Brasilien-Trainer schimpft auf Chile und Schiri Scolari: "Dürfen Angriffe auf uns nicht mehr schlucken"

Belo Horizonte · Von Webb auf dem Platz bis Brych am Rand: Das Schiedsrichter-Gespann wurde im Achtelfinal-Kracher Brasilien-Chile auf eine harte Probe gestellt. Gastgeber-Coach Scolari war nicht zufrieden.

 Felipe Scolari feiert nach dem Sieg im Elfmeter-Schießen.

Felipe Scolari feiert nach dem Sieg im Elfmeter-Schießen.

Foto: ap, EM STW

So aufgebracht hat man Luiz Felipe Scolari selten gesehen. Wild gestikulierend stand der Trainer von WM-Gastgeber Brasilien beim dramatischen Achtelfinale gegen Chile an der Seitenlinie und schrie Referee Howard Webb seinen Frust entgegen. Nach dem Happy End im Elfmeter-Krimi führte Scolari die Debatte um die Leistungen der Referees bei den WM-Spielen der Selecao fort - allerdings mit einer völlig anderen Stoßrichtung. Denn erstmals im Turnier hatten die Brasilianer keine Vorzugsbehandlung genossen.

"Allein heute wurde er 15, 20 Mal gefoult"

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Foto: Screenshot Twitter

Scolari sah seinen Superstar Neymar nicht ausreichend geschützt. "Ich weiß nicht, ob wir Weltmeister werden oder nicht. Aber die Schiedsrichter müssen alle gleich behandeln", sagte Scolari: "Wir machen uns da ein bisschen Sorgen." Bei einem der vielen Zweikämpfe gleich zu Beginn der Partie habe Neymar einen Schlag gegen den Oberschenkel bekommen. Dass Webb das nicht schärfer geahndet hatte, gefiel Scolari gar nicht. "Die Leute sagen, Neymar ist ein Diver. Aber allein heute wurde er 15, 20 Mal gefoult", meinte Scolari.

Der Brite war in dem kampfbetonten, intensiven Fußball-Spiel über 120 Minuten mit sieben Gelben Karten ausgekommen - vor vier Jahren hatte Webb im WM-Finale zwischen Spanien und den Niederlanden mit 13 Verwarnungen und einer Gelb-Roten Karte noch für einen Negativrekord gesorgt. Diesmal behielt er die Ruhe. Webb ließ sich nicht von den gellenden Pfiffen der über 50.000 Brasilianer irritieren, genauso wenig wie vom heftig gestikulierenden Scolari oder den wild aufspringenden Ersatzspielern der brasilianischen Nationalmannschaft.

Scolari wettert gegen Trainerkollegen

Einmal in Fahrt, wetterte Scolari auch gegen seinen Trainerkollegen Jorge Sampaoli. Scolari beklagte die "aggressive Stimmung" auf der chilenischen Bank: "Das war wie Krieg. Ich bin gut erzogen, aber wenn ich mich dauernd angegriffen fühle, kann ich meinen Stil auch ändern. So etwas werden wir nicht mehr hinnehmen. Wir müssen uns mehr wehren." Während der intensiven Partie waren sowohl Scolari als auch Sampaoli wegen vermeintlicher Fehlentscheidungen des Schiedsrichters wild an der Seitenlinie herumgesprungen.

Doch Webb lag in allen wichtigen Situationen mit seinen Entscheidungen richtig. Kein Elfmeter für Hulk in der Anfangsphase, kein Tor durch Hulk in der zweiten Halbzeit wegen eines vorhergehenden Handspiels des Stürmers. Der Finalschiedsrichter der Euro 2008 und der WM 2010, der schon in Südafrika das Achtelfinale zwischen Brasilien und Chile (3:0) geleitet hatte, pfiff konsequent und auch mutig. Und das, nachdem das Thema Referee vor der Partie richtig hochgekocht war.

Chiles Verbandschef Sergio Jadue hatte einen "Schiedsrichter von Rang und Erfahrung aus einer der besten Ligen der Welt" für den ersten Südamerika-Kracher der WM gefordert. In den ersten drei Partien hatten Unparteiische aus Afrika die Chilenen gepfiffen. Die Spieler hatten Mutmaßungen über mögliche Benachteiligungen geäußert. Ihre Befürchtungen bestätigten sich dank Webb nicht.

(sid)
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