Klub vor dem Aus Wattenscheid wartet vergeblich auf Sane

Bochum/Köln · Ex-Bundesligist Wattenscheid 09 steht unmittelbar vor dem finanziellen Aus. Ein vierwöchiges Crowdfunding brachte bis kurz vor Ende der Spenden-Aktion nicht einmal die Hälfte der benötigten 350.000 Euro. Der große Retter in der Not kam nicht.

 Der Spieler-Tunnel im Lohrheide-Stadion der SG Wattenscheid 09.

Der Spieler-Tunnel im Lohrheide-Stadion der SG Wattenscheid 09.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Leroy Sane hat sich wohl nicht bei Wattenscheid 09 gemeldet. Beim von der Insolvenz bedrohten Stammklub des deutschen Starstürmers vom englischen Fußball-Meister Manchester City wartete Aufsichtsratschef Oguzhan Can bislang vergeblich auf den erlösenden Anruf des Nationalspielers. Und damit verbunden auf eine noch dringender erhoffte Zusage des 23 Jahre Multimillionärs für eine Finanzspritze.

Weil aber Sane, der beim Bochumer Vorort-Verein als fünfjähriger Bambini das Fußball-Einmaleins erlernt hatte und längst der Stolz des ganzen Traditionsklubs ist, keine wehmütigen Sentimentalitäten aufgrund der drohenden Pleite seines Heimatklubs zu empfinden schien und nicht mal eben etwas mehr als 200.000 Euro locker machte, tickte die Uhr beim Regionalligisten am Montag beinahe sekündlich immer lauter: Bis 20.00 Uhr am Abend muss ein Crowdfunding 350.000 Euro für die in finanzielle Schieflage geratenen Schwarz-Weißen erbringen - bis Montagmorgen war noch nicht einmal die Hälfte eingegangen.

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Das ist Leroy Sane

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Foto: dpa/Matthias Balk

Nun ist Sane natürlich mitnichten zum Sündenbock für die Misere bei dem Revierklub zu stempeln. Vielmehr sind Wattenscheids existenzbedrohenden Probleme hausgemacht: Der Verein hat sich bei seinen Bemühungen um eine Rückkehr zumindest in den drittklassigen Profi-Fußball - wie zahlreiche andere Traditionsklubs in den vergangenen Jahren auch - schlichtweg übernommen. Auch die im vergangenen Sommer noch hochfliegenden Pläne zur Entwicklung des Klubs "zum digitalisiertesten Verein Europas" und für schnelle Millionen-Einnahmen platzten inzwischen schon wie eine Seifenblase.

Gleichwohl würde mit Wattenscheids Aus ein weiteres Stück Fußball-Romantik, zu der in Wattenscheid auch stets die unwidersprochen "beste Stadionwurst Deutschlands" gehörte, in den Geschichtsbüchern verschwinden. Unvergessen jedenfalls die fast ein Vierteljahrhundert zurückliegenden Bundesliga-Jahre des Underdogs, den Bayern Münchens Manager Uli Hoeneß als "das Schlimmste, was der Bundesliga passieren konnte", verteufelte: Von 1990 bis 1994 blamierte der vom Textilunternehmer Klaus Steilmann und seiner Manager-Tochter Britta auf Profi-Niveau getrimmte Verein sogar Münchens Starensemble gleich zweimal bis auf die Knochen. Damalige Spieler wie Sanes Vater Souleyman, Marek Lesniak oder Thorsten Fink und auch Trainer Hannes Bongartz sind bis heute ein Begriff, später nutzten auch noch andere wie die Altintop-Zwillinge Hamit und Halil den Klub als Sprungbrett.

Doch vom Glanz schon lange vergangener Tage ist mittlerweile fast nichts mehr zu sehen. Dabei haben Can und seine Mitstreiter in höchster Not nahezu alles versucht: Ob Eintrittskarten zu Pressekonferenzen für 75 Euro, eine Teilnahme am Training für 100 Euro oder auch die Namenspatenschaft über Stadion für 20.000 Euro - praktisch alles erdenklich Mögliche sollte zur Rettung zu Geld gemacht werden. Auch die in der Vergangenheit gebeutelten Ligarivalen Rot-Weiss Essen und Rot-Weiß Oberhausen organisierten Hilfsaktionen für den notleidenden Nachbarn.

Letztlich aber kamen bis 24 Stunden vor Ende der Galgenfrist nicht einmal 140.000 Euro zusammen. Ob das kurzfristige Engagement von Josef Schnusenberg, dem krisenerfahrenen Ex-Präsidenten des benachbarten Bundesligisten Schalke 04, im Wattenscheider Aufsichtsrat noch rechtzeitig für eine Wende zum Guten kam, musste nach dem vergangenen Wochenende auch immer stärker bezweifelt werden.

(sef/sid)
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