Halbfinale gegen die Niederlande Argentiniens Sehnsucht nach dem Titel

Sao Paulo/Düsseldorf · In weniger aufgeklärten Zeiten hätte man an einen Fluch geglaubt. An einen Fluch wegen einer Aktion, die manch einer sogar heute noch als Blasphemie einstuft. "Die Hand Gottes" sei es gewesen, behauptete Diego Maradona frech, die ihm im Viertelfinale der WM 1986 den entscheidenden Treffer gegen England ermöglicht habe. Tatsächlich war es Maradonas eigene Hand, das Tor somit irregulär und Argentiniens späterer Weltmeistertitel auf einen Betrug gegründet.

Argentinien - Niederlande: die denkwürdigsten WM-Duelle
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Foto: afp, Desk

Der folgende "Fluch" war die Titellosigkeit. In den 28 Jahren, die seit jenem Viertelfinale in Mexiko vergangen sind, ist Argentinien etliche Male als Mitfavorit an den Start gegangen — Weltmeister geworden ist die "Albiceleste" jedoch nicht mehr. 1990 in Italien zog die Truppe um Maradona zwar noch einmal ins Finale ein, unterlag dort Deutschland jedoch mit 0:1. Bei den fünf Turnieren danach reichte es maximal noch fürs Viertelfinale (dreimal), 1994 war im Achtelfinale Schluss, 2002 sogar schon nach der Vorrunde.

Argentinien wartet sehnsüchtig auf den dritten Titel nach 1978 und 1986. Wie sehnsüchtig, dokumentierte nun der Mann, um den sich bei den Himmelblau-Weißen auf dem Spielfeld alles dreht. "Ich würde alle meine persönlichen Rekorde hergeben, um Weltmeister zu werden und meine Landsleute glücklich zu machen", sagt Lionel Messi.

Man merkt dem Star des FC Barcelona diese Haltung an. In seiner Karriere schlug ihm viel Kritik entgegen, da der Messi im Nationaltrikot bei weitem nicht an den Messi im Dress des FC Barcelona heranreichte. Die Taten, die ihn zu seinen vier goldenen Bällen des Weltfußballers führten, vollbrachte er überwiegend in Klubwettbewerben: 2006, beim deutschen Sommermärchen, war er mit knapp 19 Jahren noch viel zu grün, die Last der Verantwortung zu tragen, kam obendrein nicht immer zum Zuge. 2010 spielte er dann eine bescheidene WM, war beim 0:4 gegen Deutschland im Viertelfinale nur Statist.

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In Brasilien nun ist Messi endlich der Anführer. Er diktiert Trainer Alejandro Sabella Aufstellung und System, er schießt wichtige Tore, er bietet trotz seiner nur 1,69 Meter seinen Kollegen eine Schulter zum Anlehnen. "Messi ist das Wasser in der Wüste", sagt Sabella mit typisch südamerikanischem Pathos. Überragende Spiele lieferten die Argentinier deshalb immer noch nicht ab, aber zum ersten Mal seit 1990 sind sie am letzten WM-Wochenende noch dabei. Es wurde Zeit für die "Generation Messi": In vier Jahren werden 21 der 23 Profis im aktuellen Kader älter als 30 Jahre sein. Die Devise heißt: jetzt oder nie.

(RP)
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