Selbstsicherheit verloren Das Projekt Dortmund wackelt

Meinung | Dortmund · Innerhalb einer Woche rutscht der BVB in drei Wettbewerben von der Rolle. Seit dem Ausfall von Kapitän Marco Reus ist das Spiel des BVB für den Gegner berechenbarer. Die Dortmunder müssen ihre Selbstsicherheit wiederfinden.

Champions League 2018/19: Tottenham Hotspur - Borussia Dortmund, Bilder des Spiels
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Tottenham Hotspur - Borussia Dortmund: Bilder des Spiels

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Foto: dpa/Bernd Thissen

Vor zwölf Tagen war die Fußball-Welt bei Borussia Dortmund noch schwer in Ordnung. In Frankfurt spielte der BVB 1:1, er verschleuderte wie üblich gute Chancen auf den Sieg, und er tröstete sich mit einem weiterhin tüchtigen Vorsprung auf den sogenannten Verfolger Bayern München über das Unentschieden hinweg. Dann kam der DFB-Pokal und eine Achtelfinal-Niederlage gegen Werder Bremen, bei der Dortmund in der Verlängerung gleich zweimal eine Führung aus der Hand gab.

Das war offensichtlich ein Wirkungstreffer. Denn es folgte in der Bundesliga ein 3:3 gegen Hoffenheim nach einer 3:0-Führung. Und es gab eine deutliche 0:3-Schlappe in der Champions League bei Tottenham Hotspur. Innerhalb einer Woche waren das drei schmerzhafte Nackenschläge in drei verschiedenen Wettbewerben. Der DFB-Pokal ist bereits verloren, an ein Weiterkommen in der Champions League denken nur noch Wundergläubige, und der Trend in der Meisterschaft verheißt nichts Gutes. Das Projekt BVB ist ins Wanken geraten.

Dabei hatte sich alles doch so positiv angelassen. Trainer Lucien Favre schickte ein gut abgestimmtes Team auf den Rasen, das mit Tempo und einem sehenswerten Fußball-Entwurf allenthalben für Begeisterung sorgte. Die regelmäßigen Hinweise des Trainers, es sei noch nichts gewonnen und es stehe ein schwerer Weg bevor, wurden als liebenswürdige Marotte eines kauzigen Fußballlehrers abgetan.

Vielleicht aber ahnte der immer wieder von Schwermut befallene Schweizer, was seiner Mannschaft bevorstehen könnte, wenn es mal personelle Engpässe gibt. Das ist jetzt der Fall. Der BVB konnte vor allem in London die Lücken nicht schließen. Die notwendige Abstimmung zwischen offensiven Ansprüchen und defensiven Notwendigkeiten passte überhaupt nicht. Und das größte Problem für die Dortmunder ist das Fehlen ihres Kapitäns.

Seit der ersten Halbzeit im DFB-Pokal gegen Werder Bremen sitzt Marco Reus draußen. Dadurch hat das Dortmunder Spiel viel weniger Tiefe, es ist ausrechenbarer und wesentlich statischer. Es fehlt die Persönlichkeit, die vielen jungen Spielern Sicherheit gibt. Und es fehlen Tore und Zuspiele, für die Reus in dieser Saison so verlässlich gesorgt hat. Der Kapitän ist die Lebensversicherung dieser Truppe.

Ohne ihn hat sich Borussia Dortmund in eine schwierige Lage manövriert. Noch beträgt der Vorsprung in der Bundesliga fünf Punkte. Aber so beruhigend wie vor Wochen ist das nicht mehr. Den Dortmundern geht die Selbstsicherheit ab, die sie bis Anfang des Monats durch die Saison getragen hat. Und das könnte im Meisterschaftsrennen noch mal die Wende bringen. Favre hat also recht, wenn er sagt: „Es wird sehr schwer.“

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