 0:1-Niederlage gegen Belgien nicht unzufrieden.

Englands Trainer Gareth Southgate war trotz 0:1-Niederlage gegen Belgien nicht unzufrieden.

Foto: AP/Petr David Josek

Gareth Southgate bereute nichts. Der Teammanager der englischen Nationalmannschaft zerstreute energisch jegliche Zweifel an seiner gefährlichen Zockerei. Der 47-Jährige konnte nach seiner Totalrotation bestens mit Rang zwei und dem Achtelfinal-Gegner Kolumbien leben.

"Das K.-o.-Duell ist unser wichtigstes Spiel des Jahrzehnts" sagte Southgate nach der 0:1-Niederlage gegen Belgien zum Abschluss der Gruppenphase: "Wir können gegen Kolumbien gewinnen." Dafür sei der Verzicht auf Harry Kane und Co. in Kaliningrad aber alternativlos gewesen: "Unsere Schlüsselspieler müssen bestens erholt sein. Manchmal muss ich Entscheidungen treffen, die auch Kritik hervorrufen."

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Southgate geht für den Traum vom ersten Titel seit 1966 volles Risiko. Bei einer Niederlage gegen die Südamerikaner am Dienstag in Moskau (20.00 Uhr MESZ/ARD) droht ihn der Bumerang seiner umstrittenen Turniertaktik allerdings schwer zu treffen. England hätte Kolumbien, 16. der FIFA-Weltrangliste, schon mit einem Punktgewinn gegen Belgien aus dem Weg gehen können. Japan (61.) wäre in der Runde der letzten 16 der vermeintlich leichtere Gegner gewesen.

Doch Southgate nahm die Pleite mit acht Wechseln zumindest billigend in Kauf und erntete dafür auch Stirnrunzeln. "England nimmt den Fuß vom Gaspedal und schaut zu weit voraus", lautete der Tenor des Guardian. "Denk nicht über Brasilien oder Mexiko nach - befasse dich mit dem nächsten Gegner!", forderte der Telegraph.

Der englische Coach stand mit seiner Einschätzung, dass Platz zwei durchaus seine Vorteile mit sich bringen kann, jedoch nicht alleine da. Er hatte ausgerechnet in Belgien-Coach Roberto Martinez indirekt einen Unterstützer. "Aus logistischer Perspektive wäre es für uns einfacher gewesen, in Moskau zu bleiben und einen Tag mehr frei zu haben", sagte der 44-Jährige, der neun Wechsel vorgenommen hatte. Er schob schnell hinterher, dass der Sieg seine Spieler wachsen lasse und sie sich nun ausschließlich auf das Duell mit Japan in Rostow am Montag (20.00 Uhr MESZ/ZDF) konzentrieren.

Sollte sich Belgien durchsetzen, droht den "Roten Teufeln" bereits im Viertelfinale ein Aufeinandertreffen mit dem Titelfavoriten Brasilien. England könnte dagegen in der Runde der letzte Acht mit Schweden oder der Schweiz eine bessere Auslosung haben - den Sieg gegen Kolumbien immer vorausgesetzt.

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Eine Perspektive, die Southgate vor der lange schwachen und wenig intensiven Partie in der russischen Exklave Kaliningrad im Blick hatte - das darf man unterstellen. Der technisch anspruchsvolle Siegtreffer von Adnan Januzaj (51.) trieb den Engländern nicht gerade die Tränen in die Augen.

"Es war irgendwie ein merkwürdiges Match", sagte Verteidiger Gary Cahill wenig niedergeschlagen: "Die Niederlage kostet uns aber nicht das Momentum." Zuvor hatte sich vor allem Kane mit fünf Treffern bei den Siegen gegen Tunesien (2:1) und Panama (6:2) in einen Flow gespielt.

Ein positives Gefühl können aber nur die Belgier aus der letzten Gruppenpartie mitnehmen. "Ich spiele kein Match, um es zu verlieren", sagte Torhüter Thibaut Courtois. Doch auch in dem Benelux-Land ist man nicht sicher, ob Platz zwei nicht größere Perspektiven offenbart hätte. "In etwa einer Woche wissen wir, ob wir applaudieren sollen oder nicht", schrieb Het Nieuwsblad.

(lt/sid)
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