Rückkehrer konnte Erwartungen noch nicht erfüllen Sforza steht gegen Lyon unter hohem Druck

München (sid). Als "Stinkstiefel" haben sie ihn verdammt, als "Hoffnungsträger" zurückgeholt - doch Ciriaco Sforza (im Foto rechts mit sagnol) ist beim deutschen Fußball-Meister Bayern München derzeit allenfalls ein Mitläufer. "Seine Leistung ist befriedigend, aber nicht super. Von ihm erwarte ich eine weitere Leistungssteigerung", setzte Bayerns Manager Uli Hoeneß den 30 Jahre alten Schweizer vor dem Auftakt der Zwischenrunde der Champions League unter Druck.

Sforza trägt zwar bei den Bayern die Nummer zehn, doch seiner Rolle als Organisator wurde der Nationalspieler bisher noch nicht gerecht. Der Abwehr konnte der Schweizer keine Stabilität geben, nur im Bundesliga-Spiel beim VfL Bochum (3:0) blieben die Bayern ohne Gegentor. Für den Spielaufbau tat er so gut wie nichts, der beim 1. FC Kaiserslautern gefürchtete "tödliche Pass" blieb bisher aus - lediglich eine Torvorlage steht zu Buche. Und auch auf sein erstes Saisontor wartet Sforza noch vergeblich. Dabei hat er nur eines von 21 Pflichtspielen versäumt.

Sein Mentor Ottmar Hitzfeld nimmt seinen Lieblingsschüler trotzdem in Schutz: "Ich habe ihn nicht geholt, damit er glänzen soll. Ich habe das Gefühl, dass er noch gehemmt ist. Unsere Abwehrprobleme kann man nicht an ihm festmachen. Er hat in der Innenverteidigung sehr gut gespielt." Zuletzt bei der 1:2-Pleite gegen Eintracht Frankfurt war er zumindest der zweikampfstärkste Spieler - doch damit genügt er den hohen Ansprüchen längst nicht.

Die Bild-Zeitung spottete bereits über den "Karajan", der zwar viel dirigiert, sich dabei aber viel zu wenig bewegt. "Es wäre in manchen Situationen nicht schlecht, wenn er etwas lauter wäre", forderte auch Torhüter Oliver Kahn. Sogar Hitzfeld räumte ein: "Ciriaco muss noch mehr Verantwortung übernehmen und aus sich rausgehen."

Noch wartet Sforza auf seinen Durchbruch beim Rekordmeister. Seinen Dreijahresvertrag hat er vor allem Hitzfeld zu verdanken. Der Coach, der seit jeher ein Faible für die Schweiz hat und immer noch gerne Schwyzerdütsch spricht, wollte den schwierigen Eidgenossen unbedingt haben - und setzte sich gegen alle Bedenken des Präsidiums um Franz Beckenbauer und Karl-Heinz Rummenigge durch.

Für eine Ablösesumme von zwölf Millionen Mark wurde der Sohn neapolitanischer Eltern beim 1. FC Kaiserslautern losgeeist und wieder nach München geholt - nachdem er in der Pfalz gegen seinen früheren Mentor Otto Rehhagel gemobbt hatte. Beim FC Bayern hatte Sforza sein erstes Engagament unter Rehhagel ("Mein Quarterback") 1996 nach nur einem halben Jahr ebenfalls unrühmlich beendet, um zu Inter Mailand zu flüchten.

Sforza kann seiner Flucht aus München inzwischen sogar etwas Positives abgewinnen: "Eigentlich bin ich froh, dass ich damals einen Fehler gemacht habe. Schließlich habe ich daraus gelernt." Er sei älter und reifer geworden, betont Sforza. "Die, die behaupten, Sforza sei schwer zu integrieren, liegen völlig falsch", sagt Hoeneß. Dabei ist es offensichtlich, dass der Mann, der in Kaiserslautern ein Star war, in München noch Probleme mit seiner Rolle als Teil eines Star-Ensembles hat.

Bisher ging es in Sforzas Karriere immer nur steil bergauf. Mit nur 14 Jahren spielte er in der zweiten Schweizer Liga beim FC Wohlen, mit 16 Jahren bei Grasshopper Zürich bereits in der ersten Liga, und mit 21 gab er sein Debüt in der Nationalelf.

Als er zum zweiten Mal zum FC Bayern kam, sollte es weiter bergauf gehen: "Ich habe hier das Ziel, unbedingt etwas gewinnen zu wollen, nicht nur dabei zu sein", sagte er zu Saisonbeginn. Seine Lieblingsrolle verriet er auch: "Am liebsten spiele ich vor der Abwehr. Da können wir dann zaubern wie die Holländer." Davon allerdings ist Sforza derzeit in München meilenweit entfernt.

(RPO Archiv)
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