Ciriaco Sforza holte 1998 den Titel "Leipzig fehlt die Erfahrung"

Düsseldorf · Der Schweizer führte den 1. FC Kaiserslautern 1998 als Kapitän zur bisher einzigen Meisterschaft eines Aufsteigers in der Fußball-Bundesliga. Der 46-Jährige bezweifelt, dass RB dieses Kunststück wiederholen kann.

 Ciriaco Sforza gewann 1998 mit Aufsteiger 1. FC Kaiserslautern die deutsche Meisterschaft.

Ciriaco Sforza gewann 1998 mit Aufsteiger 1. FC Kaiserslautern die deutsche Meisterschaft.

Foto: Imago

Um kurz nach Mitternacht klettert Ciriaco Sforza durch die kleine Dachluke des Mannschaftsbusses. Man sieht dem Schweizer den feucht-fröhlichen Rückflug aus Hamburg an, als der Kapitän Tausenden Fans in der Kaiserslauterer Innenstadt die Meisterschale präsentiert. Es ist das Jahr 1998, der FCK hatte den FC Bayern abgehängt und als Aufsteiger den Titel geholt. Ein bislang einmaliger Vorgang in der Ligageschichte. 18 Jahre später steht in RB Leipzig wieder ein Aufsteiger an der Spitze. Allerdings sind erst elf Spieltage gespielt. "In Leipzig sehe ich viele sehr gute Talente", sagt Sforza im Gespräch mit unserer Redaktion. "Ich glaube schon, dass sie bis zum Schluss oben dabeibleiben. Dass sie Meister werden, habe ich aber nicht im Gefühl. Dortmund und Bayern sind da eher die Kandidaten."

265 Mal lief Sforza zwischen 1993 und 2006 für Kaiserslautern und Bayern München in der Bundesliga auf. Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn fasste er als Trainer Fuß in seiner Heimat. "Ich habe zehn Jahre in der Schweiz trainiert, jetzt will ich den nächsten Schritt machen. Da ist Deutschland natürlich eine Möglichkeit", betont Sforza. Auch deshalb verfolgt er mit viel Interesse den deutschen Fußball. "Das Potenzial in Leipzig ist Wahnsinn, die Infrastruktur ist sensationell. Und auch die Philosophie ist klar", sagt Sforza. "Die Frage ist: Haben sie über die vollen 34 Spieltage die Kraft und die mentale Stärke, um Meister zu werden?"

Eine Parallele zwischen den Saisons beider Klubs ist in jedem Fall der gelungene Start. Kaiserslautern feierte damals einen überraschenden 1:0-Auswärtssieg zum Auftakt beim FC Bayern. Leipzig gelang am 2. Spieltag ein 1:0 gegen Borussia Dortmund. Auf der Welle dieses Erfolgs marschierte der FCK durch die Spielzeit. Nach dem vierten Spieltag gab er die Tabellenführung nicht mehr ab. "Das Geheimnis bei uns war, dass wir frech Fußball gespielt haben", erklärt Sforza. "Das kann Leipzig auch, der Unterschied ist aber, dass wir beim FCK mehr Erfahrung im Team hatten. Das war der Schlüssel. Bei uns gab es damals eine Achse mit Erfahrung aus Andreas Reinke, Miroslav Kadlec, Andreas Brehme, Olaf Marschall, Pavel Kuka, Martin Wagner und mir. Diese Achse hat uns auch durch schwierige Phasen getragen." Das Durchschnittsalter des FCK-Kaders betrug 27,25 Jahre. Bei Leipzig sind es derzeit 23,9 Jahre. Sforza ist deswegen gespannt, wie Leipzig auf Rückschläge im Saisonverlauf reagiert.

Im Nachhinein wurde den Lauterern häufig nachgesagt, dass ihr Kader ohnehin nicht dem eines normalen Aufsteigers entsprochen habe. In der Tat konnten die Pfälzer nach dem überraschenden Abstieg 1996 einen großen Teil des Kaders halten und nach dem Aufstieg mit Trainer Otto Rehhagel sinnvoll ergänzen - unter anderem kehrte Sforza von Inter Mailand zurück.

Aber auch Leipzig gilt nicht als Prototyp eines Aufsteigers. Im Koffeingetränke-Unternehmen von Klub-Eigner Dietrich Mateschitz hat der Verein eine quasi unerschöpfliche Geldquelle. Viele Leipziger Spieler gelten als große Talente des internationalen Fußballs, lassen sich entsprechend entlohnen und wären somit für einen klassischen Aufsteiger wie Freiburg nicht erschwinglich. "Es bleibt so oder so einmalig und grandios, was wir damals geschafft haben", sagt Sforza. "Wenn die Leipziger das packen, haben sie es verdient, und dann freue ich mich für sie. Aber es sind eben noch 23 lange Spieltage."

(erer)
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