Viel Kritik Das ist nicht die WM der Schiedsrichter

Frankfurt/Rio De Janeiro · Die Kritik an den Referees hat sich wie ein roter Faden durch die Weltmeisterschaft gezogen. Kurz vor dem Ende des Turniers sind noch viele Fragen offen.

WM 2014 in Brasilien: Die Fehlentscheidungen des Turniers
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Die Fehlentscheidungen des Turniers

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Foto: dpa, mr

Felix Brych ist raus, der Engländer Howard Webb wird wohl wieder das Finale pfeifen - dennoch sind kurz vor dem WM-Ende mehr Schiedsrichter-Fragen offen als geklärt. Diskutiert wird über eine angebliche Zurückhaltungs-Direktive, die Abneigung gegen deutsche Unparteiische, die harsche Kritik und den Videobeweis als nächsten Schritt nach der Torlinientechnik. Die Debatten zeigen, dass es (mal wieder) nicht die Endrunde der Referees war - auch wenn der Weltverband Fifa das natürlich ganz anders sieht.

"Wenn man bedenkt, was in jeder einzelnen WM-Partie auf dem Spiel steht, und dass die Augen von Millionen auf die Spiele gerichtet sind, muss ich unser Team für den Auftritt und die professionelle Arbeit loben", sagte Fifa-Schiedsrichterboss Massimo Busacca, nachdem er vor den Halbfinals 10 der 25 Trios nach Hause geschickt hatte.

User-Reaktionen zu Scholls Wutrede nach Neymar-Foul
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Foto: Screenshot ARD

Mit dieser Ansicht steht der Schweizer allerdings ziemlich alleine da. Spätestens nach dem verletzungsbedingten WM-Aus für Brasiliens Superstar Neymar haben die Schützlinge des 45-Jährigen bei zahlreichen Beteiligten ihren Kredit verspielt.

Schuld daran soll Busacca selbst sein. Trotz des Dementis der Fifa vermuten Experten und Medien eine Anweisung Busaccas an die Referees, wonach möglichst wenige Gelbe Karten im Turnier verteilt werden sollen.

David Luiz tröstet Kolumbiens Superstar James Rodriguez
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Foto: dpa, mb nic

Die früheren Top-Schiedsrichter Hellmut Krug und Urs Meier haben diese Vermutung bereits offen geäußert. Größen der Szene wie Diego Maradona, Mehmet Scholl, Ronaldo und Jürgen Klopp fanden deutliche Worte für die Regelauslegung, die nach ihrer Ansicht viel zu lasch ist - von den Fehlern bei Abseits- und Elfmeterentscheidungen abgesehen.

Und nun hat sich auch Bundestrainer Joachim Löw in die lange Schlange der Kritiker eingereiht. "Ich hoffe, dass diese Brutalität unterbunden wird. Sonst haben wir bald keine Neymars, Götzes, Messis oder Reus' mehr, sondern nur noch Spieler, die das Spiel zerstören", sagte Löw: "Ich kann es nicht für gut halten, wie das abgelaufen ist."

Thiago Silva sieht Gelb und fehlt gegen Deutschland
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Auch der Umgang mit Brych, der mit der Hypothek seines schweren Fehlers beim Phantomtor von Stefan Kießling nach Brasilien gereist war, kann nicht gutgeheißen werden. Nach zwei Einsätzen in der Vorrunde wurde der 38-Jährige aus München erst 15 Tage zum Zuschauen verdammt - anschließend nach Hause geschickt.

Brych nahm es zwar sportlich ("Wir fahren mit einem guten Gefühl nach Hause"), dennoch ist der Umgang mit dem Juristen - der es sich mit Blick auf weitere WM-Einsätze in der Zukunft natürlich nicht mit der Fifa verscherzen möchte - nur schwer nachvollziehbar. Der Referee leistete sich zwar einen Fehler bei seinem zweiten Einsatz, doch andere Schiedsrichter wurden trotz größerer Patzer für die K.o.-Runde nominiert. Auch der deutsche Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel war der Ansicht, dass Brych "zumindest einen dritten Einsatz verdient gehabt" hätte.

Diesen Einsatz verhinderte wohl nicht die Leistung Brychs. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Politik gemacht wurde. Die Fifa strafte Brych für die Kritik aus Deutschland am Weltverband ab. Wer gute Leistungen zeigt und dazu den Mund hält, ist derweil weit vorne. So gilt Muskelmann Webb als Favorit für die Leitung des Finals. Der Engländer zeigte im hart umkämpften Achtelfinale zwischen Brasilien und Chile (3:2 i.E.) die beste Leistung während der K.o.-Runde.

Bei einem solchen Lichtblick ist es schnell vergessen, dass sich Webb, früher übrigens Berufspolizist, beim Endspiel 2010 zwischen Spanien und den Niederlanden (1:0 n.V.) einen groben Patzer leistete. Noch heute darf gerätselt werden, warum Nigel de Jong nach seinem Karate-Tritt gegen Xabi Alonso nur die Gelbe Karte gesehen hat.

(sid)
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