Nach Play-off-Desaster Ventura entlassen — Italien hofft auf Neustart unter Ancelotti

Rom · Nach dem Play-off-Desaster räumt der italienische Fußball die Trümmer beiseite. Carlo Ancelotti soll beim Neuaufbau eine tragende Rolle spielen.

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Das ist Carlo Ancelotti

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Beim FC Bayern kürzlich entlassen, nun der Heilsbringer in Italien? Auf Carlo Ancelotti ruhen nach dem WM-Debakel die großen Hoffnungen der Azzurri. Der 58-Jährige, der im Oktober in München von Jupp Heynckes abgelöst worden war, soll den Calcio als neuer Nationaltrainer aus der tiefen Krise und zu einem Neustart führen. Ancelotti gilt auf dem Apennin nach der "Apokalypse" in den Play-offs gegen Schweden als Wunschkandidat - und der Weg wäre frei: Sündenbock Gian Piero Ventura wurde am Mittwochabend trotz Vertrags bis 2020 nach einer Krisensitzung der Verbandsspitze erwartungsgemäß entlassen.

"Carlo wartet. Die Idee, zum neuen Nationaltrainer Italiens aufzurücken, ist ihm nicht mehr so fremd", schrieb am Mittwochmorgen schon der Corriere dello Sport. Laut Gazzetta dello Sport hat der Verband (FICG) um den umstrittenen Präsidenten Carlo Tavecchio schon Kontakt zu Ancelotti aufgenommen.

Der Erfolgstrainer, der den AC Mailand und Real Madrid zu Triumphen in der Champions League geführt hatte, soll grundsätzlich nicht abgeneigt sein, das schwierige Amt zu übernehmen, berichtet das Blatt. Ancelotti fordert angeblich jedoch klare Garantien für eine Neugründung des gesamten italienischen Fußball-Systems, das tiefgreifend umstrukturiert werden müsse.

Als mögliche Ventura-Nachfolger werden zudem Antonio Conte (FC Chelsea), der die Azzurri schon von 2014 bis 2016 betreut hatte, und Roberto Mancini (Zenit St. Petersburg) gehandelt. Auch der ehemalige Nationalmannschafts- und Milan-Kapitän Paolo Maldini soll zu den Kandidaten gehören, die in Italiens Fußball nach den Rücktritten von Legende Gianluigi Buffon, Andrea Barzagli, Giorgio Chiellini und Daniele De Rossi die Revolution ausrufen sollen.

Sollte er Italiens Trainerbank übernehmen, müsste Ancelotti, der bisher acht Klubs trainiert hat, offenbar aber auf das große Geld verzichten. Der Verband unterliegt einem Sparkurs. Angeblich stehen nur 1,5 Millionen Euro Jahresgehalt für den neuen starken Mann zur Verfügung.

Verbandschef verweigert Rücktritt

Ancelotti, der in München nicht den erhofften Erfolg hatte, ist laut italienischen Medien auch die einzige Chance für den stark unter Druck geratenen Verbandschef Tavecchio. Auch dessen Ablösung wurde bereits massiv gefordert. Der 74-Jährige, seit 2014 Chef des italienischen Fußballverbands, verweigerte aber hartnäckig seinen Rücktritt - und erhält nach einer Krisensitzung offenbar noch eine letzte Chance: Wie der Verband am Mittwochabend bekannt gab, soll Tavecchio zeitnah eine "Reihe von Vorschlägen" vorlegen, wie es mit dem italienischen Fußball weitergehen soll.

Der Gegenwind für den Funktionär ist dennoch heftig. "Wir sind der Ansicht, dass es keinen Neustart ohne die Wahl eines neuen Verbandschefs geben kann", sagte der frühere Nationalspieler Damiano Tommasi, der mittlerweile Präsident der Spielergewerkschaft ist. "Gehst Du oder nicht?", fragte Corriere dello Sport auf seiner Titelseite provokativ.

Selbst Giovanni Malago, Chef des Olympischem Komitee Italiens (CONI), hatte Tavecchio zur Aufgabe geraten. "An Tavecchios Stelle wäre ich zurückgetreten", sagte Malago. "Weg mit den Mumien, die den italienischen Fußball leiten, und mehr Raum für junge Leute auch außerhalb des Spielfelds", hatte Ex-Nationalspieler Paolo Cannavaro gefordert.

(ems)
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