Stuttgart: Das Geld für große Sprünge fehlt VfB plant radikalen Neuaufbau

Stuttgart (dpa). Die Misswirtschaft der vergangenen Jahre zwingt den VfB Stuttgart zu einem radikalen Neuaufbau. Wie der Aufsichtsratsvorsitzende Heinz Bandke am Dienstag erklärte, werden die Schwaben zwar die laufende Saison mit einem ausgeglichenen Etat abschließen und auch in der Spielzeit 2000/2001 keine roten Zahlen schreiben. Aber für Verstärkungen stehen dem Bundesligisten lediglich drei Millionen Mark zur Verfügung.

Deshalb will der VfB nach der im Sommer endenden Ära von Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder finanziell einen neuen Weg gehen. "Für große Hausnummern haben wir die Mittel nicht mehr zur Verfügung. Wir wollen mit jungen und hungrigen Leuten eine spielstarke Mannschaft aufbauen. Daher werden wir sicherlich auf absehbare Zeit nicht mit der Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb rechnen können", sagte Bandke dem Privatsender Antenne 1.

In dem "bescheidenen, schwäbischen Weg" sieht auch Hansi Müller die Zukunft des Vereins, der 1998 noch im Europacup-Finale gegen Chelsea stand. "Wir haben nur eine Chance, wieder beliebter und geliebter zu werden", betonte der Direktor für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit. Er kündigte als wichtigste Aufgabe an, den aufgeblähten Kader auf 25 Spieler zu verkleinern. "Das würde sich auch positiv auf die Stimmung im Team auswirken." An den Uefa-Cup oder gar die Champions League denkt auf dem Wasen niemand mehr. "Das wäre einfach unrealistisch", sagte Sportdirektor Karlheinz Förster.

Kritik an "Sorglos"- Verträgen

Der Verein glaubt auch nicht daran, dass sich Interessenten für seine von Trainer Ralf Rangnick zwar ausgemusterten, aber zuvor von Mayer-Vorfelder mit fürstlich dotierten langfristigen Verträgen ausgestatteten Profis finden werden. "Wir haben die Ausgaben für diese Spieler im Jahresfinanzplan 2000/2001 eingestellt, so dass sich der Spielraum verändern würde, wenn der eine oder andere ginge", erläuterte Bandke. Er kritisierte indirekt die für die "Sorglos"- Verträge verantwortlichen Mayer-Vorfelder und Direktor Ulrich Schäfer: "In der Transferpolitik wurde sehr unglücklich agiert. Viele Neue haben sich nicht als tauglich erwiesen."

Bandke wies allerdings die Vermutung der "Stuttgarter Zeitung" zurück, wonach der VfB die Lizenz für die neue Saison nur unter Auflagen bekommen werde. "Wir sind nicht pleite und gehen auch nicht am Bettelstab. Ich bin überzeugt, dass wir keine Auflagen erhalten werden, denn der Finanzplan zeigt schwarze Zahlen." Die jetzige prekäre Situation, die die Schwaben zur Zäsur zwingt, bezeichnete der Aufsichtsratsvorsitzende allerdings auch als "echte Chance" für den Verein. "Vielleicht ist es eine glückliche Fügung, dass der Neuaufbau vorgegeben ist", so Bandke, dem vorschwebt, das "deutsche und regionale Element" im Spielerkader zu verstärken.

Fraglich ist, ob sich die finanzschwachen Stuttgarter im Zuge des Neuaufbaus teure Stars wie Balakow, Soldo, Berthold oder Kuka noch leisten können. Wohlfahrt hat die Konsequenz gezogen und wird gehen, wie in den vergangenen Jahren schon Elber, Bobic und Verlaat.

(RPO Archiv)
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