„Horrorsaison“ Absteiger Stuttgart geschockt vom Relegations-K.o.

Stuttgart/Berlin · Der Abstieg traf den VfB Stuttgart nicht unvorbereitet - und dennoch mit voller Wucht. Die Voraussetzungen für einen sofortigen Wiederaufstieg sind gut, die Konkurrenz ist es aber auch.

 Interimstrainer Nico Willig.

Interimstrainer Nico Willig.

Foto: AFP/JOHN MACDOUGALL

Als die Chartermaschine um kurz nach zwei Uhr morgens in Stuttgart landete, begleitete den VfB-Tross neben dem Makel des Absteigers auch eine gespenstische Stimmung. Mario Gomez und Co. schlichen nahezu wortlos und sichtlich mitgenommen durch die menschenleeren Hallen, Fans waren weit und breit nicht in Sicht. Beschimpfungen blieben dem neuen Zweitligisten somit zwar erspart, doch die Trauer über den Absturz aus der Beletage des deutschen Fußballs schmälerte das nicht.

"Es war eine Horrorsaison - von Anfang bis Ende", hatte Stuttgarts scheidender Interimstrainer Nico Willig vor dem Abflug aus Berlin mit leiser Stimme gesagt. Kapitän Christian Gentner wurde vom wummernden Bass der Unioner Kabinen-Party übertönt, als er den dritten Bundesligaabstieg des VfB nach 1975 und 2016 als "schwarzen Tag" bezeichnete und aus der VfB-Umkleide berichtete: "Erwachsene Männer, die Tränen verdrücken."

Wie ein Häufchen Elend trat auch Thomas Hitzlsperger nach dem 0:0 im Relegations-Rückspiel beim Zweitligadritten vor die Presse. "Das ist heftig, sehr heftig", sagte der Sportvorstand und blickte verschämt zu Boden. Auf die Frage, was sich für die 2. Liga ändern müsse, zuckte der Ex-Nationalspieler ratlos die Schultern: "Das kann ich jetzt nicht beantworten."

Hitzlsperger wird schnell Antworten finden müssen, allein um den umstrittenen Präsidenten Wolfgang Dietrich vor der vermutlich turbulenten Mitgliederversammlung am 14. Juli etwas aus der Schusslinie zu bringen. Dietrich ist sich sicher: "Der VfB steigt wieder auf!" Aufbruchstimmung dürfte aber auch beim Treffen des Teams am Montagnachmittag auf dem Klubgelände kaum ausgebrochen sein.

"Wir haben alle viel falsch gemacht", sagte Hitzlsperger. Dem erst seit Februar verantwortlichen Sportvorstand kann man ankreiden, zu lange am glücklosen Trainer Markus Weinzierl festgehalten zu haben. Doch der Hauptgrund für den verpassten Klassenerhalt war, dass der von Vorgänger Michael Reschke zusammengestellte Kader den Ansprüchen nicht genügte und für den Abstiegskampf nicht geeignet war.

Hitzlsperger wird sich in den kommenden Tagen mit dem neuen Trainer Tim Walter (von Holstein Kiel) und Sportdirektor Sven Mislintat beraten - beide sind anerkannte Fachleute in der Szene. "Ich erhoffe mir", sagte Hitzlsperger, "dass wir zusammen neue Impulse setzen und alle aufrichten können, die in der Zukunft auch bei uns sind."

Mario Gomez will beim VfB bleiben

Aber wer ist das? Kapitän Gentner und Torhüter Ron-Robert Zieler ließen unmittelbar nach dem Abstieg ihre Zukunft offen. Großverdiener Gomez ließ durch seinen Berater verlauten, in der 2. Liga mithelfen zu wollen, "den sportlichen Schaden zu reparieren".

Die weitere gute Nachricht für alle VfB-Fans: Bis auf Abwehr-Talent Ozan Kabak, der im Vertrag eine Ausstiegsklausel in Höhe von 15 Millionen Euro besitzt, hat der Klub das Heft des Handelns in eigener Hand. Notverkäufe sind wegen weiterlaufender Sponsorenverträge und der zu erwartenden Treue der Fans nicht zwingend.

Die Voraussetzungen für eine sofortige Rückkehr in die Bundesliga sind deutlich besser als beim letzten Abstieg 2016 - doch die Konkurrenz ist es auch. Vor allem Hannover 96, der Hamburger SV und der 1. FC Nürnberg dürften Stuttgart das Leben schwer machen.

(eh/sid)
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