Island fordert Argentinien Messi hört ein Huh

Moskau · Die Isländer sind erstmals bei einer WM dabei, aber nach ihrem EM-Erfolg 2016 keine Überraschungsmannschaft mehr. In Russland bekommen sie es gleich im ersten Spiel mit Lionel Messi und Argentinien zu tun.

 EM 2016 in Frankreich: Island gewinnt gegen England und feiert nach dem Abpfiff mit den eigenen Fans.

EM 2016 in Frankreich: Island gewinnt gegen England und feiert nach dem Abpfiff mit den eigenen Fans.

Foto: imago sportfotodienst

Der Isländer im Haggis, einer beliebten Fankneipe in Schlachtruf-Nähe zum Moskauer Bolschoi-Theater, war von der Aufführung gar nicht amüsiert. Dass schon wieder ein paar Nicht-Wikinger das "Huh" zelebrierten, ließ dem Anhänger der isländischen Nationalmannschaft die Gesichtszüge entgleisen. Schließlich soll es den Isländern vorbehalten sein, den Kampfschrei am Sonntag im Spartak-Stadion (15.00 Uhr/ZDF und Sky) zum ersten Mal auf der Weltbühne des Fußball zu präsentieren. Angst einjagen wollen die Fans des WM-Debütanten damit dem Vize-Weltmeister Argentinien und dessen Superstar Lionel Messi.

Doch dasselbe Problem wie beim "Huh" auf den Rängen haben die Isländer auch auf dem Platz: Obwohl das Land zum ersten Mal bei einer WM-Endrunde dabei ist, kennt sie mittlerweile jeder. Nach dem Vorstoß ins EM-Viertelfinale vor zwei Jahren in Frankreich kann der Neuling nicht mehr auf den Überraschungseffekt hoffen. Das mussten die Isländer schon in der Vorbereitung erkennen. Gegen die nicht qualifizierten Teams aus Norwegen (2:3) und Ghana (2:2) gelang in den Testspielen kein Sieg.

Deshalb sieht auch Islands Kult-Kommentator Gudmundur Benediktsson dem ersten Spiel der bisher kleinsten WM-Nation (334.000 Einwohner) mit gemischten Gefühlen entgegen. "Ich freue mich natürlich sehr darauf", sagte "Gummi Ben", der mit seinen schrillen Jubelschreien während der EM Berühmtheit erlangt hatte und auch in Russland wieder vor dem Mikrofon sitzt: "Aber ich mache mir auch ein wenig Sorgen, weil wir unser erstes Spiel direkt gegen Lionel Messi bestreiten."

Dieser Messi allein ist mehr Wert als der komplette isländische Kader - jedenfalls aus finanzieller Sicht. Messis Marktwert beläuft sich auf 180 Millionen Euro, das Aufgebot der Isländer kommt insgesamt auf 76 Millionen. Für Mittelfeldspieler Rurik Gislason vom Zweitligisten SV Sandhausen gibt es auch aufgrund dieser Zahlen keine Zweifel an der Bedeutung der Begegnung: "Für uns ist es das größte Spiel unseres Lebens - unsere erste WM, das größte aller Turniere."

Von Angst erfüllt ist Gislason dennoch nicht. "Argentinien hat auf dem Papier vielleicht die bessere Mannschaft und die besseren Einzelspieler", sagte der 30-Jährige: "Aber wir haben schon in der Vergangenheit gezeigt, dass wir gegen starke Gegner gute Ergebnisse holen können."

Tatsächlich können die Stars von Europameister Portugal und England ein Lied davon singen. Bei der EM trotzte Island den Portugiesen um Superstar Cristiano Ronaldo in der Vorrunde ein 1:1 ab, im Achtelfinale musste der große Favorit England (1:2) die Segel streichen.

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Ähnlich soll es nun der Albiceleste gehen. Dafür möchte unter anderem Alfred Finnbogason sorgen. Der Stürmer des Bundesligisten FC Augsburg, der in der Mannschaft von Trainer Heimir Hallgrimsson (im Hauptberuf Zahnarzt) gesetzt ist, zeigte sich in der Süddeutschen Zeitung zuversichtlich: "Sicher ist Argentinien eine der besten Offensivmannschaften der Welt. Aber ich bin überzeugt, dass wir irgendwo Schwächen finden werden."

Darauf hofft auch Jürgen Klopp. "Wenn Deutschland nicht gewinnt, wenn England nicht gewinnt, dann kann Island gewinnen", sagte der Teammanager des FC Liverpool: "Es wäre die größte Sensation, die der Sport je gesehen hätte." Mit seiner Sympathie steht Klopp nicht allein da. Laut einer aktuellen Umfrage wollen 76,8 Prozent der Deutschen die Isländer unterstützen - wenn sie nicht gerade gegen den Weltmeister spielen.

(sid)
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