"Komödie" um die Uhren weitet sich zur Affäre aus Vorwurf der Korruption gegen italienische Schiedsrichter
Rom (dpa). Italiens Schiedsrichter rücken immer mehr ins Fadenkreuz der Kritik. Die "Komödie" um die goldenen Rolex-Uhren des AS Rom für die Schiedsrichter zu Weihnachten weitet sich zu einer echten Affäre aus. Korruption, Bestechung und Beeinflussung lauten die Vorwürfe. Die Staatsanwaltschaft ermittelt und schon ist auch wieder von einer "Fußball-Mafia" in Italien die Rede.
Die Unparteiischen seien alles andere als unparteiisch, sondern vielmehr drei bis vier Top-Clubs hörig; vor allen Juventus Turin, polterte der Präsident des AC Florenz, Vittorio Cecchi Gori. "Wir sollten Florenz aus der Serie A zurückziehen", drohte der aufgebrachte Präsident im Fernsehen, nachdem Schiedsrichter Alfredo Trentalange Florenz am letzten Spieltag einen vermeintlich klaren Elfmeter gegen Inter Mailand verweigert hatte. Schon vor zwei Jahren hatte Cecchi Gori über eine "Fußball-Mafia" in Italien geklagt.
Der Turiner Staatsanwalt Raffaele Guariniello nahm unterdessen Ermittlungen in der "Rolex-Affäre" auf. Obwohl die mit Uhren im Gesamtwert von 350 000 Mark beschenkten Schiedsrichter die edlen Chronografen auf Geheiß des Fußballverbandes (Figc) zürück geben, bleibt der "Schwarze Peter" dennoch bei den Männern in Schwarz. Jede Entscheidung steht jetzt unter dem Verdacht, direkt oder indirekt erkauft worden zu sein.
Auch der AS Rom steht unter Beschuss. Dessen Boss Franco Sensi hatte versucht, die Affäre herunterzuspielen. Die Uhren habe er billiger bekommen und die ganze Aktion habe lediglich 120 000 Mark gekostet, sagte Sensi. Das rief die Uhrenhändler auf den Plan, deren Kunden nun auch den "AS Rom-Rabatt" auf die Nobel-Uhren haben wollten.
Auch die "Tifosi" sind wütend. "Hoffentlich werden unsere 12 000 Amateur-Schiedsrichter jetzt nicht attackiert", meinte Italiens oberster Schiedsrichter Gonella. Die Schiedsrichter erhalten schließlich ein Jahresgehalt von 160 000 bis 220 000 Mark in Italien. Dass dies auch noch mit Weihnachtsgeschenken für zehntausende Mark versüßt wird, können die "Tifosi" nicht verstehen, zumal sich die Profi-Liga und der Verband bereits mit Weihnachtspräsenten für einige tausend Mark bei den Schiedsrichtern erkenntlich zeigen.
Die Schiedsrichter sind sich keiner Schuld bewusst. Auch nicht die beiden Koordinatoren, denen der AS Rom die wertvollsten Chronografen im Wert von je 25 000 Mark geschenkt hatte. Sie hätten schließlich die Profiliga von den auch ihrer Meinung nach übertriebenen Geschenken informiert. Von Bestechung könne also keine Rede sein.
Figc-Präsident Luciano Nizzola dagegen war "erbost" und bestellte die beiden Schiedsrichter-Koordinatoren Bergamo und Pairetto am Dienstag zum Rapport. Liga-Chef Franco Carraro kündigte an, dass die Schiedsrichter in Zukunft nur noch Geschenke des Verbandes annehmen dürften.
Dem Druck der mächtigen Clubs sind die Schiedsrichter aber weiter ausgesetzt. Immer wieder wurde ihnen in den letzten Jahren vorgeworfen, dass sie die reichen Top-Clubs wie Rekordmeister Juventus Turin bevorzugen würden. Sogar Staatsanwaltschaften und das Parlament in Rom beschäftigten sich bereits mit dem Schiedsrichter- Problem. Um eine mutmaßliche Beeinflussung der Schiedsrichter zu verhindern, war in den letzten Wochen auch der Einsatz von ausländischen Profi-Referees vorgeschlagen worden.
"Drei bis vier Clubs zählen in Italien mehr als die anderen", sagt Checchi Gori. Ihm selbst habe ein Schiedsrichter einmal unmissverständlich gesagt, dass er mit seinem AC Florenz nur weiterkomme, wenn er zahle. Einer Klage wegen Verleumdung entging der Florenz-Boss damals nur, weil er sich hinter seiner Immunität als Parlamentsabgeordneter verschanzen konnte. Beweise gegen die Schiedsrichter konnte bislang keiner liefern.