"Physiotherapeut der Nation" tritt ab Adi sagt Podolski und Co. ade

Düsseldorf (RPO). Millionen deutscher Fußballfans haben, im Stadion oder am Bildschirm, Adolf Katzenmeier bei seiner Arbeit erlebt, wenn der Mann mit dem schlohweißen Haar auf den Rasen eilte, um verletzte Fußballer rasch wieder fitzumachen - am Arm sein berühmtes Köfferchen.

 Adolf Katzenmeier (mitte) mit seinen Freunden Bastian Schweinsteiger (links) und Lukas Podolski.

Adolf Katzenmeier (mitte) mit seinen Freunden Bastian Schweinsteiger (links) und Lukas Podolski.

Foto: dpa pool, AP

45 Jahre lang stand der gebürtige Frankfurter als Physiotherapeut in Diensten des DFB. Bei sieben Weltmeisterschaften und acht EM-Endrunden erlebte er Generationen von Nationalspielern und Trainern. Am Mittwoch, nach mehr als tausend Länderspielen, sagt der "Adi" ade.

Beim Klassiker gegen England in Berlin ist er zum letzten Mal für Poldi und Co. im Einsatz. "Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge", sagt er. "Weinend, weil ich die Spieler verliere, lachend, weil meine Praxis auf dem DFB-Gelände ist und so der Kontakt nicht abreißt." Bundestrainer Sepp Herberger überredete ihn 1963, für den DFB zu arbeiten, als Katzenmeier noch für Eintracht Frankfurt tätig war.

Über Jugendmannschaften des DFB und als Assistent des Düsseldorfers Erich Deuser (geboren 1910, gestorben 1993) bei der Nationalmannschaft arbeitete er sich nach oben. Ab 1982 war er die Nummer eins der DFB-Physiotherapeuten. Die Hände waren sein großes Kapital, und deshalb achtete er besonders gut darauf, dass er sie selbst nicht verletzte - schließlich ist er auch ein passionierter Klavierspieler. "Wann immer ich mal hingefallen bin, habe ich darauf geachtet, mich auf dem Rücken abzudrehen um nicht die Hände in Gefahr zu bringen", erzählt der 74-Jährige.

Mit seiner zupackenden Art hat er Hunderte von Spielern auf ihre Einsätze vorbereitet, und für manchen war er auch ein wichtiger Ansprechpartner. Massage und Seelenmassage: Eine Menge Einfühlungsvermögen brauchte er für beides. Da schimpfte der eine über den Trainer, da zog der andere über einen Teamkollegen her, und dann erzählte der Dritte auch noch von privaten Sorgen.

"Die Spieler haben sich während der oft langen und intensiven Behandlungen ohne Scheu in totaler Offenheit mit mir oder über Handy mit ihren Partnerinnen und anderen Personen unterhalten, weil sie ein unendliches Vertrauen zu mir hatten und noch haben", berichtet Katzenmeier. Seine strenge Regel lautete stets: Ja nicht aus dem Nähkästchen plaudern! Nur mit Verschwiegenheit konnte er das Vertrauen der jungen Leute gewinnen.

Katzenmeier meisterte einen sehr ernsten Moment, als er Guido Buchwald 1992 bei der Europameisterschaft in Schweden das Leben rettete, nachdem der Stuttgarter bei einem Zusammenstoß mit einem schottischen Spieler die Zunge verschluckt hatte.

Er sah die Rote Karte, weil er Jürgen Kohler auf dem Platz behandelte, und erlebte viele lustige Begebenheiten - aber auch einen Streich, über den er gar nicht lachen konnte. Man hatte ihm einmal, bevor er aufs Spielfeld stürmte, einen Hasen im Massagekoffer versteckt: "Ich war so böse, ich wollte abreisen." "Adi war einer, der den Spielern, und nicht nur ihnen, Tag und Nacht selbstlos zur Verfügung stand", sagt Franz Beckenbauer über den Mann mit den heilenden Händen.

Jürgen Klinsmann nannte ihn "Vater der Nationalelf", als er Bundestrainer war. Vor fünf Jahren gewann Adolf Katzenmeier einen Kampf, der unvergleichlich härter war als jeder Einsatz bei einem Fußballspiel. Es war ein Kampf auf Leben und Tod nach schweren Magenblutungen.

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