Kroatien wütet gegen japanischen Schiedsrichter "Wir hören besser auf und fahren nach Hause"

Sao Paulo · Nach der bitteren Niederlage im Eröffnungsspiel der WM wittern die kroatischen Fußballer eine Verschwörung zugunsten von WM-Gastgeber Brasilien.

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Brasilien - Kroatien: Pressestimmen zum Eröffnungsspiel

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Sie fühlten sich verpfiffen und betrogen — und sie machten sich auch gar nicht erst die Mühe, dies zu verbergen. "Ich kann nicht glauben, dass ein Mann in so einem Spiel so vieles falsch sieht", sagte der Wolfsburger Bundesliga-Profi Ivica Olic nach der unglücklichen 1:3 (1:1)-Niederlage im WM-Eröffnungsspiel gegen Gastgeber Brasilien: "Und das nicht bei schwierigen Situationen, sondern bei ganz klaren."

So sahen die Stars das Eröffnungsspiel bei Twitter
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Foto: afp, Desk

Die Botschaft dahinter war klar: Die Kroaten hielten die zahlreichen Fehlentscheidungen des japanischen Unparteiischen Yuichi Nishimura zu Gunsten der Brasilianer für Methode und wittern eine Verschwörung. Das war auch bei Trainer Niko Kovac deutlich zu spüren.

"Dann sind wir bald im Zirkus"

Fred-Schwalbe beschert Brasilien Elfmeter
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Er sei ein Sportsmann, jemand, der normalerweise nie die Schiedsrichter kritisiere, sagte der gebürtige Berliner. Aber vor allem die hanebüchene Elfmeter-Entscheidung zum vorentscheidenden 1:2 sei "lächerlich" gewesen: "Wenn das einer war, wird es bei dieser WM 100 Elfmeter geben, dann sind wir bald im Zirkus. Wir hören besser auf und fahren nach Hause. Das Fifa-Logo ist Respekt, Respekt für beide Teams. Wir haben heute keinen erfahren. Jeder im Stadion und zweieinhalb Milliarden vor den Fernsehern haben gesehen, dass das kein Elfmeter war."

Aber er habe es ja "irgendwie erwartet", sagte der langjährige Bundesliga-Profi und ergänzte wenig verklausuliert: "Es hat damit zu tun, dass wir als Erste gegen Brasilien spielen mussten." Die umsitzenden Fifa-Funktionäre drückten sich die Kopfhörer fest auf die Ohren, um bei der Übersetzung von Kovacs Ausführungen jedes Wort zu verstehen.

Brasilien - Kroatien: Fakten
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Foto: dpa, sam

Es war ja nicht nur der Elfmeter gewesen. Nein, Neymar, der Mann, der mit zwei Toren am Ende zum Matchwinner wurde, "hätte wegen einer Tätlichkeit Rot sehen müssen", sagte der frühere Schalker Ivan Rakitic: "Und das beim Stande von 0:1. Und dann hätte ich mal sehen wollen, ob sie es in Unterzahl geschafft hätten, uns zu schlagen. So steht am Ende nur das Ergebnis und in ein paar Jahren weiß keiner mehr, wie es zustande gekommen ist."

Der kroatische Verbands-Präsident Davor Suker lachte auf die Frage nach einer Verschwörung lauthals. "Ich äußere mich dazu nicht. Ich möchte nicht für Schlagzeilen sorgen", sagte durchaus vielsagend.

Kovac dagegen wollte genau das, er wollte auf die himmelschreiende Ungerechtigkeit aufmerksam machen. "Wir haben zwei Jahre dafür gekämpft, hier zu sein und dann sowas", schimpfte er und unterstellte dem Weltverband, einen unfähigen Schiedsrichter ausgesucht zu haben: "Es ist klar, dass bei Kroatien gegen Brasilien kein Europäer und auch kein Südamerikaner pfeifen kann. Aber wenn dieser Schiedsrichter es nicht kann, dann muss es eben ein anderer machen. Ein Spiel mit Weltklasse-Spielern hat auch einen Weltklasse-Schiedsrichter verdient."

Genau das war Nishimura auch in den Augen des ZDF-Experten und früheren Weltklasse-Unparteiischen Urs Meier nicht. "Den Elfmeter hätte er nicht pfeifen dürfen. Ein Schiedsrichter auf Weltklasseniveau hätte das sehen müssen", versicherte der Schweizer im ZDF und meinte, dass Brasiliens Stürmer Fred für seinen Faller sogar Gelb wegen einer Schwalbe hätte sehen müssen.

Scolari: "Es war ein Elfmeter"

Brasiliens Luiz Felipe Scolari ist allerdings anderer Meinung. "Ich habe die Szene jetzt zehn Mal gesehen, und ich bin sicher, es war ein Elfmeter. Außerdem ist der Schiedsrichter derjenige, der entscheidet, und er hat es auch so gesehen", sagte der Coach nach dem Spiel. Diese Meinung hat er allerdings exklusiv.

Auch die kroatischen Medien reagierten mit Wut und Enttäuschung auf den zweifelhaften Elfmeter. "Der Elfmeter war geschenkt", kritisierte "tportal.hr" am Freitag in Zagreb. "Der große Raub! Was für eine erstklassige Schweinerei", regte sich "Jutarnji list" in Zagreb auf und war voll des Lobes für das eigene Team: "Bravo Jungs, so spielt man für Kroatien". Das Portal "sportski.net.hr" ließ die fragliche Spielszene als Dauerschleife laufen.

Viele Stimmen fielen noch drastischer aus. "Der japanische Killer hat in den Rücken von Niko Kovac geschossen", schimpfte die Zeitung "Novi list" in Rijeka mit Blick auf den Schiedsrichter und den kroatischen Nationaltrainer. "Der japanische Schiedsrichter starb für Brasilien wie ein Kamikaze", meinte das Internetportal "Dnevnik.hr". "Fred hat seinen Fall im 16er toll geschauspielert", kommentierte "Jutarnji list" und zitierte den heimischen Trainer: "Der Schiedsrichter ist eine Schande! Wenn das ein Elfmeter war, dann brauchen wir nicht mehr Fußball zu spielen."

(sid)
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