Ex-Nationalspieler bekennt sich zu Homosexualität Thomas Hitzlsperger outet sich als schwul

Düsseldorf · Thomas Hitzlsperger hat sich als erster ehemaliger deutscher Nationalspieler als homosexuell geoutet. Mit seinem Bekenntnis wolle er dafür sorgen, dass" die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern" vorangebracht werde.

Das ist Thomas Hitzlsperger
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Foto: dpa, Marijan Murat

Das sagte er in einem Interview mit der "Zeit". "Erst in den letzten Jahren dämmerte mir, dass ich lieber mit einem Mann zusammenleben möchte", sagte der 31-Jährige, der 2007 mit dem VfB Stuttgarter Deutscher Meister geworden war. Er bestritt zwischen 2004 und 2010 52 Länderspiele für die deutsche Nationalmannschaft. Im vergangenen Jahr hatte er seine Karriere "in Folge eines Prozesses mit vielen Vereinswechseln und einigen Verletzungen" beendet.

Während seiner Karriere spielte er nicht nur in Deutschland, sondern auch in der englischen Premier League und der italienischen Serie A. "In England, Deutschland oder Italien ist Homosexualität kein ernsthaftes Thema, nicht in der Kabine jedenfalls", erinnert sich Hitzlsperger.

Schwule Fußballer passen nicht ins Klischee

Er habe sich immer wieder über die Widersprüche geärgert, die in der Fußballwelt im Umgang mit Homosexualität aufgebaut würden, sagte der frühere Mittelfeldspieler, der 2006 zum WM-Kader gehört hatte, im Zeit-Gespräch. Der Profisport sei ein absolut harter Leistungssport, "Kampf, Leidenschaft und Siegeswille sind untrennbar miteinander verknüpft". Das passe nicht zu dem Klischee, das sich viele Leute von einem Homosexuellen machten, nämlich: "Schwule sind Weicheier."

In dem Interview sagt er weiter, dass er sich nie dafür geschämt habe, dass er nunmal so sei. "Überlegen Sie doch mal: Da sitzen zwanzig junge Männer an den Tischen und trinken", sagt er. "Da lässt man die Mehrheit gewähren, solange die Witze halbwegs witzig sind und das Gequatsche über Homosexuelle nicht massiv beleidigend wird."

Prominente über das Coming-out von Thomas Hitzlsperger
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Foto: dpa

Homosexualität unter Männern ist im Profi-Sport noch immer ein Tabu-Thema. In den vergangenen Monaten bekannten sich lediglich drei Sportler: der Fußballer Robbie Rogers , der Basketball-Spieler Jason Collins und der britische Turmspringer Tom Daley.

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) veröffentlichte im Sommer 2013 bereits eine Informations-Broschüre mit dem Titel "Fußball und Homosexualität". Sie solle dazu anregen, "sich mit dem Thema sexuelle Identität unaufgeregt und entschleunigt auseinanderzusetzen", heißt es darin. "Sollte sich ein Spieler, egal ob in der Bundesliga oder der Kreisliga, outen wollen und dabei die Unterstützung des DFB benötigen, so wird unser Verband jegliche Hilfe anbieten", schrieb DFB-Präsident Wolfgang Niersbach in seinem Vorwort.

Hitzlsperger hatte sich Anfang September bereits mit sehr kritischen Worten aus dem Fußball-Geschäft verabschiedet. "Wirtschaftlich überdreht ist die Branche schon seit langem, und diese Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen", hatte er in der Süddeutschen Zeitung erklärt. Er beobachte diese Entwicklungen aufmerksam und stelle sich die Frage, "ob irgendwann mal die Ernüchterung eintritt und ans Tageslicht kommt, was sich hinter diesem Boom alles abgespielt hat".

Niersbach: "Respekt weiter gewachsen"

Die Unterstützung des gesamten Fußballs hat der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Wolfgang Niersbach, dem früheren Nationalspieler zugesagt. "Er war zu seiner Zeit als Nationalspieler immer ein Vorbild, vor dem ich den höchsten Respekt hatte — und dieser Respekt ist jetzt noch weiter gewachsen", erklärte Niersbach in einer am Mittwoch veröffentlichten Respekt ist weiter gewachsen"Mitteilung des DFB. Nach Hitzelspergers Schritt, seine Homosexualität öffentlich zu machen, stehe der Verband zu seinem Wort, "dass er von uns jede erdenkliche Unterstützung bekommt".

"Als Thomas noch aktiver Nationalspieler war, hatten wir von seiner Homosexualität keine Kenntnis. Er hat sich erst nach seinem Karriereende an uns gewandt und uns darüber informiert", erklärte Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhof. "Dass er sich nun auch öffentlich bekennt, verdient Anerkennung und Respekt. Ich begrüße diesen Schritt", meinte Bierhoff weiter.

Zwanziger lobt Hitzlsperger

Der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger hat das Coming-Out des früheren Fußball-Nationalspielers begrüßt. "Endlich hat ein Fußballer den Mut, seine Homosexualität öffentlich zu machen - zumindest in engem Zeitabstand zu seiner Karriere", sagte Zwanziger am Mittwoch "Zeit online". Hitzlspergers Schritt habe "hoffentlich eine positive Wirkung auf die Gesellschaft und den Profifußball der Männer. Der ist nämlich nach wie vor ein hartes Geschäft, ein offener Umgang mit Homosexualität ist leider immer noch nicht selbstverständlich."

Zwanziger hatte in seiner Zeit als Präsident den Deutschen Fußball-Bund für schwul-lebische Themen geöffnet und Spieler zu einem Coming-Out ermutigt. Er sagte nun zudem, es bleibe ein Risiko für einen aktuellen Spieler, offen homosexuell zu leben. "In einem Mannschaftsverband finden sich Spieler aus vielen Kulturkreisen, auch aus Kulturkreisen, die Homosexualität ablehnen. Aber ich bin zuversichtlich, dass sexuelle Neigungen im Fußball bald kein Thema mehr sind." Hitzlsperger hatte in einem Interview der "Zeit" als erster prominenter deutscher Fußballer sein Schwulsein öffentlich gemacht.

Der Grünen-Politiker Volker Beck hat Hitzlsperger derweil für sein Outing gelobt. "Ich habe großen Respekt", sagte Beck, der selbst einer der ersten bekennenden Schwulen im Bundestag war, am Mittwoch in Berlin. Im männlichen Profi-Fußball sei Homosexualität leider immer noch ein Tabu. "Ich hoffe, dass Hitzlspergers mutiger Schritt dazu beiträgt, dass dieses Tabu endlich fällt. Es ist jetzt Aufgabe des DFB, aktiven Spielern Mut zu machen!" Schade sei allerdings, dass das Outing erst nach Beendigung von Hitzlspergers aktiver Karriere möglich gewesen sei.

Der frühere Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat das Coming-Out Hitzlspergers ebenfalls gelobt. "Dieser Mut verdient größten Respekt", sagte Westerwelle am Mittwoch "Zeit online". Er fügte hinzu: "Der Schritt in die breite Öffentlichkeit liest sich viel leichter, als er tatsächlich ist."

Westerwelle sagte, er erhoffe sich von Hitzlspergers Entscheidung, seine Homosexualität öffentlich zu machen, "Ermutigung, Respekt und Anerkennung für die vielen, die im Hinblick auf ihre gleichgeschlechtliche Orientierung noch mit sich, ihrem Umfeld und der Gesellschaft ringen". Westerwelle hatte seine Homosexualität bereits vor Jahren bekanntgemacht.

"Sehr ermutigendes Zeichen"

Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) hat das Coming-out von Nationalspieler Thomas Hitzlsperger positiv aufgenommen. "Das ist ein sehr ermutigendes Zeichen, insbesondere für junge schwule Fußballer, dass sie sich zu ihrer Identität bekennen können und kein Versteckspiel führen müssen", sagte stellvertretend Jörg Steinert, der Geschäftsführer vom LSVD Berlin-Brandenburg der Nachrichtenagentur dpa.

Steinerts Landesverband widmet sich im LSVD traditionell besonders dem Thema Homophobie im Fußball. Steinert betonte, es gehe darum, dass sich junge Männer in einem oft als schwulenfeindlich empfundenen Umfeld wohlfühlen könnten und nicht verstellen oder gar lügen müssten.

Hitzlspergers größter Erfolg auf Klubebene bleibt die deutsche Meisterschaft mit dem VfB Stuttgart 2007, in der Bundesliga spielte er zudem für den VfL Wolfsburg. In der Jugend war er für Bayern München aktiv.

(spol)
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