Konsequenz aus den persönlichen Anfeindungen Trainer Otto Rehhagel beim 1. FC Kaiserslautern zurückgetreten

Kaiserslautern (sid). Otto Rehhagel hat durch die Hintertür Abschied vom Fußball-Bundesligisten 1. FC Kaiserslautern genommen. Durch eine dürre elfzeilige Pressemitteilung informierte der Traditionsklub aus der Pfalz am Sonntagnachmittag die Medien vom Rücktritt des 62 Jahre alten Coaches, der seit dem 20. Juli 1996 auf dem Betzenberg gearbeitet hatte. "König Otto" hatte die FCK-Truppe in der zweiten Bundesliga übernommen, führte sie zum Bundesliga-Wiederaufstieg und 1998 senationell zur deutschen Meisterschaft.

Durch den Titeltriumph mit dem Aufsteiger hatte der ehemalige Bayern-Coach Bundesliga-Geschichte geschrieben. Doch auf Grund der schwachen Leistungen der vom Verletzungspech verfolgten "Roten Teufel" in dieser Saison sah Rehhagel keine Basis mehr für eine gedeihliche Zusammenarbeit, außerdem hatten sich die Fans verstärkt von ihm abgewandt.

Am Sonntag bat Rehhagel den FCK-Vorstandsvorsitzenden und langjährigen Freund, Jürgen "Atze" Friedrich, um Entbindung aus seinem laufenden Vertrag. Der FCK-Chef kam der Bitte nach. "Eine Aufarbeitung in dieser sauberen Art und Weise kann nur unter Freunden stattfinden, obwohl es menschlich weh gut", erklärte Friedrich. Noch um die Mittagszeit am Sonntag hatte Rehhagels Lieblingsspieler Mario Basler den Medienvertretern erklärt: "Ich hoffe, dass er bleibt. Ich stehe hinter ihm. Der Trainer kann nichts dafür."

Laut Pressemitteilung hat "Otto Rehhagel in seiner bekannten korrekten Art keinerlei finanzielle Forderungen gegenüber dem 1. FCK gestellt". Der Kontrakt des einstigen Bremer Meistercoaches hatte noch eine Laufzeit bis 30. Juni 2002. Ein Nachfolger von Rehhagel wurde am Sonntag noch nicht bestimmt. Wahrscheinlich wird vorerst Assistenz-Coach Reinhard Stumpf als Interimsnachfolger fungieren.

Die Entscheidung über die Trainernachfolge werde vorbereitet und danach den Gremien des 1. FCK zur Beschlussfassung vorlegt, ließ der Ex-Meister verlauten. Als möglicher neuer Coach wird der beim Zweitligisten 1. FC Saarbrücken tätige Klaus Toppmöller gehandelt, der einst für den 1. FC Kaiserslautern 108 Bundesligatore erzielte.

Rehhagel war auch in der FCK-Führungsriege nicht mehr unumstritten, der Aufsichtsrat hat sich offenbar eindeutig gegen den Coach ausgesprochen. Bereits vergangene Woche gab es eine Krisensitzung zur Trainerfrage, weitere sollten folgen. Schließlich drohte dem Vorstand am 14. November bei der Jahreshauptversammlung der geballte Zorn des wütenden Anhangs, sollte Rehhagel weiter in Amt und Würden bleiben.

Der Rücktritt von "König Otto", der sich heftige "Otto-raus"-Rufe beim enttäuschenden 1:1 gegen Aufsteiger Energie Cottbus gefallen lassen musste, hatte sich bereits Samstag angedeutet. Auf dem Betzenberg gab es Gerüchte, dass die Demission Rehhagels unmittelbar bevorstehe.

"Dazu äußere ich mich nicht. Ich beantworte nur Fragen zum Spiel", erklärte der Fußball-Lehrer, der sich gerne als "Kind der Bundesliga" bezeichnet und zuletzt in Kaiserslautern im Blickpunkt der Kritik stand. Allerdings musste Rehhagel fast ein Dutzend Spieler verletzt ersetzen und konnte sich auf keine Stammformation festlegen.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Robert Wieschemann hatte den Gerüchten über einen Rücktritt des FCK-Coaches mit seinen Äußerungen nach der Partie gegen Cottbus neue Nahrung gegeben: "Ein solcher Schritt würde meinen Glauben erschüttern, dass sachliche Arbeit zählt. Aber menschlich hätte ich dafür Verständnis."

Am Sonntag bemühten sich die Lauterer darum, zu kitten, was nicht mehr zu kitten war. Die Mannschaft trainierte zwar am Sonntagvormittag unter Co-Trainer Reinhard Stumpf, das habe allerdings nach Angaben von FCK-Geschäftsführer Gerhard Herzog keine besondere Bedeutung.

"Otto Rehhagel trainiert nie das Auslaufen nach einer Partie. Dass er heute morgen nicht auf dem Trainingsplatz ist, kann man nicht als Anzeichen einer Trennung zwischen ihm und dem FCK werten. Das wäre reine Spekulation", sagte Herzog auf sid-Anfrage. Zu diesem Zeitpunkt saß Rehhagel bereits mit Friedrich zusammen und bat um Vertragsauflösung.

Auch bei den Fans hat der einst umjubelte Meistermacher längst jeglichen Kredit verspielt. "Otto, Deine letzte Chance", lautete die Aufschrift eines der freundlicheren Plakate. Doch stattdessen enttäuschte die FCK-Elf erneut und konnte nach dem Gegentor von Toni Micevski (47.), der die frühe Lauterer Führung durch Harry Koch (2., Foulelfmeter) ausglich, froh sein, keine Niederlage gegen die bis dahin auswärts punktlosen Cottbuser kassiert zu haben. "Wir können glücklich sein, dass wir überhaupt einen Punkt geholt haben", gab Torhüter Georg Koch zu, der seinem Team das Unentschieden mit mehreren Paraden rettete.

Entsprechend wurden Rehhagel und seine Akteure mit gellenden Pfiffen, "Pfui"-Rufen und "Otto raus"-Sprechchören verabschiedet. "Ich habe Verständnis für die Fans, die todunglücklich sind und wie ich ein Abstiegstrauma haben", erklärte Wieschemann, mahnte gleichwohl aber zur Besonnenheit: "Nachdenken ist jetzt angesagt. Nach so einer emotionalen Sache muss man erstmal Abstand gewinnen."

(RPO Archiv)
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