Wegen WM-Vergabe an Katar Ex-Uefa-Boss Michel Platini in Polizeigewahrsam

Paris · Anfang Juni ätzte Michel Platini noch gegen FIFA-Präsident Infantino und brachte sich damit selbst wieder ins Gespräch - nun steht der Franzose im Mittelpunkt von Justizermittlungen. Es geht mal wieder um die umstrittene WM-Vergabe an Katar.

Michel Platini: Weltklasse-Spielmacher, Ex-Uefa-Präsident
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Das ist Michel Platini

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Foto: AFP/AP, AP

Der für alle Fußballaktivitäten gesperrte frühere UEFA-Präsident Michel Platini ist von der französischen Polizei in Gewahrsam genommen worden. Das bestätigten Justizkreise der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag in Paris. Hintergrund ist laut französischen Medien eine schon seit 2016 laufende Ermittlung zu der umstrittenen Vergabe der WM 2022 nach Katar. Unter anderem geht es um Bestechungsverdacht.

Die Ermittler interessieren sich laut der üblicherweise gut informierten französischen Online-Plattform „Mediapart“ im Fall Platini um dessen Treffen im Élyséepalast am 23. November 2010 mit dem damaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy und dem heutigem Emir Tamim bin Hamad des Emirats Katar. Kurz darauf waren am 2. Dezember 2010 die WM-Turniere 2018 an Russland und 2022 an Katar vergeben worden.

Seitdem hielten sich massive Anschuldigungen von unlauteren Machenschaften bis hin zu Korruptionsvorwürfen gegen die Gastgeberländer und mehrere frühere FIFA-Funktionäre. Platini hatte damals öffentlich Katar unterstützt.

Schon 2015 hatte der damalige FIFA-Präsident Joseph Blatter von einer Absprache über die Stimmenvergabe gesprochen und das Treffen im Élyséepalast erwähnt. Danach habe sich das Stimmenverhältnis zugunsten von Katar gegenüber den USA geändert.

Platini wies am Dienstag die Vorwürfe zurück. Er habe sich „nichts vorzuwerfen“, ließ der bald 64-Jährige über seinen Berater mitteilen und betonte, dass es sich nicht um eine Verhaftung gehandelt habe. Platini habe alle Fragen beantwortet. „Er ist absolut zuversichtlich, was den Rest betrifft“, heißt es weiter.

Blatter bekräftigte am Dienstag seine Vorwürfe. „Ich kann nur das wiederholen, was ich schon gesagt und geschrieben habe. Platini hat mich angerufen und mir gesagt, dass er eine Unterhaltung mit Nicolas Sarkozy im Élysée hatte und dass er und seine Freunde aus nationalen wirtschaftlichen Interessen für Katar stimmen könnten“, sagte Blatter der französischen Zeitung „L'Equipe“. So sei es schließlich gekommen, die vier Stimmen seien nach Katar gegangen. Bei der Wahl hatte Katar mit 14:8 Stimmen gegen die USA gewonnen.

Der früherer Weltklasse-Spieler ist bereits seit Jahren aus der Fußballwelt verbannt. Platini wurde von der FIFA-Ethikkommission 2015 zunächst für acht Jahre für alle Fußball-Aktivitäten gesperrt - die Strafe wurde aber später auf vier Jahre reduziert.

Grund war eine dubiose Zahlung von zwei Millionen Schweizer Franken, die er 2011 von Blatter erhalten hatte. Laut Blatter und Platini handelte es sich um eine verspätete Honorarzahlung für Platinis FIFA-Arbeit in den Jahren 1998 bis 2002.

Wie französische Medien weiter berichteten, nahmen die Anti-Korruptions-Ermittler auch eine frühere Sport-Beraterin von Sarkozy in einem Pariser Vorort in Gewahrsam. Angehört wurde demnach auch der frühere Élysée-Generalsekretär Claude Guéant, der unter Sarkozy diente.

Der frühere Spitzenbeamte Guéant habe sich aber weiter frei bewegen können und sei nicht in Gewahrsam genommen worden. Der Polizeigewahrsam ist bei Anhörungen von Ermittlern bei Finanzuntersuchungen in Frankreich keine Seltenheit. Sarkozy regierte als Präsident von 2007 bis 2012.

Katar ist auch Eigner des französischen Hauptstadtclubs Paris Saint-Germain (PSG). Die Qatar Sports Investments (QSI) kaufte 2011 für weniger als 50 Millionen Euro die Aktienmehrheit von PSG, ein Jahr später wurde der Club komplett übernommen.

Platini galt vor seiner Sperre als Favorit auf die Nachfolge von Blatter als FIFA-Präsident. Nach seinem Ausschluss setzte sich überraschend sein ehemaliger enger Vertrauter Gianni Infantino bei der Wahl zum Weltverbands-Boss durch. Platinis Sperre läuft im Oktober 2019 aus. Ob der ehemalige Weltklasse-Spieler wieder in die Sportfunktionärswelt zurückkehren kann, ist nun offener denn je.

(lt/dpa)
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