Frankreich ist wieder da Auferstehung der Equipe Tricolore

Rio De Janeiro/Düsseldorf · Nach dem Desaster vor vier Jahren in Südafrika hat Frankreichs Nationalteam Kredit zurückgewonnen. In der Heimat trauen sie ihm den Titel zu.

Frankreich - Deutschland: die Fakten
Infos

Frankreich - Deutschland: die Fakten

Infos
Foto: ap

Es war einmal eine Reisegruppe, die in Südafrika unterwegs war. Auf den Bus hatten besonders kreative Kräfte einen Slogan geklebt. "Tous ensemble vers un nouveau rêve bleu" — "alle zusammen für einen neuen Traum in Blau". Der Satz wirkte schnell wie Hohn, denn es ging bei diesem Trip schief, was nur schief gehen konnte. Die französische Nationalmannschaft blamierte sich 2010 bei der WM nach Kräften.

Es sind Bilder in Erinnerung geblieben, von einem Konditionstrainer, der wutentbrannt auf den Kapitän einredet und hernach eine Stoppuhr durch die Luft schleudert. Von eben jenem Kapitän Patrice Evra, der aufreizend lässig in den Bus verschwindet. Und von einem Trainer (Raymond Domenech), der hilflos davon berichtet, dass die ihm unterstellten Kräfte das Training boykottierten. Vorausgegangen war der Rauswurf von Nicolas Anelka, der den Coach unflätig beleidigt hatte. Domenech schmiss den Angreifer daraufhin raus.

Deutschland gegen Frankreich im kulturellen Vergleich
Infos

Deutschland gegen Frankreich im kulturellen Vergleich

Infos
Foto: dpa, hm jhe

Die Politik schaltete sich ein, die Rede war von einer nationalen Schande. Der Verband bestrafte die Aufmüpfigen mit drakonischen Sperren. Sportlich endete der Ausflug ebenfalls im Desaster — die Equipe Tricolore flog mit nur einem mickrigen Punkt in der Vorrunde raus, 2006 war sie noch Vize-Weltmeister geworden.

Vier Jahre danach zeigt das Land wieder Flagge für "les Bleus" - und alle hoffen auf ein "blaues Wunder" gegen Deutschland, heute im Viertelfinale des Turniers in Brasilien. Die kämpferischen Ankündigungen der Profis heizen die Stimmung zusätzlich an. "Wir haben alle diese Wut in uns und werden alles geben, um Geschichte zu schreiben", sagt Innenverteidiger Mamadou Sakho.

Selbst seriöse Tageszeitungen lassen sich vor dem Duell mit dem Nachbarn zu martialischen Tönen hinreißen. "Für 'Les Bleus' ist das keine Frage einer Revanche gegen Deutschland, auch wenn das Trauma des Halbfinals der WM 1982 immer noch lebendig ist. (...) Es ist ein Krieg ohne Tote, von dem die Rede ist. Er geht um Worte, Tränen, Tore. Die Fußball-Rivalität zwischen Frankreich und Deutschland ist eine tragikomische Zänkerei", kommentiert "Le Monde". In einer Online-Umfrage der Zeitung "Le Parisien" äußerten 60 Prozent der Leser die Überzeugung, dass Frankreich in Brasilien nicht nur Deutschland in die Knie zwingt, sondern auch den zweiten WM-Titel gewinnt.

Deutschland - Frankreich: die denkwürdigsten Duelle
Infos

Deutschland - Frankreich: die denkwürdigsten Duelle

Infos
Foto: afp, lab/dlb/BF

Die Mutmacher in Reihen der Franzosen führen dazu gern eine kleine Statistik an. 1998 standen sie im Finale (und gewannen), vier Jahre später scheiterten sie in der Vorrunde, 2006 standen sie wieder im Finale und verloren, 2010 schieden sie erneut in der Vorrunde aus. 2014 wäre bei Fortsetzung der Serie wieder der Einzug ins Endspiel dran. Didier Deschamps, der Trainer, wähnt seine Mannschaft in einer guten Verfassung und formuliert deutlich: "Wir sind bereit."

Ihm steht talentiertes Personal zur Verfügung. Der Ausfall von Franck Ribéry vor dem Turnier ist längst kein Thema mehr. Andere haben sich in den Fokus gespielt. Von den Rebellen von 2010 ist nur Evra übrig geblieben. Der 33-Jährige ist der Älteste im Team. "Als ich nach meiner Sperre zurückgekommen bin, habe ich mir gesagt: Mach dich ganz klein", sagt er, "aber das kann ich nicht. Ich bin ein Anführer."

Deutschland - Frankreich: Gernot Rohr stellt Frankreich vor
13 Bilder

Gernot Rohr stellt Deutschland-Gegner Frankreich vor

13 Bilder

Diesmal führt er seine Mitspieler auf dem Feld, nicht im Bus. Zu ihm gesellen sich Typen wie Raphael Varane (21), Paul Pogba (21) oder Antoine Griezmann (23). "Wir sitzen zusammen beim Frühstück und fragen uns: Warum spielen wir nicht alle zusammen in einem Verein?", berichtete er: "Der Stolz, das Trikot tragen zu dürfen, ist zurück."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort