Zum Start der Champions League 2000/2001: Titelverteidiger Real unter besonderer Aufsicht

Neuss (sid). Sportlich "königlich", wirtschaftlich "bettelarm": Noch bevor Titelverteidiger Real Madrid am Dienstag mit dem Match bei Sporting Lissabon (20.45 Uhr) zum vierten Mal in das Milliardenspiel Champions League startet, steht dem spanischen Rekordmeister wirtschaftlich das Wasser bis zum Hals. "Wenn das Versprechen, den Schuldenberg kontinuierlich abzutragen, nicht eingehalten wird, ist nicht ausgeschlossen, dass Real vom europäischen Cup-Wettbewerb ausgeschlossen wird", drohte Markus Studer von der Europäischen Fußball-Union Uefa den "Königlichen".

Den achtmaligen Europapokalsieger (Landesmeister und

Champions League) plagen insgesamt umgerechnet 543,5 Millionen Mark Schulden, fast 130 Millionen muss Real an kurzfristigen Verbindlichkeiten aufbringen. "Sonst droht der totale Kollaps", berichtet der neue Real-Präsident Florentino Perez. Eine erfolgreiche Titelverteidigung würde mindestens rund 50 Millionen Mark in die leere Kassen von Real spülen, das in der vergangenen Spielzeit Bayern München im Halbfinale ausgeschaltet hatte.

Während in wirtschaftlicher Hinsicht der Tanz auf dem Drahtseil für die Madrilenen anhält, hat das Team von Trainer Vicente Del Bosque die sportliche Generalprobe erfolgreich bestanden. Zum Saisonstart der spanischen Primera Division gewann Real die Neuauflage des Champions-League-Finales der vergangenen Saison gegen den Ligarivalen FC Valencia 2:1.

"Dieser Sieg war wichtig für unser Selbstvertrauen. Jetzt können wir auch zuversichtlich in den Europacup starten", erklärte Real-Torwart Iker Casillas, der schon in der vergangenen Saison den früheren deutschen Nationaltorwart Bodo Illgner, mitterweile nur noch die Nummer drei, zwischen den Pfosten verdrängt hatte.

"Nachdem wir den europäischen Supercup gegen Galatasaray verspielt haben, möchten wie alle anderen Titel mit Real gewinnen, den Weltpokal, die Champions League, sowie in Spanien Meisterschaft und Pokal", formuliert Reals neuer Superstar Luis Figo riesengroße Ziele vor der Rückkehr zu seinem Heimatverein. Der Portugiese, für den Real die Rekordablösesumme von 116 Millionen Mark an den Erzrivalen FC Barcelona überwiesen hat, bezeichnete für sich persönlich aber einen Triumph in der Königsklasse als besonders reizvoll: "Ich habe diese Trophäe noch nicht gewonnen, und sie wäre für jeden ein Schmuckstück in der persönlichen Sammlung." Madrid trifft in der Gruppe A neben Sporting Lissabon noch auf Spartak Moskau und den deutschen Vizemeister Bayer Leverkusen.

In der Gruppe B treffen am Dienstag der tschechische Meister Sparta Prag auf den englischen "Vize" FC Arsenal und der ukrainische Meisterschaftszweite Schachtjor Donezk auf den italienischen Doublegewinner Lazio Rom. Die Römer, die das nationale Supercupspiel gegen Inter Mailand eindrucksvoll mit 4:3 gewinnen konnten, müssen in der ersten Gruppenphase auf den Argentinier Hernan Crespo verzichten, der sich gegen Inter eine schwere Zerrung zugezogen hat.

"Im Moment denken wir nur daran, die erste Gruppenphase zu überstehen", gesteht Arsenals französischer Teammanager Arsene Wenger, der mit den "Gunners" in der nationalen Meisterschaft nach fünf Spieltagen nur Rang fünf belegt, vor der Reise in die Ukraine.

Vorjahresfinalist FC Valencia, der in der Vorschlussrunde den FC Barcelona ausgeschaltet hatte, empfängt zum Auftakt den griechischen Doublegewinner Olympiakos Piräus, in der Gruppe C trifft zudem noch Olympique Lyon auf den SC Heerenveen aus den Niederlanden. Der schottische Meister und Pokalsieger Glasgow Rangers mit den ehemaligen Bundesligaprofis Jörg Albertz und Stefan Klos empfängt in der Gruppe D Österreichs "Vize" Sturm Graz und der europäische Supercupsieger und Uefa-Cup-Champion Galatasary Istanbul hat zunächst Heimrecht gegen den französischen Meister AS Monaco.

Der türkische Doublegewinner hatte am Wochenende in der Meisterschaft bei der 1:2-Heimpleite gegen Samsunspor seine Europacup-Generalprobe in den Sand gesetzt und findet sich nach fünf Spieltagen nur auf Tabellenplatz vier wieder. "Meine Spieler waren mit ihren Gedanken schon bei Monaco", erklärte der neue Galatasaray-Trainer Mircea Lucescu, der sieben Stammspieler gegen Samsunspur geschont hatte.

(RPO Archiv)
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