Mittelfinger-Eklat bei Argentinien-Sieg Maradona gibt nach Zusammenbruch Entwarnung

St. Petersburg · Er betete, tanzte und fluchte auf der Tribüne. Diego Maradona hat bei Argentiniens Achtelfinal-Einzug für Aufsehen und Entsetzen gesorgt. Am Ende des Spiels musste die Fußball-Ikone nach einem Zusammenbruch sogar ärztlich behandelt werde. Nun gab der 57-Jährige Entwarnung.

 Diego Maradona hat bei Argentiniens Achtelfinal-Einzug auf der Tribüne für Aufsehen gesorgt.

Diego Maradona hat bei Argentiniens Achtelfinal-Einzug auf der Tribüne für Aufsehen gesorgt.

Foto: AFP/OLGA MALTSEVA

Diego Maradona wankte. Er konnte sich kaum noch auf jenen Beinen halten, die ihm einst den Aufstieg zu Argentiniens Nationalheiligtum ermöglichten. Maradona schleppte sich irgendwie noch in die VIP-Loge, gestützt auf zwei Lakaien. Dann schlug die Glastür zu. Und während sein Erbe Lionel Messi unten auf dem Platz gegen Nigeria den Achtelfinaleinzug feierte, wurde Maradona von zwei Sanitätern versorgt.

"Ich möchte Euch sagen, dass es mir gut geht", teilte Maradona am Mittwoch mit. Allerdings hat die Welt Stunden zuvor mit ansehen müssen, dass das wohl nicht ganz stimmen kann. Früher hielten seine Fans den Atem an, wenn Maradona den Ball bekam - heute vor Angst, dass er benebelt von der Tribüne fallen könnte.

WM 2018: Diego Armando Maradona bietet gegen Nigeria eine eigene Show
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Maradonas eigene Show gegen Nigeria

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Foto: dpa/Owen Humphreys

Im Stadion in St. Petersburg führte der 57-Jährige ein ebenso skurriles wie beklemmendes Trauerspiel auf, Maradona scheint endgültig nur noch eine bemitleidenswerte Karikatur seiner selbst zu sein. Er tanzte wie aufgekratzt, schlief ein, wachte wieder auf und fluchte mit irrem Blick.

Die eigentliche Show spielte sich am späten Dienstagabend auf den Rängen ab, nicht auf dem Platz. Angestrahlt von der Sonne, breitete Maradona die Arme wie ein Auserwählter aus und ließ sich von den Zuschauern anhimmeln, dabei hielt ihn seine Entourage umklammert - um einen Absturz in den Unterrang zu verhindern. Als die Gauchos durch Marcos Rojo vier Minuten vor dem Ende das 2:1 erzielten und damit doch noch das WM-Achtelfinale gegen Frankreich erreichten, war Maradona wieder totel emotional und zeigte einen doppelten Stinkefinger in Richtung Platz. Nur Maradona weiß, warum.

Maradona bestritt hinterher, dass er ins Krankenhaus musste. Er habe Nackenschmerzen gehabt, und der konsultierte Arzt "empfahl mir, vor der zweiten Halbzeit nach Hause zu gehen, aber ich wollte bleiben", schrieb der Weltmeister von 1986 bei Instagram: "Wie könnte ich gehen?" Maradona glaubt wohl, dass Argentinien ohne sein Maskottchen immer noch aufgeschmissen sei. "Ein Kuss für alle und danke für die Unterstützung", schrieb er. Und: "Diego wird noch eine Weile da sein."

Doch wer den Mann, der früher einmal der große Diego Maradona war, in St. Petersburg erlebt hat, dürfte dies bezweifeln. Schon während Argentiniens erstem WM-Spiel rieb sich Maradona - früher süchtig nach Kokain - immer wieder nervös die Nase.

Viele glauben, dass die "10" immer noch der genialste Spieler der Geschichte ist. "Mit Maradona ist der Hunger leichter zu ertragen", stand auf einem Fanplakat während seiner besten Zeit in Neapel. Er verlieh Spielern Klasse, die ohne ihn höchstens Durchschnitt waren. Aber danach schaffte es Maradona nicht, halbwegs geräuschlos durch das Leben zu gehen.

Franz Beckenbauer und Pele reisten nach ihren Karrieren im feinen Zwirn durch die Welt, der aufgeblähte Maradona landete im Trainingsanzug in einer Entzugsklinik als Gast von Fidel Castro auf Kuba. 2000 hatte er einen Herzinfarkt, 2007 rang er stundenlang in Buenos Aires in Folge seines Drogenmissbrauches mit dem Tod.

Am Samstag spielt Argentinien gegen Frankreich, es geht um den Einzug ins Viertelfinale. Auch Maradona will in Kasan wieder dabei sein. Und die Welt wird zuschauen.

(old/sid)
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