Vierter Trainer in zwölf Monaten Rotationsprinzip auf der Wolfsburger Trainerbank

Wolfsburg · Trainer haben es beim VfL Wolfsburg weiter schwer. In Martin Schmidt verpflichtete der VW-Club am Montag den vierten Trainer binnen zwölf Monaten. Andries Jonker muss nach nur vier Spieltagen in der neuen Saison gehen. Der Druck steigt nun auch für Sportchef Olaf Rebbe.

VfL Wolfsburg: Das erste Training mit Trainer Martin Schmidt
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Martin Schmidt leitet sein erstes Training

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Foto: dpa, jol

Der Nächste bitte. Das Kommen und Gehen der Trainer beim VfL Wolfsburg geht weiter. Vor dem Krisenduell am Dienstag gegen Werder Bremen (20.30 Uhr/Live-Ticker) ersetzt der Volkswagen-Club Andries Jonker durch Martin Schmidt und sorgt damit nach nur vier Spieltagen für den ersten Trainerwechsel der Saison in der Fußball-Bundesliga.

"Das ist eine aufregende Geschichte für mich. Aber dass es letztlich so schnell geht, kam auch für mich überraschend", sagte Schmidt nach seiner ersten Trainingseinheit am Montagnachmittag. "Hier gibt es eine unglaubliche Grundlage, um als Trainer zu arbeiten. Das ist für mich ein nächster Schritt", führte der Schweizer aus, der im Sommer beim FSV Mainz 05 entlassen worden war. Nach der Partie gegen die ebenfalls kriselnden Bremer trifft Schmidt mit Wolfsburg am Freitag auf Bayern München.

"Ich möchte das Motto 'Arbeit - Fußball - Leidenschaft' auf den Platz bringen", erklärte der neue Coach - und warb sogleich um Geduld: "Ich kann an zwei Tagen nicht an jeder Schraube drehen. Aber wichtig ist, dass wir als geschlossenes Team auf dem Platz stehen."

"Ausschlaggebend für uns, diesen Schritt zum jetzigen Zeitpunkt zu vollziehen, waren nicht allein die jüngsten Eindrücke des Stuttgart-Spiels, sondern auch die in den zurückliegenden Wochen wahrnehmbare Stagnation in der Entwicklung unserer erst im Sommer in weiten Teilen neu formierten Mannschaft", sagte Clubchef Wolfgang Hotze am Montag nach dem Fehlstart des Tabellen-14., der am Samstag 0:1 bei Aufsteiger Stuttgart verloren hatte.

Schon da hatte Sportchef Olaf Rebbe Jonker keine Rückendeckung mehr geben wollen. "Der Druck ist bei uns immer groß. Wir glauben an die Mannschaft, aber diese Niederlage erhöht den Druck auf den gesamten VfL", hatte Rebbe gesagt und am Sonntagabend einen TV-Auftritt wegen einer ersten Krisensitzung der Geschäftsführung abgesagt. Im Eiltempo vollzog der 39-Jährige dann mitten in der Englischen Woche vor den Spielen gegen Bremen und am Freitag bei Bayern München den Wechsel. Bereits am Abend sollte Schmidt erstmals das Training leiten. Der 50-Jährige erhält einen Vertrag bis 2019, nachdem er zuvor seinen noch bis 2018 gültigen Kontrakt in Mainz aufgelöst hatte.

Rebbes Erfolgsbilanz ist überschaubar

"Er ist der richtige Mann für die Aufgaben, die jetzt vor uns liegen. Wir sind davon überzeugt, dass er mit seiner Erfahrung und seinen Stärken sehr gut zum VfL passt", sagte Rebbe, der nun auch immer mehr in den Fokus rückt. Die Erfolgsbilanz des einstigen Assistenten des früheren Sportchefs Klaus Allofs ist überschaubar. Kurz nach Rebbes Beförderung Ende 2016 zum Allofs-Nachfolger war der damalige Chefcoach Valérien Ismaël bei VW in Ungnade gefallen. Rebbe hielt an Ismaël fest, korrigierte die Entscheidung aber schon im Februar mit dessen Beurlaubung wieder.

Rebbe verpflichtete den als Chefcoach unerfahrenen Jonker, der den VfL aber auch nicht aus der Abstiegszone befreien konnte. Erst in der Relegation gelang gegen den Nachbarn Braunschweig die Rettung. Anders als der FSV Mainz, der sich trotz des Klassenverbleibs vom neuen VfL-Coach Schmidt trennte, hielt Wolfsburg an Jonker fest. Auch dies korrigierte Rebbe nun: Keine sieben Monate nach dessen Verpflichtung und nach nur 19 Pflichtspielen unter dem Niederländer.

Dabei sollte in dieser Saison - mal wieder - alles anders, besser und vor allem ruhiger werden beim VW-Club. Gut 50 Millionen Euro investierte Rebbe im Sommer in zehn neue Spieler. Als Saisonziel benannten die VW-Bosse einen einstelligen Tabellenplatz. Eine Entwicklung oder gar Verbesserung ist in der freilich noch jungen Saison indes nicht zu sehen. Geduld hatte der Club aber wie in der jüngeren Vergangenheit auch nicht. Schmidt ist nach der Trennung von Dieter Hecking im Oktober 2016 nun bereits der vierte Coach binnen einen Jahres, der sich beim VfL versuchen darf.

Eine kleine Spitze konnte sich Sportchef Frank Baumann von Wolfsburgs Gegner Werder Bremen daher nicht verkneifen. "Wir haben die Ruhe und das hat uns auch immer ausgezeichnet. Wir sind davon überzeugt, dass wir mit unserem Weg, den wir hier gehen, erfolgreich seien werden", sagte Baumann uns wollte von einem Trainerwechsel bei Werder, das nur einen Punkte aus vier Spielen holte, nichts wissen.

Hecking, der den VfL 2015 vor allem auch dank der individuellen Klasse von Kevin De Bruyne zum Pokalsieg geführt hatte, war der einzige Trainer seit Wolfgang Wolf (1998 bis 2003), der länger als zwei volle Spielzeiten in Wolfsburg arbeiten durfte oder wollte.
Felix Magath hatte seine erste VfL-Amtszeit nach der Meisterschaft 2009 freiwillig nach zwei Jahren beendet und war zum FC Schalke 04 gewechselt. Wirklich erfolgreich war der ehrgeizige VW-Club unter den nachfolgenden neun Trainern nur kurzzeitig unter Hecking.

(dpa/sid)
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