Ex-Minister Zehetmaier zu Kandidatur bereit Vereinsspitze der "Löwen" wird neu geordnet

München (rpo). Der Schmiergeld-Skandal in München hat für die Beteiligten auch innerhalb des Vereins Folgen: Nachdem sich Bundesinnenminister Otto Schily eingeschaltet hat, zeichnet sich bereits die von ihm geforderte "zügige Neuordnung der Vereinsspitze" ab.

Schmiergelder: 1860-Präsident verhaftet
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Schmiergelder: 1860-Präsident verhaftet

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Karl-Heinz Wildmoser senior will sein Präsidentamt ruhen lassen, der FC Bayern erwägt in der Münchner Stadion-Affäre eine Schadenersatz-Klage - und der Ex-Minister Hans Zehetmaier (CSU) ist trotz eines handfesten Streits im Aufsichtsrat offensichtlich bereit, als neuer Klubchef von 1860 München den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Wildmoser und sein Sohn Karl-Heinz junior bleiben wegen Korruptionsverdachts weiterhin inhaftiert.

"Wenn es nicht anders geht, werde ich mich nicht weigern, mich vor den Karren spannen zu lassen", sagte der ehemalige bayerische Kultus- und Wissenschaftsminister. Allerdings wolle er den Karren nicht alleine aus dem Dreck ziehen, sondern nur im Team, so Zehetmair weiter.

Krach im Aufsichtsrat der "Löwen"

Am kommenden Montag soll der Aufsichtsrat des Klubs zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen. Ein Hauskrach ist indes programmiert. Die amtierende bayerische Kultusministerin Monika Hohlmeier (CSU) warf ihrem Aufsichtsratskollegen Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) bereits die Inszenierung einer "Politshow" vor, nachdem dieser "personelle Konsequenzen" gefordert und sich für Zehetmair stark gemacht hatte.

Unklar ist auch die Haltung des Vereinspräsidiums und der Geschäftsführung. "Er hat angeboten, dass die Ämter ruhen sollen, damit der Verein keinen Schaden nimmt. Ich habe von Seiten des Vereins aber gehört, dass man das Angebot gar nicht annimmt", erklärte der Anwalt von Wildmoser senior, Steffen Ufer. Als weiterer Kandidat für das Präsidentenamt gilt Ex-Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU).

Ermittler haben Wildmoser-Vermögen sperren lassen

Nach dem Geständnis eines Mittäters, der sich zwischenzeitlich wieder auf freiem Fuß befindet, hält der Anwalt seinen Klienten für entlastet. Eine mögliche Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt könne sich aber "noch etwas hinziehen". Der Mittäter, der Angestellter einer zum Wildmoser-Imperium zählenden Immobilien-Firma in Dresden ist, habe erklärt, Wildmoser senior "hat nichts gewusst, und hat auch nichts wissen dürfen". Die Ermittler haben aber dennoch vorerst die Vermögen von Vater und Sohn sperren lassen.

Zu Wildmoser junior, der von derselben Kanzlei vertreten wird, sagte Ufer: "Es hat Provisionszahlungen gegeben, um eine Art Goodwill zu erzeugen. Es ist aber nichts bekannt, dass besondere Informationen weitergegeben wurden." Der "Junior", der als Geschäftsführer der Stadion GmbH zusammen mit seinem Vater ein Prozent der Bau-Kosten von 280 Millionen Euro kassiert haben soll, wird derzeit weiter von Ermittlungsbehörden verhört.

Der FC Bayern, der nach Angaben der Staatsanwaltschaft nicht als verdächtig gilt, hatte bereits am Dienstag Abend eine Anwaltskanzlei eingeschaltet und eine Zivilklage nicht mehr ausgeschlossen. Zunächst einmal müsse man aber die strafrechtliche Entwicklung abwarten, um dann dem womöglich entstandenen Schaden nachzugehen, erklärte Bayern-Vizepräsident Fritz Scherer dem sid. Vorerst geht es Scherer, der seinen Rücktritt als Geschäftsführer der Stadion GmbH in der vergangenen Woche aus "persönlichen und gesundheitlichen Gründen" erklärt hatte, aber um die Weiterführung des Baus im Münchner Norden.

Neue Bauleitung soll bestimmt werden

Nachdem eine weitere Zusammenarbeit mit Wildmoser junior als Geschäftsführer der Stadion GmbH nicht mehr in Frage kommt, soll schon am Donnerstag oder Freitag die Gesellschafter-Versammlung eine neue "Bauleitung" bestimmen. Scherer, der als einziger führender Bayern-Repräsentant nicht zum Champions-League-Spiel nach Madrid reiste, kann sich sogar vorstellen, vorübergehend noch aktiv zu bleiben: "Ich bin auf jeden Fall da." Übergangsweise könne auch der FC Bayern den Geschäftsführer-Posten von 1860 übernehmen, fügte Scherer hinzu, der auch den bayerischen Ministerpräsidenten und Bayern-Beiratsvorsitzenden Edmund Stoiber (CSU) auf dem Laufenden hielt.

Das WM-Eröffnungsspiel ist aber keinesfalls gefährdet. "Nach unseren Erkenntnissen gibt es beim Bau keine Verzögerungen. Es hat immer geheißen, dass man dem Zeitplan sogar voraus ist. Wir sehen also im Hinblick auf 2006 keine Gefährdung", erklärte OK-Vizepräsident Wolfgang Niersbach. Für den Konföderationen-Cup 2005 sei die Allianz-Arena ohnehin nicht vorgesehen gewesen. OK-Chef Franz Beckenbauer hatte zuvor schon kategorisch erklärt: "Der Stadion-Bau und die WM sind in keiner Weise betroffen."

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