"Hurra, das ganze Dorf ist da!" Gehört Hoffenheim wirklich in die Bundesliga?

Sinsheim (RPO). Sinsheim, Stadtteil Hoffenheim. 3300 Einwohner. Schönste Sehenswürdigkeit: der Dorfbrunnen in der Gartenstraße. Neueste Attraktion: ein Bundesliga-Klub mit riesigen Ambitionen. Fans diskutieren: Hat dieser Klub etwas in der Bundesliga zu suchen?

Ekstase pur: Hoffenheim feiert den Aufstieg
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"Hurra, das ganze Dorf ist da!" Mit diesem Hohn-Gesang werden in Fußballstadien gerne die Schlachtenbummer der gegnerischen Mannschaft begrüßt. Für die Fans der TSG 1899 Hoffenheim, die diesen Spruch auf ihren Aufstiegs-Shirts tragen, ist dieser Slogan mehr. Sie sind stolz auf sich, ihren Verein und ihren akribisch geplanten Durchmarsch ins Oberhaus.

Zu verdanken haben die Anhänger die Erstklassigkeit dem SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp. Der 68-Jährige, der in seiner Jugend selbst für die TSG kickte, beschloss nach dem Abstieg in die Kreisklasse A im Jahr 1991, den Verein finanziell zu unterstützen. Hopp, mit einem geschätzten Vermögen von 6,3 Milliarden Euro einer der reichsten Deutschen, hatte schnell Erfolg. Zehn Jahre später spielt der Verein in der Regionalliga. Nur eine Zwischenstation für den Geldgeber, zu dessen hervorstechendensten Eigenschaften nicht eben Bescheidenheit gehört. Das von ihm 1999 erbaute Stadion nannte er schlicht "Dietmar-Hopp-Stadion". Wenn schon, denn schon.

Im Sommer 2006, der Klub kam in der Regionalliga nicht so recht von der Stelle, machte Hopp ernst. In Ralf Rangnick wurde ein Coach verpflichtet, der kurz zuvor noch mit Schalke 04 in der Champions League stand. Der ehemalige Feldhockey-Nationaltrainer Bernhard Peters wurde als Direktor für Sport und Jugendarbeit verpflichtet. Jochen Rotthaus kam als Manager. Beinahe über Nacht war die kleine TSG professioneller aufgestellt als mancher Bundesliga-Verein.

Professionalität, die Neider auf den Plan ruft. Nicht nur der Mainzer Manager Christian Heidel stichelte, ein solcher Klub hätte in der zweiten Liga nichts zu suchen. Nicht mit dieser Mannschaft, nicht mit diesen finanziellen Möglichkeiten. Hopp lassen diese Anfeindungen kalt. "Mein Geld, mein Hobby, meine Entscheidung" - mit dieser Trias lässt sich die Einstellung des Machers beschreiben. Sein langfristiges Ziel sei es jedoch, dass die TSG eines Tages auch ohne seine Millionen erstklassigen Fußball bieten kann.

Auch der Kader wurde ab 2006 im großen Stil verstärkt. Der Ex-Frankfurter Francisco Copado kam in die Provinz. Vedad Ibiševiæ (stand bereits für Paris St. Germain auf dem Rasen) folgte. Für die Defensive kam Linksfuß Gustavo aus Brasilien. In Demba Ba machte ein Nationalspieler Senegals die Offensiv-Abteilung komplett. Das Ergebnis des geplanten Erfolgs: Die TSG schaffte in zwei Jahren das, wofür laut Hopp-Plan eigentlich fünf Jahre vorgesehen waren: den Aufstieg in die Bundesliga.

Der Mäzen bleibt ehrgeizig. Mit einem Ergebnis von "Platz sechs bis 15" sei er kommende Saison zufrieden, sagt er augenzwinkernd. Die Branche fürchtet: Hopp will mittelfristig ganz oben angreifen. Vielleicht nicht Branchenprimus Bayern. Aber Werder, Schalke, Hamburg - allemal! Direkt an der Autobahn 6 baut der Verein bereits die Rhein-Neckar-Arena für 30.000 Zuschauer. Das Stadion wird erst 2009 fertig. Bis dahin trägt die TSG ihre Heimspiele im Mannheimer Carl-Benz-Stadion aus.

"Hurra, das ganze Dorf ist da!" Hoffenheim steigt auf, die Fans diskutieren. Hat so ein Klub wirklich etwas in der Bundesliga zu suchen? Ist es gerecht, dass ein Milliardär binnen kurzer Zeit ein Ziel erreicht, auf das andere Vereine jahrzehntelang und oft vergeblich hinarbeiten? Eine Frage für Moralisten - letztlich ohne Antworten. Pragmatiker hingegen freuen sich. In der Bundesliga könnte sich binnen weniger Jahre ein neues, international konkurrenzfähiges Spitzenteam entwickeln. Für die niveau-arme Bundesliga wäre diese eine gute Nachricht.

Und sollten sich - vielleicht in fünf Jahren - die TSG und Bayern ein spannendes Finale um die Meisterschaft liefern: Die Fans würde es freuen. Hopp-Millionen hin oder her.

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