Bierhof wird die Mannschaft aufs Feld führen Völler beendet Wirbel um Kapitänsbinde

Billerbeck (rpo). DFB-Teamchef Rudi Völler hat den plötzlichen Wirbel um das Kapitänsamt in der deutschen Nationalmannschaft mit einem Machtwort beendet. Die Entscheidung im Fall Ulf Kirsten hat Völler dagegen weiter vertagt.

"Bierhoff wird die Mannschaft am Samstag aufs Feld führen, sofern er sich nicht noch verletzen sollte", richtete Völler-Assistent Michael Skibbe am Donnerstag von seinem Chef aus, nachdem die Bild-Zeitung am selben Tag auf Seite eins den Rücktritt von Oliver Bierhoff als DFB-Kapitän verkündet hatte.

Der Stürmer vom AS Monaco, der am Samstag im letzten Gruppenspiel der WM-Qualifikation in der Arena AufSchalke (16.00 Uhr/live im ZDF) die Gastgeber somit zum 21. Mal als Kapitän anführt, hatte zuvor Völler und Skibbe in einem persönlichen Gespräch versichert, dass er keinesfalls vom Teamchef gefordert habe, die Entscheidung über das Kapitänsamt vorzuziehen, und er falsch zitiert worden sei.

"Nach Ablauf der WM-Qualifikation wird es, wie schon lange verabredet, Gespräche über dieses Thema geben. Die Aussagen des Teamchefs als auch die von Bierhoff waren immer ganz klar. Im Team ist das sowie kein Thema", erklärte Skibbe und fügte an: "Bierhoff ist als Spieler und Kapitän anerkannt, Oliver Kahn als sein Stellvertreter. Es gibt kein Kompetenzgerangel."

Und dass Bierhoff zuletzt weder in der Nationalmannschaft noch vor seinem Wechsel nach Frankreich bei seinem italienischen Klub AC Mailand überzeugen konnte, ist für die sportliche Führung ebenfalls kein Argument: "Es gibt auf der ganzen Welt Kapitäne, die auch schon schlechte Spiele gemacht und trotzdem die Akzeptanz in der Mannschaft haben. Das trifft auch auf Bierhoff zu."

Bierhoffs etatmäßiger Stellvertreter Kahn, der bislang elfmal die Spielführerbinde getragen hat, machte ebenfalls deutlich, dass ein Wechsel in der Mannschaftsführung derzeit nicht zur Debatte steht. "Natürlich haben wir darüber gesprochen. Ich habe Oliver klar gesagt, dass er Kapitän ist. Das ist so bestimmt. Ich beschäftige mich damit gar nicht, weil das im Moment sowieso zweitrangig ist", sagte der Torwart von Bayern München.

Für Deutschlands Fußballer des Jahres ist derzeit nur wichtig, "dass wir die WM-Qualifikation schaffen, alles andere muss hinten anstehen". Für den 32-Jährigen steht zudem fest, dass es noch den "richtigen Zeitpunkt gegen wird, über dieses Thema zu reden und eine Entscheidung zu treffen".

Für Bierhoff, der nach der WM 1998 das Kapitänsamt von Jürgen Klinsmann übernommen hatte, ist die Binde derzeit ebenfalls zweitrangig, da er zunächst nur selbst verloren gegangenes Terrain zurückerobern will. "Dieses Thema wird überbewertet. Wichtig ist, dass wir Finnland schlagen und uns für die WM qualifizieren", hatte der 33-Jährige zuletzt wiederholt erklärt.

In der Bild hatte der EM-Held von 1996 Völler angeblich aufgefordert, bereits vor dem Finnland-Match eine Entscheidung in dieser Frage zu fällen, was er aber gründlich dementieren ließ. In Gelsenkirchen wird der mit 31 Treffern in 57 Spielen erfolgreichste Torjäger im aktuellen Aufgebot aufgrund der Verletzungsmisere im Angriff erstmals seit dem 29. Mai (2:0 gegen die Slowakei) wieder zur Anfangsformation gehören.

Bierhoffs Sturmpartner wird der Leverkusener Oliver Neuville sein. Als "Joker" stünde Miroslav Klose zur Verfügung, sofern dessen Bluterguss und Prellung am rechten Fuß bis Samstag abgeklungen sind. "Es sieht ganz gut aus", berichtete Skibbe. Nur wenn "Salto-Klose", der am Donnerstag in der Arena AufSchalke erstmals diese Woche am Mannschaftstraining teilnahm, ausfallen sollte, würde der 35 Jahre alte Leverkusener Ulf Kirsten doch noch aktiviert. "Es gibt eine klare Absprache zwischen Kirsten und Völler. Im absoluten Notfall würde er gerne kommen, es ist schließlich nicht weit von Leverkusen nach Billerbeck oder Gelsenkirchen", sagte der Völler-Assistent weiter.

Skibbe bestätigte zudem, dass eine grundlegende Änderung in der Abwehrformation gegenüber dem peinlichen 1:5 am 1. September gegen England angedacht ist. Der Leverkusener Jens Nowotny, zuletzt Organisator einer löchrigen Dreierkette, wird aller Voraussicht nach mit dem Dortmunder Christian Wörns Mann gegen Mann spielen. Eine zusätzliche Absicherung wird es nicht geben, zumal der für diese Position angedachte Freiburger Sebastian Kehl wegen einer Oberschenkelverhärtung auch am Donnerstag nur Lauftraining absolvieren konnte.

Carsten Ramelow als "Wachhund" für den finnischen Spielmacher Jari Litmanen sowie Marko Rehmer und Christian Ziege als defensive Abfangjäger im Mittelfeld sollen für zusätzliche Sicherheit sorgen. Dass Nowotny, der zuletzt frappierende Leistungsunterschiede in Verein und Nationalelf offenbarte, auch in seiner "Leverkusener Rolle" ein wichtiger Mann im DFB-Trikot sein kann, steht für Kahn außer Frage: "Er ist einer der besten Spieler, die es auf dieser Position in Europa gibt." Der Bayern-Torwart wünscht sich aber ebenso wie Völler: "Wenn er noch mehr aus sich herausgehen könnte, wäre das optimal."

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort