Nationalmannschaft bereitet sich auf Brasilien vor Achtung, jetzt kommt Sami!

Düsseldorf/St.Martin · Mittelfeldspieler Khedira ist einer der wesentlichen Akteure im deutschen WM-Team. Er scheint rechtzeitig fit zu sein.

 Sami Khedira bei der Ankunft im DFB-Trainingslager mit Bundestrainer Joachim Löw.

Sami Khedira bei der Ankunft im DFB-Trainingslager mit Bundestrainer Joachim Löw.

Foto: twitter dfb

Für einen, der im vergangenen halben Jahr gerade mal zwei Stündchen Wettbewerbs-Fußball gespielt hat, ist Sami Khedira ganz schön bedeutend. Seit gestern gehört der Mittelfeldspieler von Real Madrid im Südtiroler Trainingslager zum Nationalteam. Und die wichtigste Nachricht ist einstweilen: Er hat die Feiern zum Champions-League-Sieg offenbar ebenso gut überstanden wie das Aufbautraining nach einem Kreuzbandriss im vergangenen Jahr.

In rekordverdächtiger Zeit erhob sich Khedira vom Krankenlager, arbeitete mit großer Hingabe am Comeback. Und er stand zum Ende der Saison sogar im Finale um Europas größte Trophäe im Vereinsfußball auf dem Rasen. "Natürlich bin ich noch nicht bei 100 Prozent", bekannte er, "aber ich kann alle beruhigen: Bis zur WM wird das schon."

Unter denen, die beruhigt werden müssen, ist sein Bundestrainer. In Joachim Löws Idee vom Fußball, in seinem Spielsystem ist Khedira die wesentliche Verbindung zwischen den Kringeldrehern im Angriff und der Defensivreihe. Er soll durch seine Präsenz auf dem Feld beeindrucken, durch konsequente Abwehrarbeit und robustes Umschalten. Khedira ist so etwas wie die Versicherung des Teams gegen zu viel Übermut und einen gefährlichen Mangel an Gleichgewicht.

Sami Khedira feiert Comeback nach Kreuzbandriss
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Sami Khedira feiert Comeback nach Kreuzbandriss

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Weil der Mann mit den tunesischen Wurzeln derart bedeutsam für das deutsche Spiel ist, hat Löw bei ihm seine vormals ehernen Nominierungsgesetze schon außer Kraft gesetzt, als Khedira sich im Test in Italien im November die schwerste Knieverletzung zugezogen hatte, die einen als Fußballer ereilen kann. Flugs galten körperliche Fitness im Frühjahr und reichlich Pflichtspiel-Einsätze in der Rückrunde nur noch fürs sportliche Fußvolk in Löws Mannschaft. Khedira bekam andere Fristen. Und wahrscheinlich bezog der Bundestrainer den Mittelfeldmann jeden Abend ins Nachtgebet ein.

Es scheint geholfen zu haben. Von Rückschlägen wurde Khedira im Aufbautraining verschont. Und der Auftritt im Finale der Meisterklasse signalisierte ihm, dass zumindest sein Klubtrainer Carlo Ancelotti bereits wieder volles Vertrauen in seine Leistungsfähigkeit hat. Er musste das haben, weil er gegen Atlético Madrid auf Xabi Alonso verzichten musste. So lange Real sein Spiel ein wenig defensiver anlegte, brauchte Ancelotti einen Sechser wie Khedira - selbst wenn der noch lange nicht auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft ist.

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Davon konnte sich Löw als interessierter TV-Zuschauer überzeugen. Er hat das später aber lieber nicht thematisiert. Schließlich war die wesentliche Erkenntnis, dass Khedira nicht mehr humpelt. Das nährt die Hoffnung für die Endrunde in Brasilien. Löw fühlt sich in seiner Einschätzung bestätigt, die vor ein paar Wochen "schon auch" ein wenig trotzig klang: "Ich glaube, dass wir einen Sami Khedira antreffen, der mit einer unglaublich guten Basis zu uns kommt."

Auf dieser Grundlage wird das Training in Südtirol ansetzen, das für Khedira gestern erholsam begann. Der Wahl-Madrilene sollte zunächst mal regenieren. In einem seiner wesentlichen Arbeitsschwerpunkte braucht Khedira zum Glück kein Training. Er verfolgt seinen Karriereweg mit einem unerschütterlichen Selbstvertrauen. Diese psychische Stärke bringt er auch auf den Platz. Und er ist deshalb einer, an dem sich eine ganze Mannschaft aufrichten kann.

Schon in jüngeren Jahren, als er in der Rangordnung des DFB-Teams noch keine Rolle spielen konnte, war er von seiner Klasse schwer überzeugt. Für ihn schien nie die Frage, ob er auf einer zentralen Position für die Nationalmannschaft spielen würde, sondern nur, wer vielleicht noch neben ihm auflaufen darf. Selbstzweifel kennt er nicht.

Deshalb sucht er den Ball auch in schwierigeren Spielsituationen, die so mancher in der deutschen Elf zum gemütlichen Abducken nutzt. Khedira ist nie außen vor, sondern immer mitten drin. Er fühlt sich wohl, wenn er Verantwortung übernehmen darf, und er weicht den Problemen im Spiel nie aus. Khedira sucht Lösungen. Dass er dabei nicht mit dem fußballerischen Zauberstab daherkommt, hat ihm am Anfang in Madrid Schwierigkeiten mit den Fans bereitet, die in jedem Pass noch den besonderen Schnörkel haben wollen. Sie haben sich mit Khedira allerdings längst versöhnt. Er hat sie mit Leistung überzeugt. Gezweifelt hat er daran nicht. Natürlich nicht.

(RP)
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